Wenn die folgenden Worte Ihnen als die sinnentleerten Ausschweifungen eines tragisch zerrütteten Geistes vorkommen, dann muß ich mich entschuldigen. Ich habe soeben einen äußerst heftigen Schlag auf den Kopf erhalten, und möglicherweise hat mich eine Gehirnerschütterung verwirrt.

Für Menschen meiner Größe ist es nicht ungewöhnlich, mit dem Schädel gegen Türsturze, Balken und andere hervorstehende Simse zu knallen. Sobald nach einem solchen Vorfall das Fluchen und der rasende Zorn nachgelassen haben, betaste ich meist behutsam die betroffene Region meines Craniums und hake eine Art Checkliste ab, um zu prüfen, inwiefern mein Verstand durch den Schock in Mitleidenschaft gezogen worden ist, den seine Behausung erfahren hat.

Als erstes frage ich mich, wieviel zwei und zwei wohl ergeben mag. Wenn ich nicht bei der Antwort »gelb« oder »Richelieu« lande, mache ich mit meinem Namen, Alter und meiner Faxnummer weiter. Wenn ich mir über diese Punkte zufriedenstellend Auskunft erteilen kann, drehe ich das Aufgabenblatt gewissermaßen um und befrage mich gewissenhaft, wann die Magna Charta unterzeichnet wurde, wie die Hauptstadt von Uruguay heißt und welche Währung man in Bulgarien benutzt. Danach wende ich mich schwierigeren Fragen zu, ob es einen Gott gibt beispielsweise, warum Männer Brustwarzen haben und wofür Geoffrey Wheatcroft wohl dasein mag. Solche Probleme sind in normaler geistiger Verfassung unlösbar, aber es besteht ja die Möglichkeit, daß ein Schlag auf den Kopf Verbesserungen mit sich bringt, die zuvor versagte Einsichten eröffnen.

Das Ganze ist natürlich eine groteske und unlogische Reaktion. Falls ich durch einen schweren Schlag den Verstand verloren haben sollte, woher sollte ich dann wissen, welche Fragen ich mir stellen muß? Oder woher wüßte ich, ob ich richtig oder falsch geantwortet habe?

Nach einem Unfall besteht der sicherste Test, ob man sich die Birne aufgeweicht oder sonstwie verdorben hat, meines Erachtens in der Frage, ob man Lust hat, jemanden oder etwas zu verklagen. Ich habe mir den Kopf in einem völlig respektablen Hotel in Cambridge angeschlagen. Der Schlag tat so weh, daß ich mich unverzüglich hinsetzte. Vielleicht habe ich sogar einige Sekunden lang das Bewußtsein verloren.

Während ich so dasaß, mir die Medulla oblongata massierte und in meine Checkliste einstieg, sah ich mich jäh von einer wogenden Savanne graugestreifter Hosen und teilnahmsvoller Mienen umgeben. Das Hotelpersonal hatte den Vorfall mitbekommen und begann mit dem komplexen Geschäft des Entschuldigens. Das Hotel gehört – wie heutzutage fast jedes britische Hotel – zu einer Kette, und ich wage zu behaupten, daß es strenge Vorschriften zum Umgang mit Gästen gibt, denen auf dem Firmengelände etwas zugestoßen ist. Regeln, die mehr damit zu tun haben, niemals irgendwelche Verantwortung einzugestehen, als von Herzen Mitleid, Bedauern oder Anteilnahme zu bekunden. Dasselbe wird Handlungsreisenden beigebracht, die viel mit dem Auto unterwegs sind. Egal wie es zu einem Unfall gekommen sein mag, sag dem oder den anderen Beteiligten hinterher unter gar keinen Umständen »Tut mir leid«. Wer sich entschuldigt, gesteht Mitschuld ein. Ich finde das ausgesprochen abstoßend und ekelerregend. Die meisten Briten würden sich selbst bei einem Garderobenständer entschuldigen, wenn sie mit ihm zusammenstießen, von einem Mitmenschen ganz zu schweigen. Man würde wahrhaftig lieber hören, wie ein Hotelmanager sagt: »Tut mir wirklich leid« und sehen, wie er zu dem Balken geht, an dem der Gast sich gestoßen hat, und ihm mit den Worten: »Du böser, böser Balken, du« eine langt, als seine schmierige Frage: »Ja, haben Sie denn das große, gutbeleuchtete Schild mit den Worten ›Vorsicht, Balken‹ nicht gesehen, das an dem Balken hängt, Sir?«

Natürlich hing dieses Schild da, und natürlich war die ganze Angelegenheit im Grunde meine Schuld. Wenn man eins dreiundneunzig groß ist, unbeholfen und gelegentlich geistesabwesend, dann stößt man im Leben nun einmal mit Sachen zusammen. Wenn es dann passiert ist, möchte man doch bloß ein klitzekleines bißchen Mitleid und bloß den winzigen Funken eines Jotas eines Hauchs eines Schattens einer Spur eines Anflugs von Mitgefühl. Wenn das ausbleibt, dann wächst der Zorn direkt proportional mit der Beule am Dez, und es flitzen einem Gedanken, merkwürdige, ganz unenglische Gedanken an Zivilprozesse und Rechtsstreitigkeiten durch den Kopf. Gerade die Sorgfalt und ölige Flinkheit, mit der jegliche Haftung abgestritten wird, bringen einen dazu, sie mit aller Gewalt erzwingen zu wollen.

Wenn man Glück, ein ausgewogenes Urteil und ein bis zwei Fingerbreit guten Islaymalts hat, wird die Vernunft ihren Thron wieder einnehmen. Es gibt eine Art absurd umgedrehten Catch 22, demzufolge jeder, der nach einer solchen Lappalie ernsthaft ein Hotel oder eine Firma verklagt, so übergeschnappt ist, daß er allen Grund dazu hat.

»Euer Ehren, demonstriert nicht allein die Tatsache, daß mein Mandant etwas so Groteskes wie diese Klage überhaupt anstrengen konnte, wie schwer ihn dieser Unfall geschädigt hat?«

Beweis erbracht, ipso facto.

Zum Glück ist mein Verstand jedoch ohne jeden Kratzer geblieben, und ich verfüge noch über all meine Fähigkeiten.

Jetzt muß ich Sie aber verlassen, mir beim Zimmerservice eine schmackhafte Nudelsuppe bestellen und die wunderbare Sendung Fernsehsüchtig einschalten. Gute Nacht, mein Volk. Das nächste Jahr sieht euern Kaiser in Moskau. Bedient euch bei den Weingummis.