4

Die Frauenzelle im Polizeigefängnis Alexanderplatz ist völlig überfüllt. Als dieses Gefängnis erbaut, als die Zelle fertig wurde, malte man an die grüne, eisenbeschlagene Tür auch den Luftinhalt der Zelle: soundso viel Kubikmeter, schrieb man daran, völlig ausreichend für eine Insassin. Daß man dann noch ein zweites Bett hineingesetzt hatte, das war schon sehr lange her; zwei Betten in der Zelle war auch für die ältesten Beamten eine Normalbelegung.

Dann aber kam die Inflation. Die Flut der Festgenommenen schwoll und schwoll. Man stellte über die zwei Betten zwei weitere Betten und verdoppelte so mit einem Schlag die Belegungsfähigkeit des Gefängnisses.

Aber auch das reichte schon längst nicht mehr aus. Nun wurden sie, wie sie in endlosem Zuge Tag für Tag in den grünen »Lumpensammlern« der Polizei ankamen, wahllos in die Zellen gestopft. Abends warf man dann ein paar Matratzen, ein paar Wolldecken hinterher: nun seht, wie ihr euch einrichtet!

Selten hatte sich Petra Ledig verlassener, einsamer gefühlt, als in der überfüllten Zelle des Gefängnisses. Es wollte und wollte nicht dunkel werden.

Wohl gehörte sie nicht zu jenen Mädchen aus gesicherten Kreisen, denen die Tatsache, im Gefängnis zu sein, Zusammenbruch und Schande bedeutete. Sie lebte im Alltag, sie wußte, daß dies Leben eine schwer zu übersehende Sache blieb für einen, der arm und freundlos war, der nie wußte, was einem noch geschehen konnte, aus welcher Ecke der Unheilswind nun hervorbrach.

Sie wußte, nach einer zweiten, sehr flüchtigen Vernehmung hier im Präsidium, ziemlich genau, was man ihr vorwarf. Sie wußte, daß diese Beschuldigungen zum Teil veraltet, zum Teil unrichtig waren. Aber sie wußte nicht, was für sie dabei herausschauen würde. Es war möglich, daß es Arbeitshaus gab oder den Kontrollschein, oder Gefängnis. Wochen oder Monate. Das alles lag in Händen von Menschen, die ihr so fremd waren wie Menschen einer andern Welt, zu denen man nicht sprechen kann.

Sie war gleich zum Arzt geführt worden. Aber da standen sie in endloser Reihe vor der Tür, und schließlich hieß es: »Keine Vorführungen mehr! Der Medizinalrat ist nach Haus gegangen.«

So war Petra wieder in ihre Zelle geführt worden, und sie hatte gefunden, daß dort unterdes das Abendessen ausgegeben war und daß die andern ihren Anteil aufgegessen hatten. Es machte ihr nicht viel aus, sie fand, sie hatte vorhin auf der Wache erst einmal genug gegessen. Nur mit halbem Ohr hörte sie auf das Gezänke der andern, die sich umschichtig beschuldigten. Es konnte schon stimmen, was die dicke Frau in dem unteren Bett (die älteste Zelleninsassin, schon seit zwei Tagen hier) sagte, daß die Hühnerweihe ihr das Essen gestohlen hatte.

Aber es war gleich. Es wäre besser gewesen, sie schwiegen davon. Nun wurde ja die Hühnerweihe auch wieder wild und fiel mit Beschimpfungen und Geschrei über Petra her. Es war nicht angenehm, daß grade sie in dieselbe Zelle mit der Weihe gekommen war, aber auch das mußte ertragen werden. Das Mädchen würde es auch nicht lange aushalten mit diesem Geschrei und Getobe. Als sie in die Zelle gekommen war, war sie noch schlapp gewesen wie ein nasses Handtuch. Aber jetzt war sie wieder unruhig; immer von neuem drang sie auf Petra ein und hätte sie wohl am liebsten geschlagen. Nur hatte sie nicht mehr soviel Kraft wie früher, Alkohol und Kokain hatten ihr Werk getan, Petra konnte sie sich mit einer Hand vom Leibe halten. Sie antwortete ihr überhaupt nicht, trotzdem schrie die Hühnerweihe immer wilder.

