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Das Gerücht, dass sich die Frauen in Aburĩria gegen ihre Männer auflehnten, das sich später bis in alle Winkel des Landes verbreitete, hatte seinen Ursprung in Kaniũrũs Ermittlungen. Obwohl er beauftragt worden war, sie heimlich durchzuführen, glaubte Kaniũrũ, dieser Skandal sei genau das, was er brauchte, um Tajirika alle Würde und Männlichkeit zu nehmen. Er begann, indem er ein oder zwei Leuten gegenüber die Andeutung machte, Frauen seien über Tajirika hergefallen, hätten ihn gezwungen, die Hosen herunterzulassen, und ihm anschließend ordentlich den Hintern versohlt. Von da an griffen die Gerüchte um sich. Doch zu Kaniũrũs Enttäuschung spielte Tajirikas Name kaum eine Rolle in den zahlreichen Schauergeschichten, die man nun darüber erzählte, dass das Frauenverprügeln durch Männerversohlen ersetzt worden sei.
Fast wäre Kaniũrũ selbst seiner heimtückischen Initiative zum Opfer gefallen, weil er später die dringliche Anweisung erhielt, seine Ermittlungen voranzutreiben, um diesen Gerüchten Einhalt zu gebieten. Ein nationaler Geschlechterkrieg stellte eine ernste Bedrohung für die alteingeführten Familienwerte dar.
Wer sind diese Frauen? Worin bestand die Verbindung zwischen den Frauen des sogenannten Volksgerichts, den Tänzerinnen und der Bewegung für die Stimme des Volkes? Einen Moment dachte er an die Tänzerinnen, die die Einweihung seines Büros begleitet hatten.
Er hatte erwartet, sie würden nach der Feierlichkeit auf ihn zukommen, damit er sein Versprechen einlöste, ihnen eine Busflotte zu kaufen, aber sie waren nicht aufgetaucht. Das enttäuschte ihn etwas, denn er hätte ihnen gern ein paar Dinge gesagt. Er erinnerte sich, wie sich die Tänzerinnen zu Gunsten Vinjinias eingemischt hatten. Was hatten sie vorgehabt? Inwieweit war Vinjinia darin verwickelt?
Sollte er sie in sein Büro bestellen oder nicht? Doch ob er sie nun ins Büro beorderte oder zu ihr ging, Vinjinia würde ihm sicher die gleiche Geschichte erzählen wie ihrem Mann. Oder sollte er besser Tajirika noch einmal vorladen? Der würde zweifellos wiederholen, was Vinjinia berichtet hatte. Aber warum sollten sie überhaupt mit ihm kooperieren? Außerdem hatte Sikiokuu ihm deutlich gesagt, er solle die Tajirikas auf keinen Fall mehr als nötig stören. Schließlich hatte Sikiokuu ihn, Kaniũrũ, beauftragt und nicht die Polizei, damit die Ermittlungen in aller Stille vor sich gingen und der Bericht zuerst ihm vorgelegt wurde, bevor man ihn zum offiziellen Dokument erklärte. Nicht, dass das etwas Neues war, Sikiokuu war immer auf Eigennutz bedacht. Dennoch war er überzeugt, dass Vinjinia eine wesentliche Rolle in seinen Ermittlungen spielte. Er musste an sie herankommen.
Er konzentrierte sich auf die Einzelheiten über die Frauenbande, die Tajirika misshandelt hatte. Sie hatten ihm aufgelauert, als er auf dem Weg zum Mars Café war. Sie hatten ihn in einen wartenden Kleinbus gezerrt, ihm die Augen verbunden und an einen unbekannten Ort gebracht. Alles am helllichten Tag. Und sogleich fiel Kaniũrũ etwas ein. Er pfiff zufrieden eine Melodie vor sich hin. Er würde der Spur der Frauen folgen, selbst wenn das bedeutete, Sikiokuus Befehl zu missachten, die Tajirikas nicht zu behelligen.