III
Die Gelegenheit hatte sich für Mohammed überraschend ergeben. Die Griechen waren einer nach dem anderen im Berg verschwunden. Aus Neugier hatten sie ihre Pflichten vergessen. Mohammed hatte ein paar Minuten gewartet und eigentlich damit gerechnet, dass der eine oder andere seinen Fehler bemerkte und wieder zurückkehrte. Als aber niemand kam, begann er Mut zu fassen. Wenn er sie dort einsperrte, könnte er nach Siwa fahren und die Polizei holen. Dann würden sie alle für Jahre ins Gefängnis wandern und könnten weder Laylas Behandlung beeinflussen noch Rache üben.
Sein erster Gedanke war, die Öffnung des Gangs mit einem der Fahrzeuge zu blockieren, aber keines hatte die entsprechende Form. Also beschloss er, die Marmorplatte wieder vor den Eingang zu heben und dann Sand davorzuschütten. Er schob die Zähne der Baggerschaufel unter die Platte und versuchte sie anzuheben. Aber sie war so schwer, dass die Hinterräder den Bodenkontakt verloren; die Hydraulik kreischte und kam zum Stillstand. Die Platte rutschte zur Seite und krachte in den Sand. Er verfluchte sich. Den Lärm hatten sie bestimmt gehört. Alarmierte Schreie drangen nach draußen. Doch nun war es zu spät, um aufzugeben. Er setzte ein Stückchen zurück, beschleunigte dann vorwärts und hob mit Schwung die Marmorplatte hoch. Gerade als ein Grieche im Gang auftauchte, kippte er sie direkt vor die Öffnung. Triumphierend schaufelte Mohammed immer mehr Sand davor. Als er sah, wie der rosafarbene Marmor schnell darunter verschwand, war er zufrieden. Er hatte sie alle eingesperrt und konnte kaum glauben, wie einfach es gewesen war. Seine Frau hatte recht. Man musste sich seinen Dämonen stellen, sagte sie immer, dann konnte man alles besiegen …
Drinnen ertönte ein gedämpfter Schuss. Dann ein zweiter. Betäubt schaute Mohammed zu, wie sich im Sand vor ihm ein Kegel bildete, der breiter und tiefer wurde. Ein kleines schwarzes Loch entstand. Ein Mann kletterte heraus. Mohammed senkte die Baggerschaufel auf ihn, doch er zog den Kopf ein und richtete einfach sein Gewehr auf Mohammeds Gesicht. Mohammed ließ die Hebel los und hob schwerfällig die Hände. Ein zweiter Mann krabbelte heraus, ein dritter. Er musste an Layla denken und fragte sich verzweifelt, was nun mit ihr geschehen würde. Wie die Ratten krochen weitere Griechen aus dem Loch. Costis öffnete die Kabinentür des Baggers, schaltete die Zündung aus und nahm den Schlüssel. Nicolas näherte sich und wischte den Sand von Hemd und Hose. «Wenn einer von meinen Männern wüsste, wie man diese Maschine bedient, dann wärst du jetzt ein toter Mann», sagte er. «Hast du verstanden?»
«Ja.»
«Du hast eine Tochter», sagte er. «Ihr Leben hängt von unserem Wohlwollen ab. Ist dir das klar?»
«Ja.»
«Wirst du jetzt mit uns zusammenarbeiten?»
«Ja.»
Nicolas gab Costis ein Zeichen. Der Sicherheitschef kam mit Handschellen zurück. Einen Bügel schloss er um das Lenkrad, den anderen um Mohammeds linkes Handgelenk. Er konnte zwar noch alle Hebel bedienen, aber nicht mehr fliehen. Costis steckte den Schlüssel an einen Ring, der mit einer Kette an seinem Gürtel befestigt war. Dann runzelte er die Stirn, drehte sich um und schaute über die Dünen. Nach einem kurzen Augenblick hörte auch Mohammed, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte: In der Ferne brummte der Motor eines aus Siwa kommenden Wagens. Costis warf Nicolas einen Blick zu, der Ruhe fordernd seine Hand hob. Das Geräusch erstarb für einen Moment, dann war es noch lauter zu hören. In böser Ahnung verzog Nicolas das Gesicht. Es war noch nicht hell geworden. Niemand fuhr um diese Zeit durch die Wüste, wenn er keinen wichtigen Grund dafür hatte.
«Sollen wir nachschauen?», fragte Costis.
«Ja», sagte Nicolas.
Costis signalisierte Leonidas, Bastiaan, Vasileios und Dimitris, ihm zu folgen. Sie griffen nach ihren Waffen und liefen zu den Geländewagen.