Was essen die Deutschen?
Ausgefallene kulinarische Kreationen werden sicherlich nur selten mit der deutschen Küche in Verbindung gebracht. Spontan fallen hier vielmehr Würstchen, Sauerbraten, Maultaschen und Handkäse mit Musik ein. Die deutsche Küche gilt als deftig und vor allem fleischlastig und von den Engländern erhielten wir unseren nicht eben schmeichelhaften Spitznamen „Krauts“, in Anlehnung an unsere Vorliebe für Sauerkraut, dem weltweit bekanntesten deutschen Nationalgericht.
Die deutsche Küche, auch wenn sie deftige Hausmannskost bevorzugt, erlebt seit geraumer Zeit einen neuen Aufschwung. Traditionelle Gerichte werden den heutigen Ansprüchen und Geschmäckern angepasst und der bewusste Konsument greift immer häufiger auf saisonale und vor allem regionale Produkte zurück. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Köche sich wieder mehr auf deutsche Speisen konzentrieren und traditionelle deutsche Gerichte finden neben nach wie vor beliebten italienischem oder asiatischem Trendfood immer häufiger Eingang in die hiesigen Speisekarten.
Brat- und Schmorgerichte sowie Eintöpfe mit Fisch, Fleisch und Gemüse haben wieder Anklang gefunden. Längst verschwunden geglaubte Gemüsesorten wie Pastinaken, Topinambur oder Petersilienwurzel erleben eine Renaissance und erscheinen sogar auf den Speisekarten edler Restaurants. Gekocht wird altes deutsches Küchengut nach den Regeln neuester Ernährungsforschung und bei so manchem schlägt das Herz höher, wenn er Gerichte wie Leberknödelsuppe oder Schweinebraten mit Knödeln vor sich hat. Rote Grütze und Kirschenmichel wecken Kindheitserinnerungen, sind wir doch mit diesen Gerichten groß geworden. Die besten und beliebtesten Gerichte, die schon die Großmutter ihren Kindern kochte, sollten niemals vergessen werden und weitere Generationen durchs Leben begleiten.
Eine einheitliche deutsche Küche gibt es nicht. So vielseitig und abwechslungsreich wie die deutschen Landschaften sind, so voller Gegensätze ist auch die Küche. Denn jede Region – vom Meer bis zu den Bergen – hat, wie in so vielen Ländern, ihre eigenen Zubereitungsarten. Reist man durchs Land, findet man unschwer ein und dasselbe Gericht vor, ja, oft heißt es noch nicht einmal gleich, sondern ändert seinen Namen je nachdem, in welchem Landstrich man sich befindet.
So sind gebratene Hackfleischklöße allseits beliebt, nennen sich jedoch im Nordosten Bulette, im Osten Klops, im Süden Fleischpflanzerl und im Westen Frikadelle. Und als wäre das noch nicht genug, darf man beruhigt auch Hackplätzchen, Bratklößchen oder Fleischkrapfen dazu sagen.
Ähnlich verhält sich dies bei den schwimmend in heißem Fett ausgebackenen süßen Hefeteilchen, denn auch hier existiert keine einheitliche Bezeichnung. In Berlin und weiten Teilen Ostdeutschlands nennt man sie Pfannkuchen, am geläufigsten ist wohl seine Bezeichnung als Berliner, aber auch Krapfen, Puffel, Kräppel und Fastnachtsküchle sind gängige und erlaubte Bezeichnungen.
Ein weiteres bekanntes Beispiel ist der Kartoffelpuffer, der auch als Reibekuchen oder Reiberdatschi bekannt ist.
Regionale Spezialitäten
Schwaben
Die schwäbische Küche zeichnet sich insbesondere durch eine Vielzahl an Mehlspeisen aus, allen voran Spätzle, Maultaschen und die Buabaspitzla. Berühmt sind auch die Allgäuer Kässpatzen, die grenzüberschreitend bekannt geworden sind. Auch Maultaschen sind längst von der einstigen Fastenspeise bis in die Feinschmeckerkreise aufgestiegen. Schwaben lieben außerdem Gerichte mit Innereien wie Nieren, Kutteln, Leber und Kalbsbries. Darüber hinaus kommt der Ochsenmaulsalat aus der Region, genauso wie die schwäbische Schneckensuppe aus Weinbergschnecken. Bekannteste schwäbische Süßspeise ist wohl der Kirschenmichel.
Bayern
Die bayerische Küche ist sicherlich die deftigste unter den deutschen. Hier werden die überall geliebten Kartoffeln meist zu Knödeln verarbeitet. Die typische Brotzeit wird in und um München mit Weißwürsten, Brezn (Laugenbrezeln), Radi (Rettich) und einem Obatzten, einem angemachten Camembert, abgehalten. Dazu trinkt „der Bayer“ sein Weißbier, auch wenn es noch früh am Morgen ist, denn nach 12 Uhr dürfen Weißwürste nach bayerischer Tradition nicht mehr gegessen werden. Außerdem lieben die Bayern die Schweinshaxen mit Kraut, die Leberkässemmel und Steckerlfisch, auf Spießen gebratene Fische.
Saarland
Den Dibbelabbes der Saarländer kennt man auch in der Eifel, in Rheinland Pfalz und im Westerwald. Der wörtlich übersetzte „Topflappen“ besteht aus geriebenen Kartoffeln, Zwiebeln, Dörrfleisch oder Mettwurst, Brötchen und Ei, die zu einem Teig verarbeitet werden. Im Sauerland findet man das Gericht als Potthucke wieder.
