I
Knox und Rick flohen blindlings durch die Bäume, die Arme erhoben, um ihre Gesichter vor den Zweigen zu schützen. «Stehenbleiben!», schrie der Wachmann. «Stehenbleiben oder ich schieße!» Sofort krachte ein Schuss. «Stehenbleiben!», rief er erneut. Aber die beiden liefen weiter und kämpften sich durch den Wald, bis sie einen Acker erreichten. Als sie in die Richtung des Subarus rannten, drangen sie tief in die feuchte Erde ein, und ihre Stiefel wurden durch den Matsch immer schwerer. Hinter ihnen bellte sich der Deutsche Schäferhund die Seele aus dem Leib. Knox bekam langsam Seitenstechen. Er war nicht so trainiert wie Rick und fiel zurück. Er schaute sich um. Sie waren ihren Verfolgern ein gutes Stück voraus, aber der verfluchte Schäferhund hatte ihre Fährte aufgenommen. «Schneller!», rief Rick von vorn, als hätte er gespürt, dass Knox nachließ. «Wir sind gleich beim Wagen.»
Sie liefen noch eine Weile weiter, ehe Knox sich erneut umdrehte. Der Nachthimmel hatte sich bewölkt, doch auf einer kleinen Anhöhe konnte er die Umrisse der beiden Wachmänner erkennen. Einer von ihnen blieb stehen, um auf Knox zu zielen. Einige Schüsse peitschten an ihm vorbei, sodass er auf dem schweren Boden ins Stolpern kam. Seine Schenkel schmerzten, als er sich aufrappelte. Das Laufen kostete ihn nun große Mühe, er schnaufte bei jedem Schritt, während das Stechen in seiner Seite immer schlimmer wurde. Und Rick war schon weit vor ihm.
Den Wachmännern war offenbar klar geworden, dass sie ihn nicht selbst kriegen würden, deshalb ließen sie den Schäferhund von der Leine und blieben stehen. Hechelnd jagte er über den weichen Boden, hatte ihn bald eingeholt und schnappte knurrend nach seinem Bein. Knox drehte sich weg, trat nach ihm und verlor das Gleichgewicht. Kaum dass er am Boden lag, stürzte sich auch schon der Hund auf ihn und wollte ihm mit tropfendem Speichel geradewegs an die Kehle gehen. Die scharfen Zähne nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht, versuchte Knox verzweifelt, das Tier abzuwehren. Die Wachmänner kamen näher, schwer keuchend nach ihrer langen Jagd. Als Knox dachte, dass nun sein Ende gekommen sei, hörte er Motorenlärm und sah Scheinwerfer aufflackern. Neben ihm hielt der Subaru. Rick sprang heraus und lief brüllend auf den erschrockenen Hund zu, der von Knox abließ und gerade lange genug zurückwich, dass die beiden in den Wagen steigen konnten. Doch der Hund fasste schnell wieder Mut und sprang wütend bellend an der Beifahrertür hoch. Die Wachmänner hatten sie fast erreicht. Rick legte den Rückwärtsgang ein und trat das Gaspedal durch. Er jagte rückwärts über das Feld, riss den Subaru herum, legte den ersten Gang ein und raste davon. Schüsse krachten. Das Fenster der Beifahrertür zersprang, und die Windschutzscheibe bekam Risse. Rick schlug ein Sichtloch heraus, während er auf den Feldweg brauste und dann weiter zur Straße nach Tanta. Knox schaute sich um. Ihre Verfolger waren in der Finsternis verschwunden. Private Sicherheitsleute, die ihre Waffen abfeuerten, wollten sicherlich nicht mit den Behörden in Berührung kommen, doch vielleicht hatten sie Kollegen, die nach dem Subaru suchen würden. «Wir holen besser den Jeep», meinte Knox keuchend.
«Hältst du das für klug? Sollten wir nicht lieber eine Weile untertauchen?»
Knox schüttelte den Kopf. «Kelonimos wird ständig als Geheimnisträger bezeichnet. Ich will wissen, um welches Geheimnis es sich handelt. Ich wette, dass die Antwort in dieser verdammten Inschrift aus der unteren Kammer in Alexandria steckt. Die in Demotisch.»
«Ich dachte, du kannst kein Demotisch.»
«Kann ich auch nicht», gab Knox zu. «Deswegen müssen wir einen Freund treffen.»
«Ach! Und wo steckt der?»
«Schon mal in Farafra gewesen?»
«Farafra!», entgegnete Rick. «Aber das liegt fast am anderen Ende von Ägypten.»
«Dann sollten wir besser keine Zeit verlieren, oder?»