Das war lästig. Unter diesen ständigen Angriffen und diesem Geschrei konnte Petra nicht nachdenken, wie sie gerne getan hätte. Da war die Sache mit Wolfgang: kam er heute noch, kam er überhaupt? Sie wußte ja jetzt, was sie von ihr glaubten, sicher würde man ihm das auf der Wache erzählen – und was würde er nun glauben? Setzte sie sich an seine Stelle, sie wäre um so schneller gekommen, aber bei ihm konnte man es nicht wissen.

Petra sah sich in der Zelle um. Gerne hätte sie die alte, grauhaarige Frau auf dem Bett nach den Besuchszeiten gefragt, aber die Hühnerweihe schrie immer schlimmer. Die andern schien es freilich gar nicht zu stören, nicht einmal zu interessieren. Die beiden braunschwarzen Zigeunerinnen, mit ihren frechen, unruhigen Vogelaugen, hockten beieinander in einer Ecke auf der Matratze und wisperten halblaut mit vielen raschen Fingergebärden, sie sahen niemanden sonst in der Zelle an. Das lange, blasse Mädchen, die das andere untere Bett hatte, war schon unter die Decke gekrochen: man sah nur ihre Schultern, die zuckten. Sie weinte wohl. – Eine kleine Dicke hatte sich auf den Schemel gesetzt und bohrte mit finsterem Gesicht in ihrer Nase herum.

Jetzt sah die grauhaarige Frau, die auf ihrer Bettkante saß, hoch und sagte ärgerlich: »Halt doch endlich deine Fresse, du dummes Aas! – Hau ihr ein paar aufs Maul, Kittchen, daß sie Zähne spuckt!«

Mit der Anrede »Kittchen« war Petra gemeint. Die alte Frau nannte sie wohl darum so, weil sie als einzige der Zellenbewohnerinnen die blaue Gefängniskluft trug. Man hatte sie bei der Einlieferung sofort eingekleidet.

Aber Petra mochte die Hühnerweihe nicht schlagen. Es hatte ja keinen Sinn, sie war vor Gier nach Kokain oder Alkohol von Sinnen. Ein paarmal hatte die Nachtwache schon gegen die Zellentür geklopft und hatte Ruhe geboten. Dann war die Hühnerweihe stets rasch an die Tür gesprungen und hatte gebettelt: »Ach, bitte, gebt mir doch einen Schnaps! Einen einzigen, kleinen! Ihr könnt’s doch, Jungens! Ihr kippt doch auch mal gerne einen! Ach, bitte, gebt mir doch einen, Jungens …«

Doch die Schritte der Nachtwache waren ohne Antwort verhallt, höchstens, daß einer halblaut lachte. Dann hatte die Hühnerweihe einen Wutausbruch bekommen, sie hatte mit den Fäusten gegen die Eisentür getrommelt und hatte den Wärtern Beschimpfungen nachgeschrien.

Aber langsam veränderte sich die Hühnerweihe. Wie die Zeit vorrückte, der Himmel hinter dem Zellenfenster matt und dunkel wurde, das elektrische Licht über der Tür aufflammte, war es immer stärker, als wisse das Mädchen nicht mehr recht, wo es war, was um es war. Wahrscheinlich glaubte sie in der Hölle zu sein. Wie ein Tier rannte sie auf und ab, immer von einer Wand zur andern, blind für die Gefährtinnen. Dabei murmelte sie ununterbrochen halblaut vor sich hin. Plötzlich dann blieb sie stehen und schrie mit hoher, gellender Stimme, wie aus wilden Schmerzen heraus.

Wieder klopften die Wärter, wieder gab ihr Anruf der Gequälten Anlaß zu neuem, herzzerreißendem Betteln, dann wilden Beschimpfungen. Dieses Mal fiel sie hin an der Tür; das Haupt gegen das Eisen der Tür gelehnt, hockte die jämmerlich zerraufte Hühnerweihe da, als lausche sie auf etwas. Sie fing an zu murmeln: »Es läuft«, murmelte sie. »Es krabbelt in meinem Bauch. Oh, so viele Beine! Sie wollen heraus, mein ganzer Leib ist voll von ihnen, und nun wollen sie heraus!«

Mit zitternden Fingern riß sie an ihren Kleidern herum, versuchte, sich den Leib frei zu machen. »Ameisen!« klagte sie. »Rote, durchsichtige Ameisen! Sie laufen in mir. – Oh, gebt Ruhe!« bat sie. »Ich habe ja nichts. Ich kann euch kein Koks geben!«

Sie sprang auf. »Gebt mir Koks!« schrie sie. »Du sollst mir Koks geben, hörst du! Du hast Koks!«

Mit einem schwachen Schrei war die grauhaarige Frau hintenübergesunken; ohne einen Versuch der Gegenwehr lag sie unter der Tobenden, leise wimmernd.

