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„Ehrlich, Haki ya Mungu, als wir ins State House zurückkamen, stellten wir fest, dass Kaniũrũ die Atmosphäre bereits mit Lügen vergiftet hatte. Er behauptete sogar, er habe gesehen, wie wir uns mit Touristen abgegeben hätten, die Fotos von Polizisten auf einem Eselskarren machten, eine Szene, die bei ihnen den Eindruck erweckte, der Herrscher sei pleite und könne sich nur noch Eselskarren für seine Polizeikräfte leisten!

Wir wurden gefeuert und man befahl uns, das Regierungsgebäude sofort zu verlassen. Sogar ein streunender Hund, der etwas gestohlen hat, wird besser behandelt als wir, die dem Herrscher ein Leben lang treu gedient haben.

Über die beiden anderen weiß ich nichts, aber ich besaß weder Land noch Haus noch sonst etwas. Als wir über die Möglichkeiten sprachen, die uns blieben, wurde uns, allerdings zu spät, klar, dass wir nichts anderes konnten als verhaften, foltern und Leute vor Gericht bringen. Die einzigen Jobs, die uns offenstanden, gab es bei den privaten Sicherheitsunternehmen, die im ganzen Land wie Pilze aus dem Boden schossen. Mit dem stolz zur Schau gestellten IWF-Wohlstand waren die Häuser der wenigen Reichen zu Luxusgefängnissen geworden. Nur stellt euch mal vor, wie peinlich es ist, wenn zwei Ex-Superintendents und ein ehemaliger Assistant Police Commissioner mit einer Hundeleine in der einen und einem Schlagstock in der anderen Hand reicher Leute Häuser bewachen! Oder einfach nur mit Pfeil und Bogen bewaffnet?

Wir setzten uns nahe des Bahnübergangs an den Straßenrand und fragten uns, warum uns das Schicksal einen solchen Schlag versetzt hatte. Wohin sollten wir gehen? Warum hatte uns das Glück verlassen, jetzt, da wir es am nötigsten brauchten? Wer war diese Hinkende Hexe?“

„Die Hinkende Hexe und der Herr der Krähen sind ein und dieselbe Person“, erklärte ein müder A.G. Kahiga und Njoya in feierlichem Ernst. Eine heftige Meinungsverschiedenheit kam zwischen ihnen auf, weil Kahiga und Njoya darauf beharrten, die Hinkende Hexe und der Herr der Krähen seien zwei verschiedene und eigenständige Wesen. A.G. versuchte ihnen zu erklären, dass der Zauberer manchmal als Frau und manchmal als Mann erscheine. Die Hinkende Hexe sei die andere Verkörperung des Zauberers, und der Gefangene sei nichts weiter als sein Schatten. Er erzählte ihnen von der Nacht, in der er zwei Erscheinungen in menschlicher Gestalt durch das Grasland verfolgte, die, als sie über den in der Mitte gespaltenen Felsen sprangen – „Ihr erinnert euch an den Felsen und den Buschwald, in dem wir die Pflanzen mit den Dollarblättern gefunden haben?“ –, zu einer verschmolzen.

Kaum waren die Dollarblätter erwähnt worden, sprang Kahiga auf. „Ich meine, wir sollten gehen und den Herrn der Krähen suchen, ob er nun die Hinkende Hexe ist oder nicht, eine Frau oder nicht, ein Schatten oder nicht“, sagte er aufgeregt.

„Was? Nach allem, was uns der Herrscher angetan hat?“, fragte A.G., den sein eigener skeptischer Ton erstaunte.

„Ja, ein Esel bringt seine Dankbarkeit mit Fußtritten zum Ausdruck“, meinte Njoya.

„Genau, ihr sagt es“, erwiderte Kahiga. „Erinnert ihr euch an die Löcher, die wir Tag und Nacht im Grasland gegraben haben? Sind wir für unsere Anstrengungen belohnt worden? Wir wissen nicht einmal, was sie mit den Pflanzen gemacht haben. Und jetzt das! Entlassung aufgrund dreister Lügen! Nein. Wir suchen den Herrn der Krähen, aber diesmal zu unserem eigenen Vorteil. Versteht ihr? Wir erzählen ihm von unserem Elend als Arbeitslose. Wir werden ihn anflehen, uns das Geheimnis der Bäume zu verraten, auf denen Geld wächst. Wir brauchen nicht einmal die Sorte, die Dollars wachsen lässt. Uns reicht schon einer, auf dem Burĩ wachsen“, bemerkte Kahiga, als er die beiden anderen zustimmend nicken sah.

Bevor sie auseinandergingen, schlossen sie einen Pakt auf gegenseitige Zusammenarbeit. Sie wollten verschiedene Wege gehen, aber wer immer Informationen über den Aufenthaltsort des Herrn der Krähen bekam, sollte es den beiden anderen sofort mitteilen. Alle drei mussten anwesend sein, wenn der Herr der Krähen verriet, wie man Geld auf Bäumen wachsen ließ.

„Ehrlich! Haki ya Mungu!“, sollte A.G. später zu seinen Zuhörern sagen. „Von da an trugen wir Zivilkleidung und nahmen die soziale Stellung von Tausenden anderen ein, von einfachen Fußsoldaten bis zu Mitgliedern der elitären Luftwaffe, die man gefeuert hatte. Aus Fischern von Menschen, die den Staat stützten, waren wir drei zu Fischern des Herrn der Krähen geworden, um uns selbst zu erhalten. Was mich angeht – ehrlich! Haki ya Mungu! – so war es nicht die Verlockung der Pflanzen, die Geld wachsen ließen, die mich veranlasste, mich an der Suche zu beteiligen, sondern das Verlangen, das Geheimnis des Seins aller Dinge herauszufinden.

Eines Tages hörte ich, dass der Herr der Krähen in der Nähe der All Saints Cathedral gesehen worden war, und suchte Kahiga und Njoya, um ihnen diese Information mitzuteilen. Sie waren, so schien es, schon vor mir darauf gestoßen. Hatten sie unser Abkommen vergessen? Nun, ich machte mich auch auf den Weg dorthin, und stellt euch meine Überraschung vor, als ich sah, dass die ganze Kathedrale … aber ihr seid ja an diesem Tag sicher auch dort gewesen, oder?“

Herr der Krähen
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