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Die drei Müllmänner zitterten, als sie ihre Geschichte erzählten. Wie sie einen Leichnam gefunden hatten, der gerade, als sie ihn auf der Deponie vergraben wollten, wieder zum Leben erwachte oder vielmehr von den Toten auferstand und anfing, sie um den Müllwagen herumzujagen. Wie er versuchte, sie zu fangen und ihnen drohte, sie in die riesige Tasche zu stecken, die er bei sich trug, um sie nach Hause zu den Engeln des Bösen ins Land des Teufels zu entführen. Das war doch der Ort des ewigen Feuers, sagten die Müllmänner, und die Soldaten Christi antworteten mit Ja. Die Müllmänner konnten nicht genau sagen, wie sie den Klauen des Teufels entkommen waren, doch hatten sie die Gelegenheit genutzt, die sich ihnen bot, und waren geflohen.
Es war eine traurige Geschichte, eine Geschichte des Schreckens und der Rettung – was für ein knappes Entkommen! Noch bevor sie mit ihrer Erzählung fertig waren, sagte einer von ihnen, dass er nie wieder Müll fahren wolle; und alle drei schworen, nie mehr einen Leichnam anzufassen, wie tot er auch sein mochte. Wahrhaftig, die Toten waren tödlich.
„Macht euch keine Sorgen“, antworteten die Soldaten Christi daraufhin und nickten verständnisvoll, um zu zeigen, dass sie die Schliche Satans sehr genau kannten. „Es war Jesus, der euch befahl, vom Kehrbesen zu lassen und fortan die Herzen der Menschen zu reinigen“, versicherten sie ihnen und stimmten eine Hymne an.
Der Herr befahl den Fischern, ihm zu folgen
Und von ihren Netzen zu lassen
Und er sagte ihnen, er führe sie in den Himmel …
Die Hymne und der Gesang bewirkten, dass auch den Soldaten Christi neuer Mut durch die Adern strömte. Einige begannen sogar vor Begeisterung zu weinen, begierig darauf, unverzüglich in den Krieg zu ziehen.
Die Müllmänner bedankten sich und glaubten sich in der Gesellschaft der Gläubigen sicher; als sie aber gebeten wurden, den Soldaten Christi den Ort des schrecklichen Geschehens und der knappen Flucht zu zeigen, weigerten sie sich und willigten erst ein, als ihnen versicherte wurde, hinter dem Banner Zuflucht nehmen zu können. Die Soldaten würden sie mit ihren Kreuzen auf allen Seiten schützen. Der Teufel fürchtet das Kreuz, versicherten sie. Hatte er nicht von ihnen abgelassen, sobald er sah, dass sie auf das Kreuz zuliefen? Und sie sangen: „Am Kreuz, am Kreuz, da fand ich den Herrn …“
Und so konnten die drei Männer, aus der Geborgenheit hinter dem Banner und den Kreuzen, auf eine einsame Gestalt zeigen, die sich auf dem Weg ins Stadtzentrum befand. Sie bestätigten, dass es sich um den Teufel persönlich handelte, weil sie ihn an der Tasche erkannten, die er bei sich trug. Doch dann sagten sie sehr bestimmt, nicht einen Schritt weiter in des Teufels Richtung gehen zu wollen. Sie eilten zurück zu ihrem Müllwagen, bevor Satan seine Meinung änderte und wiederkehrte, um sie zu holen.
Wie Bischof Tireless Kanogori in der All Saints Cathedral trugen die Soldaten Christi ihre Kreuze und Bibeln vor sich her und folgten der Gestalt in sicherer Entfernung. Sie durften nicht so töricht sein, sich so weit vorzuwagen, wie nicht einmal die Engel es gewagt hatten. Sie durften nicht vergessen, dass Satan ein hochrangiger Engel gewesen war, bevor er wegen einer geplanten Rebellion gegen Gott aus dem Himmel verstoßen wurde. Ein Wesen, dem es beinahe gelungen war, eine Palastrevolte gegen Gott anzuzetteln, durfte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Aber sie ließen nicht von ihm ab, denn da Jesus mit ihnen war, war ihnen vorherbestimmt, den Teufel zu bändigen. Einer meinte, Satan wäre es doch nur gelungen, so viele Engel zu verführen, sich seinem Putsch anzuschließen, weil Jesus Christus damals noch nicht geboren war.
Was als Nächstes geschah, bestätigte nur ihre Befürchtungen hinsichtlich der teuflischen Tricks der Gestalt vor ihnen. Noch heute schwören die Soldaten Christi, ihn nie aus den Augen gelassen zu haben, doch können sie noch immer nicht erklären, wie es der Gestalt gelang, direkt vor ihren Augen zu verschwinden. Sie wissen nur, dass ihnen so viele Menschen mit ähnlichen Taschen begegneten, als sie an die Straße kamen, in die die Gestalt eingebogen war, dass sie nicht feststellen konnten, wer unter den vielen Hunderten, die sich ihren Weg bahnten, wer war. Der Teufel war verschwunden.
Und dann fielen ihnen die Leiden von Maritha und Mariko wieder ein, und dieser Gedanke ließ ihre Herzen erstarren: Was, wenn nun der Teufel sein Spiel mit ihnen getrieben hatte, um sie auf den Hauptstraßen der Stadt festzuhalten, während er nach Santalucia unterwegs war, um Maritha und Mariko zu erwischen und ihnen die Seelen aus dem Leib zu reißen und ihre Leichen wie leere Hüllen am Straßenrand oder an einer Müllkippe liegen zu lassen?
Sie beschlossen, nach Santalucia zurückzukehren. Sie waren noch nicht weit gekommen, als sie Schritte hinter sich hörten. Einer der Müllmänner holte sie ein.
„Ich habe mich entschieden, den weltlichen Besen in die Ecke zu stellen und in Zukunft nur noch die Herzen der Menschen zu fegen. Auch ich möchte ein Soldat Christi werden“, sagte er.
Die Soldaten Christi erstaunte, was sich vor ihren Augen abspielte. Gott vollbringt seine Wunder auf geheimnisvolle Weise. Nachdem sie sich viele Tage erfolglos bemüht hatten, fanden sie jetzt, da sie es am wenigsten erwarteten, an diesem unwirtlichen Ort ihren ersten Konvertiten. Sie nahmen ihn als ihren Bruder in Christi auf und tauften ihn Feger-der-Seelen.
Beseelt von ihrer Aufgabe und begleitet von ihrem neuen Anhänger, waren sie bald wieder auf dem Weg nach Santalucia, wo sie wegen Satan, der in der Wildnis den Müllmännern erschienen und später in den Straßen der Innenstadt von Eldares verschwunden war, bei Kerzenlicht eine Nachtwache hielten. Mit Feger-der-Seelen, der nun bei ihnen war, würden sie nie wieder Schwierigkeiten haben, den Teufel zu erkennen und zu ergreifen.