Die Zigeunerinnen auf ihrer Matratze unterbrachen das unverständliche Gewisper und sahen grinsend den Überfall an. Die Schultern des langen Mädchens im Bett hörten zu zucken auf. Langsam wandte sie den Kopf und sah mit ihren angstvollen Augen und der großen, bleichen Nase nach dem Bett gegenüber, jederzeit bereit, sich völlig unter die Bettdecke zu verkriechen. Die dicke Mißmutige auf dem Schemel schalt unmutig: »Ach, gebt doch Ruhe! Wie kann eines nachdenken, wenn ihr soviel Krach macht?!«

Petra war zugesprungen. Leicht war es, das schmächtige, verwüstete Geschöpf rückwärts zu ziehen, von der unter ihr Liegenden fort; unmöglich aber, die klammernde Hand aus den Haaren der Überfallenen zu lösen.

»Wollt ihr Ruhe geben, ihr Weiber!« schimpften die Wärter durch die Tür. »Hat sich bei den Haaren, das Gesindel! Wartet nur, gleich gibt es Kloppe!«

Petra wandte sich um, zur Tür rief sie zornig: »Kommen Sie doch rein! Das Mädchen hat einen Anfall! Helfen Sie uns doch!«

Einen Augenblick war Stille hinter der Tür. Dann sagte eine höfliche Stimme: »Wir dürfen doch nicht, Fräulein. Nach Einschluß dürfen wir in keine Frauenzelle. Sonst heißt es gleich, wir haben was mit euch.«

Und eine andere Stimme: »Wer weiß, ob das nicht bloß ein Trick von euch ist?! Auf so was fallen wir lieber nicht rein.«

Und Petra: »Aber das geht doch nicht so! Sie ist doch schon halb wahnsinnig. Es muß doch eine Wärterin hier im Hause sein. Oder ein Arzt. Bitte, schicken Sie doch einen Arzt.«

»Alle schon weg!« sagte die höfliche Stimme. »Die hätte das bei der Einlieferung sagen müssen. Dann wäre sie auf die Krankenabteilung gekommen. Ihr fünfe werdet mit der einen schon fertig werden.«

Es sah nicht so aus. Die Zigeunerinnen saßen lautlos, die Dicke hockte mißmutig auf ihrem Schemel, die längliche war unter ihre Decke gekrochen – und die alte Frau wimmerte weiter unter dem schmerzenden Klammern der Hühnerweihe.

Eine Weile hatte die Hühnerweihe leise schluchzend neben der alten Frau im Bett gelegen, nun fing sie wieder an zu schreien. Dabei riß sie die Frau ohne Gedanken, aber wild an ihren dünnen Zotteln. Auch die Frau schrie jetzt.

»Sie müssen helfen!« schrie Petra empört und trommelte mit den Füßen gegen die eisenbeschlagene Tür. Es dröhnte. »Oder ich mache solchen Krach, daß das ganze Gefängnis zu schreien anfängt!«

Es war schon fast soweit. Aus vielen Zellen klangen wütende Rufe nach Ruhe. Eine hohe Frauenstimme fing an, die Internationale zu singen.

Die Tür flog auf; uniformiert und bewaffnet, aber auf leisen Filzschuhen, den sachten Schlaf der Gefangenen nicht zu stören, standen zwei Wärter in der Tür.

»Aber rein zu euch gehen wir nicht!« sagte ein großer Blauäugiger mit rotblondem Schnurrbart. »Wir sagen Ihnen, was Sie tun sollen. Sie sind ja ganz vernünftig, Fräulein. – Schnell, los, holen Sie eine Prise Salz aus dem Schränkchen.«

Petra lief, der Wachtmeister befahl: »Du alte Vogelscheuche da auf der Matratze, nimm eine Wolldecke! Kannst auch was tun! Du andere auch!«

Die beiden Zigeunerinnen sprangen auf, grinsend taten sie, was er gesagt.

