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Als sie einmal an ihrem Platz vor dem Museum der gefangenen Bewegung saßen, fragte Tajirika Vinjinia unvermittelt, wie es dazu gekommen sei, dass sie als Ehrengast zu einem zeremoniellen Tanz von Frauen eingeladen wurde, und ermahnte sie, ihn nicht anzulügen, weil er mit eigenen Augen Fotos von diesem Ereignis gesehen hätte. Sie nahm an, er würde Pressefotos meinen, obwohl sie in der Zeitung keine entdeckt hatte. Ohne ihren Besuch beim Herrn der Krähen zu erwähnen, beschrieb sie ihre vergebliche Suche nach Tajirika und ihren anschließenden Entschluss, Sikiokuu bei der offiziellen Eröffnung von Kaniũrũs Büro zur Rede zu stellen. Einige Tänzerinnen dort, denen sie nie zuvor begegnet sei, hätten ihn dann in Zugzwang gebracht. Dass sie diese davor nie gesehen habe, spielte aber eigentlich keine Rolle, denn das Entscheidende für ihn müsse sein, dass er ohne diese Tänzerinnen die Haft wohl nicht überlebt hätte.
Jetzt war Tajirika an der Reihe. Auch er verschwieg die Begegnung mit dem Herrn der Krähen im Gefängnis und wie er die Anstalt nur mit einem Toilettenkübel in seine Gewalt gebracht und sich seine Freiheit erkauft hatte, indem er seinen Freund und Wohltäter Machokali verriet. Stattdessen beschrieb er, wie er sich denen, die ihn eingesperrt hatten, widersetzt und ihnen gedroht hatte, seine verbrecherische Misshandlung dem Herrscher zu berichten. Daraufhin hätten die Beamten ihm gesagt, der wahre Grund für seine Verhaftung sei, dass seine Frau sich mit subversiven weiblichen Elementen eingelassen habe, und zum Beweis hätten sie ihm Fotos von Vinjinia gezeigt, wie sie vor den Tänzerinnen saß.
Der Schock auf Vinjinias Gesicht ließ Tajirika glauben, dass sie wirklich nichts von den Bildern wusste. Sie stritt nicht ab, dort Leute mit Fotoapparaten gesehen zu haben, doch hätte sie angenommen, diese seien von den Zeitungen. Und warum sollten die Zeitungsleute Bilder von ihr und den Tänzerinnen machen und Kaniũrũ und Sikiokuu auslassen, wo diese beiden doch die wichtigsten Personen bei der Zeremonie waren?
„In diesen Bildern steckt mehr, als man sehen kann“, meinte Vinjinia und schüttelte den Kopf.
Ihre Worte ließen Tajirika schweigen. Deshalb also hatte Sikiokuu nicht gewollt, dass er mit Vinjinia über die Fotos sprach? Deshalb hatte er ihm verboten, sie zu verprügeln? Jetzt fiel ihm wieder das Gespräch ein, bei dem Sikiokuu kürzlich den Telefonhörer aufgelegt hatte, als Tajirika um die Erlaubnis bat, Vinjinia schlagen zu dürfen. Die Wut ließ nun seine Entführung vollkommen in den Hintergrund treten.
„Wenn ich Minister Sikiokuu zwischen die Finger bekomme, werde ich ihm beibringen, nie wieder seine Spielchen mit mir zu treiben“, sagte er schließlich.
Noch wusste er nicht, wie er Vergeltung üben wollte. Er dachte sogar kurz daran, einen Killer anzuheuern, um Sikiokuu töten zu lassen, aber er hatte keine Ahnung, wo er einen finden könnte. Außerdem war das riskant und es würde Zeit brauchen. Er wollte sofortige Rache. Dass es ihm nicht gelang, sich für ein Vorgehen zu entscheiden, ließ Sikiokuus Lügen nur noch stärker in ihm brodeln. Warum hatte er ihn belogen? Um ihn dazu zu bringen, gegen …
Plötzlich wusste Tajirika, was er tun würde: Er wollte sich weigern, gegen Machokali zu paktieren.
Er fuhr ins Büro, um Sikiokuu anzurufen.