III
Nessim, Hassan Al Assyutis Sicherheitschef, betrat das Hotel in Scharm, in dem Knox abgestiegen war. Ein Portier mittleren Alters schnarchte heiser an der Rezeption. Als Nessim die Durchgangsklappe zuschlug, wachte er mit einem erstickten Schrei auf. «Knox», sagte Nessim. «Ich suche Daniel Knox.»
«Der ist nicht hier», erwiderte der Portier schwer atmend. «Ich weiß, dass er nicht hier ist», sagte Nessim kalt. «Ich will sein Zimmer sehen.»
«Aber es ist sein Zimmer!», protestierte der Portier. «Sie können da nicht einfach rein.»
Nessim zog seine Brieftasche aus der Jackentasche, wobei er darauf achtete, dass der Portier seinen Schulterholster nicht sehen konnte. Er nahm fünfzig ägyptische Pfund heraus und legte sie auf den Tresen. «Das ist eine höfliche Frage», sagte er.
Der Portier fuhr mit der Zunge über seine Lippen. «Dieses eine Mal kann ich wohl eine Ausnahme machen.»
Nessim folgte dem fetten Mann nach oben. Er grübelte immer noch darüber nach, was auf dem Boot geschehen war. Von einem ausländischen Herumtreiber abgehängt zu werden, war eine Demütigung für ihn. Zuerst hatte er gedacht, dass man Knox problemlos aufspüren könnte, aber so einfach war die Sache nicht. Durch einen Kontaktmann in der Armee hatte er erfahren, dass Knox sich irgendwie durch einen Kontrollpunkt gemogelt hatte. Als er das gehört hatte, war er außer sich vor Wut gewesen. Wie konnte man den Kerl so einfach durchlassen? Aber er war klug genug, keinen Aufstand zu machen. Nur ein Idiot legte sich in Ägypten mit der Armee an, und Nessim war kein Idiot.
Der Portier entriegelte die Tür und öffnete sie. Nervös schaute er sich um, ob die anderen Gäste sahen, was gerade passierte. Nessim ging hinein. Er hatte eine Nacht, um Knox in die Finger zu kriegen, und diese Zeit hatte er nur, weil Hassan gegen seine Schmerzen Morphium bekommen hatte. Wenn er am nächsten Morgen aufwachte, würde er wissen wollen, wie es aussah.
Er würde Knox wollen.
Nessim durchwühlte die schäbigen Klamotten, die im Kleiderschrank hingen, sah in den Seitentaschen der roten Segeltuchtasche nach und kniete sich hin, um die auf dem Boden aufgereihten Bücher zu begutachten. Ein paar Comics und Thriller, aber vor allem Texte über Ägypten und Archäologie. Außerdem ein paar CDs, manche mit Musik, andere für den Laptop. Er hob ein Ringbuch auf. Auf der Vorderseite stand in Englisch und Arabisch:
Mallawi-Ausgrabung
Bericht des ersten Jahres
Richard Mitchell und Daniel Knox
Nessim blätterte durch die Seiten. Texte und Fotos von einer Ausgrabung nahe einer ptolemäischen Siedlung wenige Kilometer von Mallawi in Mittelägypten. Nachdenklich legte er das Schriftstück zurück. Warum arbeitete ein Ägyptologe als Tauchlehrer in Scharm? Er sah sich weitere Materialien an. Karten und Fotos von Unterwasserriffen, soviel er erkennen konnte. Dann nahm er die Segeltuchtasche aus dem Kleiderschrank und verstaute darin die Schriftstücke. Er packte auch den Laptop, die CDs und Disketten ein. In der obersten Schublade des Schreibtischs entdeckte er Fotokopien von Knox’ Pass und Führerschein, die er wahrscheinlich für den Fall angefertigt hatte, dass er die Originale verlor. Außerdem lagen dort Passfotos, die bestimmt für die zahllosen Dokumente waren, die ein Ausländer brauchte, um auf der Sinai-Halbinsel zu arbeiten. Er sammelte auch diese Dinge ein und stopfte sie in seine Jackentasche. Dann nahm er die Segeltuchtasche und den Laptop und ging zur Tür. Der Portier gab ein leises Wimmern von sich. «Was?», fragte Nessim. «Ist was?»
«Nein», sagte der Portier.
«Gut. Ich gebe Ihnen einen Rat. Wenn ich Sie wäre, würde ich den Rest seines Krempels aus dem Zimmer räumen. Ich habe starke Zweifel, dass Ihr Freund in nächster Zeit zurückkommen wird.»
«Ach, wirklich?»
«Ja.» Nessim reichte ihm eine Visitenkarte. «Sollte er sich doch blicken lassen, rufen Sie mich an.»