III
Am ersten Geldautomat, den er sah, hielt Knox an und plünderte sein Konto. Da Hassan sowieso wusste, dass er in Alexandria war, gab es keinen Grund, sich unauffällig zu verhalten. Dann kaufte er Vorräte ein: eine große wasserdichte Tasche, Essen, Wasser, eine Tauchertaschenlampe, eine batteriebetriebene Leuchte, Ersatzbatterien, Bücher. In einem Automobilgeschäft kaufte er eine grüne Plane. Schließlich fuhr er in den gefährlichen Wohnbezirk südlich des Hauptbahnhofes, parkte dort den Jeep und versteckte ihn unter der Plane.
Er verstaute alle Vorräte in der wasserdichten Tasche und band sie sich um den Bauch. Mit seinem Gewand sah er jetzt wie ein übergewichtiger Beduine aus. Dann lief er zur Ausgrabungsstätte, zeigte der Wache an der Treppe seinen Ausweis der Antiquitätenbehörde und wurde ohne Murren durchgenickt. Unten in der Rotunde brachten zwei Arbeiter ein Stahltor über dem Eingang des makedonischen Grabmals an. Mohammed und Mansoor, die die beiden beaufsichtigten, schauten auf, als Knox vorbeikam. Misstrauisch schien Mansoor etwas zu wittern. «Du!», rief er. «Komm her!» Knox zog den Kopf ein und verschwand in der Nekropole. «Hey!», rief Mansoor. «Stehenbleiben!»
Doch Knox ging weiter, vorbei an Ausgräbern, die Körbe mit Skelettteilen in die Rotunde trugen. Die Schritte hinter ihm ließen ihn nur schneller gehen. Aus einigen Kammern waren bereits alle Artefakte geräumt, die Lampen abgebaut und anderswo aufgestellt worden, wo man sie gerade brauchte. Eigentlich hatte er in eine solche Kammer gehen wollen, um sich bis zum Einbruch der Nacht in einem leeren loculus zu verstecken. Diese Möglichkeit gab es nun nicht mehr.
«Hey», rief Mansoor hinter ihm. «Haltet den Mann auf! Ich will mit ihm reden!» Knox eilte weiter, die Stufen hinab, bis er den Grundwasserspiegel erreichte und nicht weiterkonnte. Seit Entfernen der Pumpe war der Pegel wieder angestiegen und hatte bereits den ursprünglichen Stand erreicht. Ihm blieb keine Zeit. Langsam, damit er es nicht zu sehr aufwirbelte, ging er ins Wasser. Luftblasen drangen aus seinem Umhang, als die wasserdichte Tasche vor seinem Bauch Auftrieb bekam. Hinter ihm näherten sich seine Verfolger und durchsuchten der Reihe nach jede Kammer. Knox füllte seine Lunge mit Luft, presste die linke Hand gegen die Wand, tauchte dann seinen Kopf unter das dunkle Wasser und tastete sich den Gang entlang. Er versuchte, sich an den Weg zu erinnern. Mit jedem Schritt wurde sein Bedürfnis, nach Luft zu schnappen, größer. Er erreichte die dritte Kammer und war, als er in die obere Ecke schwamm, erleichtert, dass sein innerer Kompass ihn nicht im Stich gelassen hatte. Er tauchte auf und stemmte sich in den Hohlraum unterhalb der Rotunde. Die wasserdichte Tasche mit den Vorräten hing noch immer um seine Hüften. Er zog sein nasses Gewand aus, band die Tasche los, trocknete sich ab und zog eine Hose und ein T-Shirt an. Es war nicht gerade das Ritz, aber hier würde er wenigstens für eine Weile in Sicherheit sein. Wenn er sich nicht überanstrengte, würde ein Kubikmeter Luft für ungefähr eine Stunde reichen. Die Kammer umfasste gut achtundvierzig Kubikmeter, er könnte also die Nacht und den nächsten Tag hier bleiben. Wenn dann die Ausgräber Feierabend gemacht hatten, könnte er zurückgehen und sich für eine weitere Nacht in einem leeren loculus verstecken, um schließlich mit den anderen die Ausgrabungsstätte zur Mittagspause wieder zu verlassen. Vorausgesetzt natürlich, niemand fand heraus, wohin er verschwunden war.
Er versuchte, es sich bequem zu machen, aber das war nicht leicht. Allein und in der Dunkelheit, umgeben von Unterwassergräbern, die mit menschlichen Überresten gefüllt waren, jederzeit auf der Hut davor, dass jemand auftauchte, war es kein Wunder, dass er nervös war. Doch mit der Zeit kamen auch andere Gefühle in ihm auf. Neid. Wut. Er war es gewesen, der entdeckt hatte, dass sich unter der Plinthe etwas verbarg. Trotzdem musste er sich verstecken, während andere das Geheimnis lüfteten. Und er war so nah dran! Da die Nekropole als große Spirale angelegt war, befand sich das makedonische Grabmal nur wenige Meter entfernt von seinem Versteck.
Ja, dachte er. Er war ganz nah dran.
Rohen Stein zu bearbeiten war eine brutale Arbeit. Wenn man nur über einen engen Schacht Zugang hatte, war es doppelt so schwer. Mit der Errungenschaft der Elektrizität vergaß man schnell, wie schwierig das Problem der Beleuchtung in der Antike gewesen war. Da Kerzen und Öllampen Sauerstoff verbrauchten, waren Belüftungssysteme von unschätzbarem Wert gewesen. Zwei Zugänge waren viel vorteilhafter als nur einer, denn so konnten sowohl die Arbeiter als auch die Luft zirkulieren. Und sobald man die Bauarbeiten beendet hatte, war es vor allem darum gegangen, das Grabmal zu verbergen. Deshalb hatte man sicherheitshalber die größeren Zugangsbereiche verschlossen, indem man entweder eine Steinplatte darüberlegte oder sie mit einem Mosaik bedeckte.
Knox stellte seine Leuchte auf und begann sorgfältig, die Wände zu untersuchen. Mit der Fassung seiner Taschenlampe klopfte er dagegen, lauschte dem Echo und hoffte, einen etwas höheren Ton zu hören, der auf einen Hohlraum schließen ließ. Er arbeitete sich von unten nach oben vor, krabbelte einen halben Meter nach links und begann erneut. Nichts. Er überprüfte den Boden und die Decke, dann die Treppe. Immer noch nichts. Frustriert biss er die Zähne zusammen. Der Gedanke war so einleuchtend gewesen. Doch er schien sich getäuscht zu haben.