Des Märzen Idus ist nun da. Ja, Caesar, doch nicht vorbei. Am heutigen Tag kann man daran teilhaben, wie Millionen Briten sich seltsamer benehmen als sonst – vielen ein Verdruß, einschließlich eines Leitartikelschreibers dieser Zeitung. Comic Relief und ihr Red Nose Day rufen in verschiedenen Herzen verschiedene Gefühle hervor. In meinem Herzen wird leichte, flatternde Panik nach und nach durch schreckliche Furcht ersetzt; die Ursache dafür ist, daß ich vor Tagesende noch allerlei Funktionen im Fernsehzentrum der BBC übernehmen muß. Heute abend gegen sieben Uhr muß ich mithelfen, jemanden in eine Wanne aus dampfender, zähflüssiger Schmiere zu kippen, eine Person, für die Hunderttausende von Britanniens Jugendlichen gestimmt haben, als es darum ging, wen sie am liebsten in etwas Grünem und Ekligem herumplanschen sehen wollen. Morgens um eins gibt es dann noch mehr zu tun, von geheimer und furchtbarer Natur. Vor der langen Pause zwischen diesen beiden Veranstaltungen graut mir am meisten. Wie um Himmels willen soll ein Mensch denn sechs bange Stunden verbringen, ohne sich sinnlos zu betrinken? Wahrscheinlich muß ich mich mit einem dicken, erbaulichen Buch und einer Flasche Mineralwasser in meine Garderobe zurückziehen und auf das Beste hoffen.

Aber das sind banale Probleme, und ich sollte mich schämen, Sie damit zu belästigen. Das eigentlich Wichtige an diesem Ereignis ist, daß die Energie, mit der Hunderttausende von Teilnehmern sich komisch aufführen und andere dafür sponsern, es ihnen gleichzutun, Summen in Millionenhöhe zusammenbringt. Vor zwei Jahren brachte der Red Nose Day 26 Millionen Pfund ein. Schon mehren sich die Stimmen, denen zufolge die Existenz solcher Veranstaltungen Regierungen völlig überflüssig machen würde; je länger wir uns auf Wohlfahrtsverbände verließen, desto weniger stellten wir die prekäre Verfassung der Welt in Frage, die zulasse, daß Abermillionen von solcher Wohltätigkeit abhängig werden. Veranstaltungen wie Comic Relief oder Live Aid werden als Heftpflaster beschrieben, unter denen die echten Wunden versteckt werden, um die man sich weltweit kümmern müßte. Das stimmt natürlich, und kaum jemand bezweifelt es. Aber wer von uns ist denn imstande, das Leid der Gegenwart in der Hoffnung auf zukünftige Gerechtigkeit in Kauf zu nehmen? Wenn es jetzt Leid gibt, wollen wir instinktiv jetzt Abhilfe schaffen.

Andere finden das Schauspiel konzessionierten Schabernacks so bemüht und grauslich, daß sie sich am liebsten die vollen vierundzwanzig Stunden lang verstecken würden, aus Angst, ihnen könnte noch ein weiterer herumblödelnder Typ mit roter Pappnase ins Auge springen, der im Namen spontanen Frohsinns gerade in Sahne badet oder im Kopfstand Rollmöpse futtert. So was ist natürlich Geschmackssache. Aber wer jetzt fragt: »Warum streichen wir nicht einfach diesen Tag mit seinen drögen Mätzchen und stellen statt dessen einen großen Scheck aus?«, der hat Sinn und Zweck des Ganzen nicht verstanden. Es wäre herrlich, wenn man den Tag streichen könnte, einfach herrlich: Die BBC würde eine Menge Geld sparen, Kühlergrills würden nicht von rotem Plastik verunziert, zweifellos würde es Millionen erfreuen; aber würde es auch Millionen einbringen? Wenn wir alle regelmäßig Schecks in dieser Größenordnung ausstellten, dann bräuchten wir natürlich keinen Red Nose Day oder ähnliche Veranstaltungen. Dummerweise läuft die Welt aber leider nicht so. Es gibt allein in Britannien Hunderte von Wohlfahrtsorganisationen, die auf solche großen Spendenaktionen angewiesen sind.

Es wäre leicht, jeden, der Comic Relief aus ästhetischen oder politischen Gründen mißbilligt oder ablehnt, als Spielverderber, Geizkragen oder Zyniker abzustempeln; aber das halte ich für ziemlich unfair. Genauso leicht könnte man die Beteiligten als Profiteure von Schuldgefühlen – moralische Erpresser, wenn Sie so wollen –, Angeber oder Einfaltspinsel brandmarken; das wäre genauso unfair. Im Augenblick ist es am wichtigsten, sich klarzumachen, daß es gelaufen ist, daß es zumindest in diesem Jahr ein Fait accompli ist, und daß es überhaupt keinen Sinn hat, das schlechtzumachen. Wenn wir eine ellenlange Diskussion über die Erwünschtheit solcher Veranstaltungen vom Zaun brechen wollen, dann sollten wir damit wenigstens warten, bis die größtmöglichen Summen eingegangen und an die Verbände verteilt worden sind, die darum gebeten haben. Und wenn sich dann der Rauch verzogen hat, finden wir alle womöglich, daß die Tage der gigantischen Fernsehspendenaktionen gezählt sind und daß man auf andere Weisen an Hilfe und Spenden gelangen kann, die jene weniger belästigen, die rote Nasen oder komische Hütchen nicht ausstehen können.

Anders als Weihnachten findet der Red Nose Day nur alle zwei Jahre statt, und auf nur einem von vier per Antenne zu empfangenden Sendern. Viele sonst gesetzte und nüchterne Menschen genießen es geradezu, sich alle Jubeljahre mal als Bananen oder Pandas zu verkleiden, es macht ihnen enormen Spaß, auf einem Faß voller Dillgurken zu steppen oder in wichtigen Geschäftssitzungen so oft wie möglich das Wort »feucht« zu benutzen. Das tun sie mit Begeisterung, Elan und oft mit erstaunlicher Phantasie. Ich kann einfach nicht glauben, daß das so furchtbar schädlich sein soll.

Schluß damit. Beim Blick auf die Uhr sehe ich, daß es Zeit wird, mich ins Fernsehzentrum zu begeben. Wie immer werde ich meine amüsante Hakennase tragen, die sich im Unterschied zur roten Plastikvariante nicht abnehmen läßt.