»Du da, kleine Hübsche auf dem Bett«, rief der Wärter von der Zellenschwelle. »Hoch mit dir jetzt! Nun gibt’s Koks!«

Mit einem Freudenschrei sprang die Hühnerweihe auf, lief taumelnd auf die Wärter zu. »Ihr seid Kerle –!«

Die alte Frau richtete sich ächzend auf, tastete mit vorsichtigen Händen nach ihren Haaren.

»Weg da!« rief der Rotblonde zur Hühnerweihe. »Drei Schritt vom Leibe!« Und nach einem prüfenden Blick: »Ja, die simuliert wirklich nicht. Das ist eine Kokserin wie nur eine.«

Von dem Befehl zurückgescheucht, von dem Versprechen ermuntert und gehorsam gemacht, stand die Hühnerweihe aufmerksam da. Mit hängenden Armen und hündisch erwartungsvollem Blick sah sie die Männer an. Petra, die Zigeunerinnen warteten auch. Nur die Lange, Blasse hatte sich vor den Männerblicken ganz unter die Bettdecke verkrochen, und die Dicke murmelte ärgerlich: »Ach, haut ab mit eurem Quatsch! Laßt eins doch nachdenken!«

»Leg dich lang auf die Erde, du!« befahl der Rotblonde. »Ja, tu’s. Sonst gibt’s keinen Koks.«

Die Kranke zögerte, dann, mit einem leisen, enttäuschten Schrei, legte sie sich auf den Zellenboden.

»Die Arme an den Leib!« befahl der Wärter. »Du, mach keine Geschichten! So, nun rollt sie erst in eine Decke! Fester! Fester!! Ganz fest, so fest ihr könnt! Ach Quatsch, das tut ihr nicht weh! Zeig ihr den Koks, daß sie sich nicht wehrt! – Das Salz mein ich doch, Dumme! Zeig’s ihr, sie glaubt’s schon. – Ja, meine Gute, mein Lamm! Kriegst du gleich, sei nur jetzt erst artig!«

Das Mädchen stöhnte. »O bitte, bitte! Quält mich nicht so! Gebt mir Koks!« flehte sie.

»Nur noch einen Augenblick! Jetzt die andere Decke – nein, entgegengesetzt umgerollt. Dreht sie ruhig um wie ein Paket. Davon geht sie noch lange nicht kaputt. Du da, Dicke auf dem Schemel, nimm den Finger aus der Nase, tu auch was! Hol die beiden Laken aus den oberen Betten – ja doch, meine Gute, gleich ist es soweit! Siehst du nicht, was für ’ne Menge Koks das ist?! Gleich kriegst du deine Prise!«

Nach der Weisung des Wärters wurden die Laken wie Stricke fest um das Paket geschnürt. Willig ließ es sich das Mädchen gefallen. Es wandte den Blick nicht von der Hand, die die Erlösung, das Kokain, das Salz hielt. »Oh, gebt mir doch!« murmelte sie. »Wie könnt ihr so hart sein?! Es ist so schön … Ich halte es nicht mehr aus …«

»So«, sagte der Wärter nach einem prüfenden Blick. »Das wird halten. Na, eigentlich ist es ja überflüssig, sie wird’s doch gleich merken, aber gib ihr immerhin das Salz …«

»Ja, Koks. Bitte, bitte, Koks!« bettelte die Gefesselte.

Zögernd, widerwillig hielt Petra ihr das Salz auf der Handfläche unter die Nase. Und sah, seltsam angefaßt, die Verwandlung in dem Gesicht der Gequälten.

»Näher!« flüsterte die mit unwilligem, ernstem Blick. »Halte es doch unter die Nase!« Sie zog es tief ein. »Oh, das tut gut!«

Ihr scharfes, zerrissenes Gesicht glättete sich, die Lider sanken in der Entspannung fast ganz über die Augen. Wo unter den Wangenknochen nur schwarze Höhlungen gewesen waren, wölbte sich wieder sanftes Fleisch. Die scharfen Falten um den Mund verschwanden, die rissigen, spröden Lippen wölbten sich, sachte ging der Atem …

»Oh, selig –!«

Es ist ja nur Salz! dachte Petra erschüttert. Gemeines Kochsalz – aber sie glaubt daran, und so macht es sie wieder jung! Und in plötzlicher Gedankenverbindung mußte sie an Wolfgang denken, an Wolfgang Pagel, den sie den ganzen Abend, sie wußte es wohl, doch immer erwartet hatte, von Minute zu Minute – wie sahen ihn die andern –? Es ist ja nur Salz!

