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Auch Wochen nach seiner Beförderung mochte Tajirika noch immer nicht glauben, jetzt der Gouverneur der Central Bank of Aburĩria zu sein. Man konnte ihm nicht übel nehmen, dass er seinen neuen Status nur mit einiger Vorsicht annahm, denn das Pendel seines Glücks hatte seit jenem schicksalhaften Abend, als der Herr der Krähen auf der Suche nach Arbeit – die er offensichtlich nicht brauchte – in der Eldares Modern Construction and Real Estate in sein Leben getreten war, immer wieder in beide Richtungen ausgeschlagen.
Häufig fand er sich vor dem Spiegel und grüßte sein Spiegelbild: „Hallo, Gouverneur, bist du das wirklich?“ Der Klang des Wortes „Gouverneur“ erregte ihn, weil es an die lange Reihe kolonialer Gouverneure in Aburĩria erinnerte. Was zunächst als spielerische Selbstbestätigung begonnen hatte, wurde zum Bedürfnis, und er redete immer öfter mit seinem Spiegelbild, vor allem über Dinge, über die er mit niemandem sonst sprechen konnte. „Hallo, Gouverneur, was machen wir heute?“, fragte er sein Bild im Spiegel, wenn er sich die Zähne putzte oder die Krawatte band. Und bevor er das Haus verließ, sagte er: „Auf Wiedersehen, Gouverneur.“ Und abends: „Ich bin wieder da, Gouverneur. Wie war der Tag im Büro?“ Und jeder dieser Sätze konnte ein Gespräch mit seinem Spiegelbild auslösen.
Als der Herrscher Tajirika die Aufgabe übertrug, einen Hexenmeister zu finden, der das Böse austreiben sollte, das dem Herrn der Krähen die Stimme blockierte, stand er wieder vor dem Spiegel und sprach mit seinem Spiegel-Ich.
„Wo soll ich anfangen? Soll ich durch die Straßen gehen, Leute anhalten und sagen: Entschuldigung, ich bin der neue Gouverneur der Central Bank. Können Sie mir bitte sagen, wo ich einen Hexenmeister finde? Ein bisschen peinlich, meinst du nicht, wenn der Gouverneur der Central Bank durch die Straßen von Eldares zieht und nach einem Zauberheiler fragt?“
Viele Aburĩrier glaubten nicht, dass Menschen, abgesehen von den Betagten, eines natürlichen Todes starben. Sie glaubten, dass Hexerei dahintersteckte, wenn jemand vor seiner Zeit abtrat. Suchte Tajirika öffentlich nach einem Zauberheiler, könnte man in ihm einen Abgesandten des Todes sehen und ihn für den Kummer verantwortlich machen, den andere, wie etwa Machokali, durchleiden mussten. Und plötzlich sah er vor seinem geistigen Auge, wie man ihm die Schuld an allen Sterbefällen in Aburĩria gab, und ihm schauderte vor der eigenen Dummheit. Hilflos starrte er in den Spiegel und merkte nicht, wie er rief: „Gouverneur, was soll ich tun? Was sollen wir tun, um Heilung für den Herrn der Krähen zu finden, ohne uns selbst in Gefahr zu bringen?“
„Was für eine Gefahr?“, fragte Vinjinia, die in diesem Moment ins Badezimmer kam. „Warum redest du mit dem Spiegel? Hast du schon vergessen, was geschehen ist?“