Z W E I T E R  T E I L

1

Als offiziell nichts über den Donner, den Smog und das Blutbad vermeldet wurde, begannen die Leute davon zu sprechen, dass der Herrscher vielleicht tot sei und das Militär die Regierung übernommen habe, was durchaus der Wahrheit entsprechen konnte, weil die Regierung nur ein wahrnehmbares Gesicht zu haben schien: Panzer, die ab und zu durch die Straßen der Hauptstadt und der wichtigsten Städte patrouillierten. Es war zwar eine nächtliche Ausgangssperre verhängt worden, doch sie wurde nicht besonders streng durchgesetzt und niemand verhaftet, der sich nicht an sie hielt.

Aber warum gab das Militär nicht offen zu, die Macht übernommen zu haben? Einige meinten, es habe sich um einen misslungenen Putsch der Unteroffiziere gehandelt, die wie alle mit ihrem Sold nicht zufrieden waren. Obwohl der Putsch nicht erfolgreich gewesen war, habe den Herrscher eine Kugel getroffen, und er würde sich jetzt verstecken, um seine Wunde auszuheilen. Andere erwiderten: Nein, der treibe nur wieder Spielchen. Habt ihr vergessen, wie er vor einiger Zeit das Gerücht verbreitete, er leide an Kehlkopfkrebs, nur um dann wieder aufzutauchen und seine Wut an allen auszulassen, die seinen Tod vorzeitig bejubelt hatten? Hat er nicht außerdem dieses und jenes getan? Jede Geschichte wurde auseinandergenommen, neu erfunden, anders interpretiert, viele, viele Male, weil die Menschen keine genaueren Tatsachen kannten, auf denen sie einen verlässlichen Bericht über die Ereignisse im State House hätten aufbauen können. Einige behaupteten allerdings, ohne ihre Quellen zu verraten, dass nach der ersten oder zweiten Detonation sieben oder acht von einem Schwarzen verfolgte Weiße gesehen worden seien, die aus dem State House rannten, denen mit etwas Abstand schwarze Jugendliche auf den Fersen waren. Als sie die amerikanische Botschaft erreichten, seien die Tore geöffnet und die Weißen eingelassen worden. Der Schwarze aber sei ausgesperrt geblieben und habe mit dem Finger gedroht und sie beschuldigt, das State House in die Luft gejagt zu haben. Der Schwarze sei erschossen worden, und die Jugendlichen, die ihm gefolgt waren, hätten sich aus dem Staub gemacht. Den Schwarzen habe man nie wieder gesehen, und auch die sieben oder acht Weißen seien nicht mehr aufgetaucht.

Je wahrscheinlicher der unerträgliche Gestank des fauligen Smogs auf eine Umweltkatastrophe hindeutete, desto stärker wuchsen Enttäuschung, Zorn und Furcht. Im ganzen Land, in allen Regionen und noch im kleinsten Dorf forderten die Menschen, dass die Regierung ihnen die Wahrheit sage; es wurde sogar darüber gesprochen, die Demonstrationen wieder aufzunehmen. Die religiösen Führer verlangten einen Tag der Gebete und die Arbeiter einen Generalstreik. Die Forderung nach Mehrparteiendemokratie wurde zur neuen Fanfare. Bald machte die Runde, der Herrscher traue sich nicht in die Öffentlichkeit, weil er sich vor Mr. Mehrpartei fürchte.

Die Global Bank veröffentlichte eine Stellungnahme, in der beklagt wurde, dass das Fehlen von Führung und die jüngsten mysteriösen Ereignisse bei Investoren ernste Zweifel über die politische Stabilität des Landes ausgelöst hätten.

Informationsminister Big Ben Mambo war es schließlich, der die Neuigkeit verkündete: Der Herrscher habe einen Tag festgesetzt, an dem er vor Parlament und Nation eine Rede halten werde, die Radio und Fernsehen live übertragen würden. Die Zeitungen bekamen den Auftrag, Sonderausgaben vorzubereiten, weil der Herrscher ein besonderes Geschenk an das Volk bekannt geben wolle.

Big Ben Mambos Ankündigung heizte die Gerüchte noch weiter an: Wie stand es um die Krankheit des Herrschers, über die so viele Gerüchte im Umlauf waren? Seit er aus Amerika zurückgekommen war, hatte er sich nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt. Warum jetzt? Was hatte dieses unerwartete Versprechen von Großzügigkeit ausgelöst? Und dann das Undenkbare: Wollte er etwa abdanken?

Herr der Krähen
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