Aber die Zeitungen …

Aus dem Sommer wurde langsam der Herbst, die gelben Getreideschläge leerten sich, der Schälpflug bräunte die helle Stoppel, die Leute auf dem Lande sagten: »Ja, das hätten wir wieder einmal geschafft!« Sie spuckten in die Hände und mähten das Grummet, manche fingen schon mit den Kartoffeln an!

Ja, es war etwas getan worden, eine gewisse Menge Arbeit war geleistet. Aber schlugen sie dann die Zeitungen auf – selten am übermüden Feierabend, eher noch am Sonntag – und lasen in ihnen: Was war nun draußen geschafft worden? Was hatte man in der Welt für Arbeit geleistet?

Die Leute lasen in den Zeitungen, daß die Regierung Cuno gestürzt worden war. Die Regierung Stresemann tauchte auf, der die Franzosen freundlicher gesinnt sein sollten – aber die Franzosen wurden nicht freundlicher.

Sie lasen davon, daß jetzt sogar in der Reichsdruckerei gestreikt wurde. Nun gab es eine Weile gar kein Geld mehr, nicht einmal das Dreckgeld.

Sie lasen davon, daß ein Krieg anhob, erst noch ein Papierkrieg, zwischen dem Reichswehrminister und dem sächsischen Ministerpräsidenten. Sie lasen auch von einem Kampf der bayerischen Regierung gegen die Reichsregierung.

Sie lasen davon, daß England seinen Widerstand gegen die französische Ruhrbesetzung aufgegeben habe; sie lasen von Separatistendemonstrationen in Aachen, Köln, Wiesbaden, Trier; sie lasen davon, daß das Reich in einer Woche an Unterstützungen für Rhein und Ruhr dreitausendfünfhundert Billionen Mark ausgegeben habe. Dann lasen sie von der Aufgabe des passiven Widerstandes an der Ruhr und am Rhein, der Kampf gegen die widerrechtliche Besetzung durch die Franzosen wurde aufgegeben.

Sie lasen davon, daß der Export aufgehört habe, daß die deutsche Wirtschaft vernichtet sei; sie lasen auch von Kämpfen zwischen Separatisten und Polizei – die Polizisten aber wurden von den Franzosen in die Gefängnisse gesteckt.

In dieser Zeit, in diesen wenigen Erntewochen stieg der Dollar von vier Millionen Mark auf hundertsechzig Millionen!

»Wofür arbeiten wir?« fragten die Leute. »Wofür leben wir?« fragten sie. »Die Welt geht zugrunde, alles zerfällt«, sagten sie. »Laßt uns noch fröhlich sein und unsere Schmach vergessen, ehe wir dahin müssen!«

So sagten sie, dachten sie, handelten sie.

Wolf unter Wölfen
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