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Das Knarren des Schaukelstuhls begleitet sanft meine Gedanken. Um mir Platz zu schaffen, habe ich einen Teil meiner Stofftiere, die sonst hier sitzen, ausquartiert. Ein paar halte ich im Arm, während eine Giraffe, der ein Knopfauge fehlt, auf den Boden gefallen ist.

Am Nachmittag habe ich Edoardo bei den Neuzugängen geholfen. Ich habe mir zwei neue Bücher ausgesucht und die zurückgegeben, die ich schon gelesen habe.

»Hast du sie wirklich gelesen?«, hat er mich erstaunt gefragt.

»Sicher.«

Edoardo konnte es nicht glauben: »Das mögen ja Klassiker von unbestreitbarem Wert sein, aber trotzdem bleiben es ziemlich dicke Wälzer.«

»So was verspeise ich zum Frühstück«, habe ich ihm geantwortet.

Auf dem Federbett erwartet mich Der kleine Prinz. Er streitet sich mit der Kameliendame, weil er zuerst gelesen werden will. Wahrscheinlich werde ich ihm nachgeben. Obwohl mir Edoardo gestanden hat, als ich mir die Kameliendame ausgesucht habe, dass er mit Kamelien das Herz seiner Frau erobert hat.

Ich hebe die Giraffe auf, und mit dem Kopf voller Erinnerungen verlasse ich den Schaukelstuhl. Am Himmel zeigt sich schüchtern das erste Stück Mondsichel. Im Geiste sehe ich Mikaels Augen wieder vor mir. Sie hatten mich einen Moment lang verlassen, aber da sind sie wieder und drängen sich fordernd in meine Gedanken.

Der Duft seiner Haut streichelt meine Nase. Wir stehen wieder da, er und ich, nur einen Atemzug voneinander entfernt, hinter dem purpurroten Vorhang, den der Wind bläht. Mikael geht mir durch und durch, seine bloße Anwesenheit verwirrt mich, bringt meine Sinne durcheinander und füllt mich aus. Er berührt mich, und ich spüre, wie meine Knie weich werden, er sagt etwas, und ich bin im siebten Himmel.

Ich bin nicht mehr ich selbst. Ich bin liebeskrank, so hat es Edoardo heute genannt.

Mikael und seine Geheimnisse. Wie viele Rätsel verbergen sich hinter seiner vollkommenen Fassade?

Als er Vanzi überzeugt hat, meine Verspätung zu entschuldigen, hat der doch glatt gelacht! Tagelang sehe ich ihn nicht, dann taucht er plötzlich auf. Aber wenn es stimmt, dass er mich von Weitem bemerkt hat, hätte ich ihn doch auch sehen müssen! Jemanden wie ihn kann man nicht übersehen, schon weil er immer Schwarz trägt. »Du bist beim Gehen immer so in Gedanken versunken«, hat er mit tiefer Stimme gesagt. Da kann ich ihm nicht widersprechen. Aber das ist ganz allein seine Schuld.

Ich seufze. Draußen regnet es in Strömen. Ich lausche dem Regen, der gegen die Fensterscheibe des Zimmers trommelt.