Befreundete Journalisten haben mir versichert, Kolumnisten dürften einmal in ihrem ganzen Leben eine solche Kolumne schreiben. Hm.

Diese Woche werde ich keinen Artikel schreiben, aus dem einsamen und traurigen Grund, daß mein Gehirn heute außer Betrieb zu sein scheint. Ich lass’ Sie ungern mit leeren Händen dastehen, aber es muß sein. Nichts zu sagen. Jenen Lesern unter Ihnen, die sich noch nie auf wöchentlicher Basis auf den Hosenboden setzen und 850 funkelnde Worte diskursiver Prosa für den herrischen Zuchtmeister von Herausgeber bereithalten mußten, der ein Meister im Umgang mit Knüppel, Stoßrapier, Feldhaubitze und Gefechtssarkasmus ist, muß ich mitteilen, daß das kein laues Lüftchen ist. Ein laues Lüftchen ist eines der Dinge, die das ganz definitiv nie ist. Mag sein, daß Sie das so wenig kratzt wie das Rülpsen eines Busfahrers, was das nun ist oder nicht. »Es kann ein Lüftchen sein«, so denken Sie bei sich, »oder es kann ein Hurrikan sein. Von welchem erdenklichen Interesse ist das für uns? Wir zahlen gutes Geld für diese Worte, und es ist mir so wurscht wie einem Vegetarier, wie schmerzhaft ihr Gebären ist.« Sie haben wahrscheinlich recht, verdammt noch mal; Sie sind ein harter Brocken, aber Sie haben ins Schwarze getroffen. Schließlich wäre ich ja auch äußerst erstaunt, wenn ich mir grade eine Packung Abbey-Crunch-Kekse reinpfiffe, plötzlich Mr McVitie auf der Schwelle stünde und mir eine gute Viertelstunde lang die Ohren abkaute, wie hart die zu backen seien, welche Qualen der Komposition das Rezept ihm bereitet habe und wie wenig man seine Armee talentierter Plätzchenbäcker zu würdigen wisse. Wenn ich also moralisch, wenn auch nicht vertraglich, dazu verpflichtet bin, Ihnen 850 zu verpassen, ob Sie die wollen oder nicht, und wenn ich schon die Frechheit besitze, Sie vollzulabern, dann kann ich Sie auch über das schmerzliche Thema volllabern, wie schwer es ist, Themen zum Labern zu finden.

Mein »Skript«, wie wir Kritzler das nennen, wird für die Korrektur üblicherweise spätestens Donnerstagmorgen erwartet. Ich schreibe Ihnen jetzt am Mittwochabend mit einem Gehirn, das leerer ist als die Blase eines Kamels. Meistens ziehe ich mein Schleppnetz durch die Tageszeitungen, auf der Suche nach Stoff, der mich auf die Palme bringt. Wie oft hat Kenneth Baker diese Woche die Worte »Normen« und »Werte« verwendet, und wie oft in einer Bedeutung, die englischen Muttersprachlern verständlich ist? Hat Paul Johnson die Welt wieder einmal mit der glänzenden Liebe seiner Visionen, seiner Tiefe, Erkenntnis und Humanität geblendet? Hat die Regierung etwas ausbaldowert? Es klingt ein wenig hochtrabend, als wäre ich eine wachhabende Patrouille, die die Tore der Schicklichkeit hütet, aber irgendwo muß ich ja anfangen. Heute habe ich eine Niete gezogen. Weder im Druck noch auf den Fernsehbildschirmen scheint mich irgend etwas verärgert zu haben. Der einzige wirklich bemerkenswerte Vorfall war ein Leserbrief, den Anne Robinson in Points of View vorlas, der mit »bis die Tage« endete, was mir einen Schauder durch die Därme jagte und grüne und rote Punkte vor den Augen flimmern ließ, aber das ging schnell vorbei. Vielleicht kann etwas aus meinem Privatleben in eine gehaltvolle 850-Wort-Parabel verwandelt werden, die zu amüsieren, erleuchten und unterhalten weiß? Heute morgen setzte ein Lieferwagen auf mein Auto zurück und zerdrückte es wie eine Eierschale. Um 15.24 habe ich mir am Tisch das Schienbein gestoßen, und um 19.50 ist mir eine Kartoffel hinter die Spüle gefallen, wo sie vermutlich bis an der Welt Ende verbleiben wird. John Donne hätte aus dieser kleinen Kataklysmenliste vermutlich ein echt starkes Sonett zusammengeschustert, das die Regierung gestürzt und das Tausendjährige Reich Jesu Christi hereingewinkt hätte, aber ich bin dazu nicht in der Lage.

Wenn die Zeitungen darin versagen, mir ordentlichen Stoff feilzubieten, wird es höchste Zeit, große Gedanken wälzend wie ein Tiger im Käfig durch den Raum zu laufen oder die Straße auf einer Briefeinwurfsmission hinabzuspazieren, um den Kopf frei zu kriegen. Letzteres funktioniert ziemlich oft, eigentlich erstaunlich, da der freie Kopf am Anfang ja das Problem war. Aber heute nichts: rien, zilch, süßes nada beknackt-behumst Zerosville Idaho. Tennisspieler haben Ellenbogen, Hausmädchen Bandscheiben, Schriftsteller bloß Blöcke. Ich muß annehmen, daß ich nicht der einzige bin, sonst wäre das Leben unerträglich. Wahrscheinlich bricht irgendwann der Tag an, der Roger Woddis bar jeglicher Idee sieht – ich schätze mich glücklich, daß ich noch keine Hinweise in dieser Richtung gesehen habe, aber irgendwann muß er anbrechen. Hat Bernard Levin sieben Schubladen, die er in weiser Voraussicht während der fetten Jahre gefüllt hat, auf daß die Leserschaft der ›Times‹ in den mageren etwas zu beißen habe? Wer weiß das schon?

Nun, mein langes Tagwerk ist vollbracht, und ich umfange die Nacht, wie Kleopatra fast gesagt hat. Achthundertfünfzig Worte leerer Logorrhöe. Ich hoffe bloß, Sie kommen sich nicht geleimt vor. Mich darf ich mit dem Wissen beruhigen, daß ich, solange Douglas Hurd seine abscheuerregende Verbrechensbekämpfungsnovelle noch nicht durchs Parlament gebracht hat, schweigen darf, ohne daß Sie dieses Schweigen gegen mich verwenden dürften.

Ich habe nichts zu sagen, und das habe ich gesagt.