Sally Hollander
Von dem ersten Biss gelähmt, aber mit der langen, röhrenförmigen Zunge des Dämons tief in ihrer Kehle, verschluckte sich Sally an der kalten, dicklichen Substanz, die sich aus dieser hohlen Röhre ergoss. Sie klammerte sich weniger infolge von extremem Grauen an ihr Bewusstsein, sondern vielmehr aufgrund ihres ungeheuren Ekels. Ungeachtet ihrer Lähmung verspürte sie immer noch den verzweifelten Wunsch, sich loszureißen und zu säubern, da sie sich von der Berührung, dem Biss und der Gewalt, die ihr diese Kreatur antat, unerträglich beschmutzt fühlte.
Als sich die Zunge endlich zurückzog, ließ die Kreatur Sally los und sie glitt auf den Fußboden. Die Kälte in ihrem Bauch hätte nicht größer sein können, wenn das Monster Schneematsch in sie gepumpt hätte. Sie wurde von einer grässlichen Übelkeit überwältigt und hätte sich gern übergeben sowie ihren Darm entleert, aber sie konnte es nicht.
Sally lag matt und hilflos da. Jedes abgehackte Ausatmen war ein Hilferuf, den niemand auf Erden hören konnte, jedes Einatmen ein verzweifeltes Keuchen, während sie die Füße ihres Angreifers beobachtete, der durch die Küche streifte und mit offenkundiger Neugier Dinge genauer untersuchte. Füße mit sechs langen Zehen und Schwimmhäuten. Der erste und der sechste waren länger als die mittleren vier, jeweils mit einem zusätzlichen Knöchel und einer großen Kuppe am Ende, was den Eindruck entstehen ließ, sie dienten als zwei lange, opponierbare Daumen. Graue Füße, deren Haut ein leichtes Muster aufwies, als sei sie von Schuppen bedeckt. Keine gewöhnlichen Schuppen, nicht wie die einer Schlange oder einer Eidechse, nicht nur dazu gedacht, außerordentliche Wendigkeit zu verleihen, sondern auch als eine Art … Rüstung. Vielleicht ließ die Farbe sie an eine Rüstung denken, die Farbe von stark angelaufenen silbernen Serviertabletts, ehe sie poliert wurden. Und dann wurde, genau wie im Geschirrkabinett der Cupps, jedes Detail des Dämons immer dunkler, bis er nur noch eine Silhouette war, ein schleichender schwarzer Schatten, der durch eine Wand verschwand.
Ihr ohnehin schon flauer Magen wurde noch glitschiger und schien in ihr herumzurutschen, aber sie konnte sich immer noch nicht übergeben, und dann ließ die Übelkeit nach und wurde durch etwas ersetzt, was noch schlimmer war. Ihre Körperwärme ließ das, was in sie gespritzt worden war, nicht etwa tauen, sondern die Eisigkeit des Zeugs in ihrem Magen begann langsam in das umliegende Gewebe zu sickern, zuerst in ihre Rippen hinauf, sodass sie ihren Brustkorb fühlen konnte, wie sie ihn noch nie zuvor gefühlt hatte, als sei er nicht länger ein natürlicher Bestandteil von ihr, sondern irgendein Gerüst, das operativ eingepflanzt worden war und sich jetzt in ihrem warmen Fleisch fremd und kalt anfühlte. Und es sickerte in ihre Hüften hinunter, wo sie auf noch nie dagewesene Art die exakte Form und Lage ihres Beckens fühlen konnte, und auch diese Knochen wurden jetzt so eisig wie ihr Brustkorb.
Eine Minute lang, während sich die Kälte in ihre Oberschenkelknochen und dann in die anderen Knochen ihrer Beine ausbreitete, glaubte sie, der letzte Moment ihres Lebens müsse gekommen sein. Aber dann wusste sie, ohne zu wissen, woher sie es wusste, dass das Leben nicht aus ihr wich. Sie würde überleben. Sie starb nicht: Sie wurde zu etwas anderem, zu jemand anderem als der Frau, die sie immer gewesen war.
* * *