II
Fünfzig Kilometer nördlich von Siwa tankte Mohammed. Dann fuhr er weiter, legte sein Handy auf den Beifahrersitz und wartete, dass es Empfang bekam. Als das Signal endlich da war, hielt er am Straßenrand an, um Nur anzurufen. Allein ihre Stimme zu hören tat ihm gut. Die schrecklichen Vorahnungen waren mit jeder Minute stärker geworden. Doch als Nur Laylas Namen erwähnte, platzte Mohammed plötzlich heraus, wie sehr er die beiden liebte und dass sie, wenn etwas schiefgehen und sie ihn nicht wiedersehen sollten …
«Sag so etwas nicht!» Der Schmerz in Nurs Stimme erschreckte ihn.
Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und versicherte ihr, dass es ihm gut ginge und er am nächsten Abend wieder bei ihr sein würde. Er beendete das Gespräch, stellte sein Handy aus, bevor sie zurückrufen konnte, und schaute auf die Uhr. Er lag gut in der Zeit. Mohammed sprang aus der Kabine, ging um den LKW herum und hockte sich hin. Dann hob er eine Hand voll Sand auf, ließ ihn durch die Hand rieseln und beobachtete die Spuren, die auf seinen Fingern zurückblieben. Nach der sengenden Sonne des Tages war der Sand so heiß, dass seine Haut rot wurde. Er hob noch eine Hand voll auf, als glaubte er, er könnte, wenn er sich jetzt selbst geißelte, später einer schlimmeren Bestrafung entgehen.
Ein Beduine in einem staubigen weißen Lastwagen hupte und lehnte sich aus dem Fenster, um ihn freundlich zu fragen, ob er Hilfe brauchte. Mohammed dankte ihm, winkte ihn aber weiter. Er war so müde, dass die Zeit nur halb so schnell wie sonst zu verstreichen schien. Die Sonne senkte sich am Horizont und ging schließlich unter. Schnell wurde es dunkel. Immer wieder schaute er nach Norden zur Küste. Die Straße war so gerade und flach, dass ein Römer vor Freude geweint hätte. Als er die zwei Geländewagen und einen Sattelschlepper näher kommen sah, stand er auf, wischte sich den Sand von der Hose und kletterte zurück in die Kabine. Die Fahrzeuge wurden langsamer und kamen neben ihm zum Stehen. Das Innenlicht des ersten Geländewagens ging an. Nicolas lehnte sich aus dem Fenster und bedeutete Mohammed, ihnen zu folgen. Er hob seinen Daumen und setzte sich hinter die anderen. Er folgte dem Konvoi ein paar Kilometer auf der Straße nach Siwa, dann über den Sand und tief in die Wüste.