III
Knox fiel die Kinnlade herunter, als er mit seiner Taschenlampe durch die Kammer leuchtete. Er konnte kaum glauben, was er sah. Auf der rechten Seite waren Vertiefungen in den Kalkstein gehauen worden. In jedem der sechzehn Fächer standen jeweils zwei goldene Lanarkes oder Särge, insgesamt waren es zweiunddreißig. Die Glasschüsseln dazwischen waren umgekippt oder umgefallen, Edelsteine und Halbedelsteine lagen in den Fächern und über den Boden verstreut. Auf dem Boden sah Knox außerdem zahllose kostbare Artefakte: Schwerter, Speere, Schilder und Amphoren aus Silber und Ton. In die Rückwand war weißer Marmor eingelegt, in den eine umfangreiche Inschrift gemeißelt war, die allerdings zu weit weg war, als dass Knox sie hätte lesen können.
Doch vor allem die linke Wand machte Knox sprachlos. Es war ein riesiges Mosaik, das oben von türkis bemaltem Putz gerahmt war, der den Himmel darstellte und das Hauptmotiv konturierte wie eine um einen Leichnam gezogene Kreidelinie. Dreiunddreißig Männer, eindeutig Soldaten, wenn auch nicht alle bewaffnet, angeordnet in zwei Gruppen, eine im Vordergrund, eine etwas dahinter. Sie sahen bemerkenswert entspannt und fröhlich aus. Einige sprachen miteinander und hatten die Arme um die Schultern der anderen gelegt. Andere rauften miteinander im Sand oder spielten Würfel. Im Zentrum kniete der Blickfang des Mosaiks und eindeutig der Anführer der Gruppe: ein schmächtiger, gutaussehender Mann mit rotblondem Haar, der mit einem entschlossenen Blick von der Wand schaute. Seine Hände hielten den Griff eines Schwertes, das tief im Sand steckte. Knox blinzelte. Niemand studierte die griechisch-römische Geschichte, ohne sich ein Wissen über Mosaike anzueignen. Trotzdem hatte er so etwas noch nie gesehen.
Er hatte keine Kamera dabei und konnte nur mit seinem Handy Aufnahmen machen. Seit er den Sinai verlassen hatte, hatte er das Handy aus Angst, es würde Hassan direkt zu ihm führen, nicht mehr angestellt. Hier aber, weit unter der Erde, würde es keinen Empfang haben. Auf Zehenspitzen ging er vorsichtig in die Kammer und fotografierte das Mosaik, die Särge, die auf dem Boden verstreuten Grabbeigaben und die Inschrift. Diese Arbeit lenkte ihn so sehr ab, dass ihm erst bei dem plötzlich einsetzenden Knirschen und Quietschen wieder die Plinthe einfiel, die gehoben werden sollte.