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Knox saß in der Dunkelheit an eine der Stützmauern gelehnt und kaute frustriert auf dem Knöchel seines Daumens. Der Gedanke, dass dieser Raum mit der unteren Kammer verbunden war, schien so einleuchtend. Aber er hatte jeden Quadratzentimeter der Außenwände untersucht, ohne etwas zu finden. Nur die Flächen, die durch diese Stützmauern verdeckt waren, hatte er nicht untersuchen können.
Er runzelte die Stirn. Obwohl die Decke über ihm mindestens einen halben Meter dick sein musste, gab es Stützmauern. Er kniete sich hin, legte seine Hände auf eine der Mauern und drückte seine Wange dagegen, als könne sie ihm ihre Geheimnisse erzählen. Weshalb hatte man diese Mauern errichtet? Die Kammer war in massiven Stein gehauen worden. Die Decke benötigte keine Stützen. Es gab zahllose Kammern in dieser Nekropole und zahllose Nekropolen in Alexandria. In keiner hatte Knox jemals solche Stützmauern gesehen. Vielleicht waren es ja am Ende gar keine Stützmauern. Vielleicht hatten sie einen ganz anderen Zweck. Vielleicht verbargen sie etwas.
Knox ging auf und ab und untersuchte sie genau. Jede Mauer bestand aus sechs senkrechten Reihen zu je sechs Steinquadern. Jeder Quader war vielleicht dreißig Zentimeter breit, dreißig Zentimeter hoch und einen Meter lang. Jede Mauer stieß nur an einer Seite an die Außenwand. Wenn diese Mauern tatsächlich etwas verbargen, dann würde er es an dieser Verbindungsstelle finden. Der alte Mörtel zwischen den Quadern war zerbröckelt. Er drückte kräftig gegen den obersten Quader. Knirschend rückte er langsam zurück und enthüllte dahinter ein Stück massiver Felswand. Knox beließ es vorerst dabei und ging zur zweiten Wand. Als er hier den obersten Stein beiseiteschob, sah er einen Hohlraum dahinter. Er versuchte, die beiden obersten Quader zurückzuschieben, aber sie waren zu schwer. Wie ein Freeclimber in einem Felsschacht krabbelte er die Außenwand hoch und schob die Quader dann mit seinen Füßen zurück, bis sie gefährlich zwischen den Steinen darunter und der Decke darüber hingen. Er sprang hinab und schaute sich an, was er freigelegt hatte. Ein schmales Loch führte in einen kompakten Hohlraum von der Größe einer Besenkammer, am anderen Ende eine weitere Mauer. Er stopfte alles in seine Taschen, was er brauchte, und zwängte sich dann mit dem Kopf voran durch das Loch.
Knox schaltete die Taschenlampe an und begutachtete die hintere Wand. Sie war nicht aus Quadern, sondern aus Ziegeln gemauert, die ein einzelner Mensch relativ leicht handhaben konnte. Sein Herz schlug schneller, als er die Mauer abtastete. Was sich auf der anderen Seite befand, musste mit der Plinthe verbunden sein, die Ibrahim jeden Moment heben wollte. Er legte ein Ohr an die Ziegel, konnte aber nichts hören. Allein der Gedanke, weiterzumachen, war verrückt. Wenn man ihn fand, würde er für lange Zeit im Gefängnis landen. Aber er war so nah. Ein Ziegel konnte bestimmt nicht schaden. Nicht, wenn er vorsichtig war.
Er kratzte den alten Mörtel weg, zog dann einen Ziegel heraus und legte ihn äußerst behutsam auf den Boden. Eine halbe Minute lauschte er aufmerksam. Völlige Stille. Er versuchte, durch das Loch zu spähen, aber es war zu eng, um gleichzeitig mit der Taschenlampe hineinzuleuchten. Also richtete er nur die Taschenlampe durch das Loch und schaute daran vorbei. Doch nun zeigte der Lichtstrahl in die falsche Richtung, und er konnte nichts erkennen. Als er versuchte, seine Hand zu drehen, öffneten sich seine Finger ein wenig, und die Lampe rutschte ihm aus der Hand. Knox wollte sie noch packen, doch sie wirbelte zu Boden und fiel platschend in seichtes Wasser. Der Lichtstrahl erzeugte gespenstische weiße Wellen auf der gegenüberliegenden Wand.