Zeitungen, Zeitungen …

Die Leute, sei es in Neu- oder Altlohe, sei es in Berlin, sei es sonstwo im Reiche, hielten sich Zeitungen. Sie lasen in diesen Zeitungen. Mehr Leute hielten sich Zeitungen als in früheren Zeiten, sie sahen nach den Dollarnotierungen. Noch gab es keinen Rundfunk, aus den Zeitungen erfuhren sie die Notierungen, und während sie die Blätter auf der Suche nach diesen Millionenzahlen umschlugen, sprangen ihnen, sie mochten wollen oder nicht, in großen Schlagzeilen die Geschehnisse ins Auge. Viele wollten nichts davon lesen, seit sieben Jahren waren sie mit immer größeren Schlagzeilen genährt worden, sie wollten nichts mehr hören von der Welt. Die Welt brachte nichts Gutes. Wenn es nur irgend anging, wollten sie allein leben für sich. Aber es half ihnen nichts, sie konnten sich nicht lösen, sie waren Kinder ihrer Zeit, die Zeit sickerte in sie hinein.

Es geschah viel in dieser Zeit. In diesen heißen Erntetagen lasen die Leute davon, daß die Regierung Cuno schon wieder wankte, sie sollte dem Wucher Vorschub geleistet, die Lebensmittelknappheit verschuldet haben. An der Ruhr saß noch immer mit schwarzen Regimentern der Franzose, keine Hand arbeitete dort, kein Schornstein rauchte. Das hieß man den passiven Widerstand, und mit neuen Steuern, neuen Abgaben, die der Besitz durch seine Entwertung bezahlen sollte, dachte man diesen Widerstand zu finanzieren. In der Zeit vom 26. Juli bis zum 8. August stieg der Dollarkurs von Siebenhundertsechzigtausend auf vier Millionen achthundertsechzigtausend Mark! Der Reichsbankdiskont wurde von achtzehn auf dreißig Prozent erhöht.

Aber trotz dieses Widerstandes, trotz des Einspruchs von England und Italien, der das Vorgehen Frankreichs für widerrechtlich erklärt, setzt Frankreich seinen Krieg im Frieden fort. Verlegenheiten muß man Deutschland schaffen, erklärt es, sonst zahlt es doch nicht. Diese Verlegenheiten heißen jetzt schon: über hundert Tote, zehn Todesurteile, ein halbes Dutzend lebenslängliche Verurteilungen, Geiselverhaftungen, Bankraub, Vertreibung von hundertzehntausend Menschen von Haus und Hof. Deutschland soll niederbrechen, aber zahlen!

Von diesen Dingen lasen die Leute in den Zeitungen, sie sahen sie nicht, aber sie fühlten sie. Die Dinge gingen hinein in sie, wurden Teil von ihnen, bestimmten Schlaf und Wachen, Traum und Trunk, Essen und Auskommen.

Verzweifelte Lage eines verzweifelten Volkes, verzweifelt handelt jeder einzelne Verzweifelnde.

Wirre, irre Zeit …

Wolf unter Wölfen
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