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Einige Meter entfernt kauerte eine Katze, die ihn mit grünen Augen anstarrte, während er teilnahmslos umherging, hier und da etwas aufhob und wieder fallen ließ. Wo fange ich an, sie zu suchen?, fragte er sich und setzte sich, um zu überlegen, was er als Nächstes tun sollte. Und was, wenn das Feuer kein Zufall gewesen war?
Er würde die Nachbarn fragen, aber der nächste wohnte in einiger Entfernung. Er musste vorsichtig auf sie zugehen, damit kein Misstrauen aufkam, wer er war und warum ihn die Sache überhaupt interessierte.
Die Reaktionen der Nachbarn, mit denen er redete, waren allesamt beunruhigend. Seine Begrüßung wurde immer freundlich erwidert, aber sobald er den Schrein des Herrn der Krähen erwähnte, veränderten sich Gesichtsausdruck und Verhalten – Angst trat in die freundlichen Augen. „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden“, sagten sie im Weggehen, wenn sie sich wieder ihrer Tätigkeit zuwandten oder ihm die Tür vor der Nase zuschlugen. Er hörte auf, an Türen zu klopfen, und suchte stattdessen in den Straßen der Stadt.
Er begegnete einem alten Mann, der ein Paket trug, das am Ende eines Stocks über seiner Schulter hing. Kamĩtĩ verzichtete auf Höflichkeiten und fragte ihn nach dem abgebrannten Schrein. Der alte Mann rannte davon und schrie, als wollte er die ganze Welt wissen lassen, dass er sich auf der Flucht befand: „Meine Schuhe rauchen; seid meine Zeugen, ich renne so schnell, dass meine Sohlen rauchen!“ In glücklicheren Zeiten hätte Kamĩtĩ darüber gelacht.
Er setzte sich auf einen Erdhügel und bedeckte das Gesicht mit den Händen, als wollte er Tränen zurückhalten. Er fühlte sich erledigt. Er hatte Nyawĩra aus Amerika angerufen, aber die Leitung war tot gewesen, was allerdings für die Telefone in Aburĩria nicht ungewöhnlich war. Deshalb hatte er sich keine Gedanken gemacht.
Plötzlich spürte er, dass er nicht allein war. Er machte die Augen auf und zuckte zusammen, als er den alten Mann vor sich stehen sah; er hatte keine Schritte gehört.
„Warum hast du mich nach diesem Haus gefragt?“, wollte der Alte wissen.
„Ich wollte nur erfahren, was passiert ist“, antwortete Kamĩtĩ.
„Was soll das? Siehst du nicht, dass es abgebrannt ist?“
„Wer war das?“
„Glaubst du an Gott?“, fragte der Alte.
Kamĩtĩ wollte schon eine unhöfliche Antwort geben, beherrschte sich aber.
„Ja.“
„Und du glaubst, dass er der Herr ist, der Herrscher über Himmel und Erde?“
„Ich hab’s nicht so mit der Religion, aber das stimmt.“
„Lobet den Herrn“, sagte der alte Mann und hob die Stimme, als sollten ihn die Vorübergehenden hören.
„War es ein Unfall oder Brandstiftung?“, fragte Kamĩtĩ gereizt.
„Ein Unfall? Lobet den Herrn“, wiederholte der Alte.
„Gab es irgendwelche Opfer?“, fragte Kamĩtĩ, der glaubte, der Mann sei verrückt.
Statt zu antworten, beugte sich der Alte etwas vor, sah Kamĩtĩ in die Augen und flüsterte:
„Hast du nicht gerade gesagt, dass du an Gott glaubst, den Herrn im Himmel?“
„Warum? Wie viele Götter gibt es denn?“, fragte Kamĩtĩ ziemlich ungeduldig.
„Genau das ist die Frage. Es gibt nur einen Gott. Aber es gibt viele Herren. Hast du darüber mal nachgedacht?“
„Sprich nicht in Rätseln. Sag einfach, was du mir sagen willst.“
„Ich wollte dir nur versichern, dass der Herr im Himmel weise und gerecht ist.“
„Und?“
„Er wirkt auf unergründliche Weise.“
„Also?“, fragte Kamĩtĩ verzweifelt.
„Lobet den Herrn und danket dem Allmächtigen, der hoch über uns wohnt“, murmelte er und wandte sich zum Gehen. „Lobet den Herrn!“ Bald darauf war er nicht mehr zu sehen.