Auch in der Küche Mitteldeutschlands spielt die Kartoffel eine wichtige Rolle, seit Friedrich der Große sie um 1770 einführte. Pellkartoffeln mit Quark, Reibekuchen bzw. Kartoffelpuffer, „Himmel und Erde“ (Kartoffelbrei und Apfelmus) und Thüringer Klöße sind Gerichte, die ohne die tolle Knolle nicht denkbar wären.
Pfalz
Seit Helmut Kohl ist auch der Pfälzer Saumagen allseits ein Begriff. Er wird aus Schweinemagen hergestellt, der mit einer Mischung aus Fleisch, Bratwurstbrät, Kartoffeln, Gemüse und Gewürzen gefüllt wird.
In Hessen schätzt man Handkäse mit Musik (eingelegter Sauermilchkäse mit Zwiebeln), zu dem traditionell Äppelwoi (Apfelwein) getrunken wird. Generell gehören Würste neben den Kartoffeln zu des Deutschen liebsten Speisen. Neben den Frankfurtern sind die Nürnberger Rostbratwurst, die Thüringer Bratwurst – original über Kiefernzapfenglut gegrillt – und nicht zu vergessen die Currywurst des Rheinländers zu nennen. In den Straußenwirtschaften wird Rheingauer Spundekäs (angemachter Frischkäse) serviert, manchmal auch Wildsülze mit Bratkartoffeln oder ein Woihinkelche, ein in Weißwein gegartes Hähnchen. Typisch hessische Süßigkeiten sind die Bethmännchen aus Frankfurt, eine Marzipanspezialität.
Nordrhein-Westfalen
Das große Bundesland Nordrhein-Westfalen hat nicht nur das Ruhrgebiet und viel Industrie zu bieten, sondern auch so schmackhafte Gerichte wie Rheinischen Sauerbraten, Rheinische Pepse (Sauerbraten aus Schweinefleisch), Düsseldorfer Senfrostbraten, Schnibbelbohnen oder Hasenpfeffer. Darüber hinaus stammen Rheinische Bohnensuppe, Ähzesupp mit Flöns (Erbsensuppe mit Blutwurst), Pumpernickel, Westfälischer Schinken, Schwarzbrot, Altbier und Kölsch aus der Region.
Niedersachsen
Weiter nördlich kommt man nach Niedersachsen und Bremen. Hier isst man viel Fleisch, Lammgerichte und Wildgeflügel, man liebt Kochwürste (Pinkelwurst, Kohlwurst) und besonders in und um Hannover eine deftige Schlachtplatte. In Küstennähe, wo das Klima rauer wird, wärmt man sich mit kräftigen Eintöpfen wie Steckrübeneintopf oder Birnen, Bohnen und Speck. Über die Grenzen hinaus bekannt ist das Grünkohlessen, zu dem es die Pinkeloder Grützwurst gibt. Typische Beilage sind auch hier Kartoffeln.
Ganz im Norden, in Hamburg und Schleswig-Holstein, dominieren Fischgerichte. In Küstennähe findet man Scholle, Butt, Hering und Makrele, im Bereich von Flüssen und Seen vor allem Forellen und Aal auf den Speisekarten. Die Finkenwerder Scholle mit Speck und Krabben, die Hamburger Aalsuppe und frische Heringe für Salat, als Matjes, mit Kartoffeln oder gebraten sind Gerichte, die man in jedem Lokal bekommt. Fischreste werden dann zu Pannfisch, einem äußerst leckeren Pfannengericht mit Kartoffeln verarbeitet.
Weitere typisch norddeutsche Spezialitäten sind Kohlrouladen, Labskaus – gestampfte Kartoffeln mit Corned Beef – oder gekochtes Rindfleisch mit Wirsing.
Für Süßmäuler bietet die Küche des deutschen Nordens die Rote Grütze mit Vanillesauce oder Holunderbeersuppe mit Grießklößen.
Nebenan in Mecklenburg-Vorpommern ist die Küche einfach, deftig und herzhaft und Kartoffeln in jeder Form bilden die Grundlage für viele Gerichte: Pommersche Klöße, Kollatschen, Hefeplinsen oder Kartoffelsuppe mit Backpflaumen kommen von hier. Gerade der süß-saure Geschmack, den Backobst einer Speise verleiht, gehört zur Pommerschen Küche. Aber auch Spickaal, Klopfschinken, Schwarzbrotpudding und Honigkuchen sind typische Gerichte.
Aus dem Spreewald, dem „Venedig des Nordens“, stammen eingelegte Gemüse, vor allem Gurken und Räucherfisch. Die Küche der Berliner ist noch heute eher bäuerlich und deftig. Buletten und Kasseler gehören ebenso unabdingbar dazu, wie Schmorbraten, Eisbein, Falscher Hase, Havelzander, Altberliner Erbspüree und Märkisches Kartoffelgulasch. Der echte Berliner Pfannkuchen ist ein mit Fruchtmus gefülltes Hefegebäck. Aus Sachsen kennen wir noch die Quarkkeulchen und den Dresdner Christstollen, der zu Weihnachten in Omas Küche mit viel Liebe gebacken wurde und noch vier Wochen später richtig gut schmeckte.
In diesem Buch haben wir aus dem vielfältigen Angebot der guten deutschen Küche die besten Gerichte zusammengetragen, die Sie unbedingt einmal probieren sollten. So haben Sie all Ihre Lieblingsgerichte vereint und können genussvoll in Kindheitserinnerungen schwelgen.