»Da – jetzt kommt’s«, sagte der Wärter halblaut.

Das Gesicht, nahe unter dem Gesicht der knienden Petra, hatte sich erschreckend gewandelt. Der Mund war eine schwarze, tiefe Höhle, die Augen weit aufgerissen, in Schreck, in Zorn.

»Ihr Hunde! Ihr Schweine!« schrie sie. »Das ist kein Koks! Ihr habt mich betrogen! Oh – oh – oh!!«

Ihr ganzer Körper bäumte sich auf, ihr Kopf fuhr hoch. Dunkelrot, blaurot wurde ihr Gesicht unter der Anstrengung, sich frei zu machen.

»Laßt mich los!« schrie sie. »Ich will es euch zeigen!«

Petra war zurückgesprungen. Solcher Haß, solche Verzweiflung schlugen ihr aus dem eben noch ganz erlösten Gesicht entgegen.

»Keine Bange, Kleine!« sagte der Wärter. »Das hält! Paß auf, du Blaue, du bist noch die Vernünftigste! Laß sie ruhig auf der Erde liegen, mach sie nicht frei, was sie euch auch erzählt. Aber paß auf, daß sie nicht den Kopf auf dem Steinboden zerschlägt, sie ist dazu imstande. Wenn sie zu sehr schreit, leg ihr ein nasses Handtuch auf den Mund, aber sieh zu, daß sie nicht erstickt …«

»Nehmen Sie sie doch raus!« sagte Petra böse. »Ich will das nicht. Ich bin kein Gefangenenwärter! Ich mag Menschen nicht quälen.«

»Sei nicht dumm, kleine Blaue«, sagte der Wärter gleichmütig. »Quälen wir sie denn? Die Sucht quält sie, das Koks quält sie. Haben wir’s ihr angewöhnt –?«

»Sie gehört in ein Krankenhaus!« sagte Petra unwillig.

»Glaubst du, da geben sie ihr Koks?« fragte der Wärter wieder. »Los muß sie davon, hier, überall. Ist sie denn so noch ein Mensch? Guck sie doch an, Kleine!«

Sie sah wirklich kaum noch menschlich aus, ein zitternder, rasender Kopf, jetzt voller Wut und Haß, nun weinend, schon verzweifelt, nun bittend, wie ein Kind bittet, voller Glauben, der Gebetene vermöge alles.

»Ich will sehen, daß ich auf dem Lazarett ein Schlafmittel für sie kriege«, sagte der Rotblonde nachdenklich. »Aber ich weiß nicht, ob einer da ist, der den Schlüssel zum Medikamentenschrank hat. Das sind Zeiten, sage ich dir … Also verlaß dich nicht drauf!«

»Kannst ihr immer noch ein paarmal zwischendurch Salz geben«, mischte sich der andere ein. »Die fällt noch zehnmal drauf rein. Der Mensch ist so. Na, gute Nacht.«

Die Tür fiel zu. Das Schloß knackte laut unter den Schlüsseln. Nun klirrte der Riegel. Petra hockte sich neben die Kranke. Die warf jetzt den Kopf von einer Seite auf die andere, ununterbrochen, mit geschlossenen Augen, immer schneller, immer schneller … »Koks«, flüsterte sie dabei. »Koks! Koks! Gutes Koks …«

Die fällt immer wieder auf Salz rein, wiederholte Petra bei sich trübe. Der Mensch ist so. Und: Recht hat er: der Mensch ist so. – Aber ich möchte nicht mehr so sein. Ich nicht!

Sie sah gegen die Tür. Die Scheibe des Spions blinkte wie ein böses Auge. Wolf kommt nicht mehr, dachte sie entschlossen bei sich. Er hat geglaubt, was die ihm erzählt haben. Ich will nun auch nicht mehr auf ihn warten!

Wolf unter Wölfen
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