Ich weiß nicht, was in letzter Zeit mit mir geschehen ist – vielleicht eine Änderung im Hormonhaushalt –, aber es besteht kein Zweifel daran, daß ich mich im Lauf der letzten Monate bedeutend gewandelt habe. Ich bin ein anderer Mann geworden. Vielleicht ist die Jungfrau wieder einmal im fünften Haus von links aufgegangen, den Kiosk nicht mitgezählt. Die männlichen Wechseljahre können es wohl kaum sein, ich bin noch nicht mal 31, und meine Midlifecrisis auch nicht, die hatte ich mit 27. Nun, lassen Sie mich die Fakten loswerden und urteilen Sie selbst. Es gibt drei Hauptveränderungen, drei Zwerchfellhickser meines Lebens, auf die ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte.

Ad primum: Mitte oder gegen Mitte Februar dieses Jahres habe ich begonnen, Lederjacken zu tragen. Das ist doch kein Verbrechen, denken Sie vielleicht. Wenn ich Ihnen aber sage, daß ich Anfang Februar dieses Jahres hoch und heilig versichert hätte, daß ich in einem solchen Ding nicht mal tot überm Zaun hängen wollte, gibt Ihnen das vielleicht zu denken. Seit dem ersten Japser meiner Synapsen habe ich mich nie als jemanden betrachtet, der auch nur im entferntesten dem Simulakrum eines Gedankens eines Schattens einer Annäherung eines Hauchs eines Argwohns von Lederjackentyp ähneln könnte. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich hatte nie etwas gegen diese Personen, aber Golden-Bear-Bomberjacken aus aufgerauhtem Ziegenleder oder Harringtons aus geschmeidigem Kalbsleder waren einfach nichts für mich. Ich war ein Typ für Mr Dunn & Co, der kaum an Simpsons am Piccadilly vorbeigehen konnte, ohne daß ein Herrenausstatter herausgesprintet kam und mich als Mannequin engagieren wollte. Tweed und Kord und feste Wanderschuhe waren genau das richtige, und wenn sie »Balmoral« oder »Blenheim dornendicht« hießen, um so besser. Aber plötzlich sind’s Chinos, Bass-Weejun-Mokassins und knarzende Lederjacken. Komisch.

Ad secundum: Ende Februar dieses Jahres schritt ich in ein Geschäft in der Euston Road und kam nach einer halben Stunde auf einem Motorrad wieder heraus. Erneut erscheint Ihnen das wahrscheinlich nicht mal fesselnd genug für eine Folge Twilight Zone, aber wieder muß ich beteuern, nichts hätte mir vierzehn Tage vorher ferner gelegen. Autos liebe ich, kann gar nicht genug davon kriegen, aber Motorräder? Vor jenem Nachmittag hatte ich noch nie im Leben die Beine über einem gespreizt, und da ruckelte ich jetzt aus dem Laden und auf eine der verkehrsreichsten Straßen Europas, während die Verkäufer den Atem anhielten. Jetzt, wo ich weiß, was ich jetzt weiß, hätte ich so etwas Törichtes nie getan, aber ich wüßte ja auch nicht, was ich jetzt weiß, hätte ich’s nicht getan. Was Hardy eine der kleinen Ironien des Lebens genannt hätte. Jene Art kleine Ironie, die dazu führen kann, daß man mit dem Löffel von der Straße gekratzt wird. Mein Vetter war mal Unfallarzt in Manhattan und hat mir erzählt, seine Kollegen und er hätten einen zweisilbigen Spitznamen für Motorradfahrer: Spender. Gruslig, was?

Die Scharfsinnigeren unter Ihnen werden annehmen, es gäbe eine Verbindung zwischen dem Doppelerwerb von Lederjacke und Motorrad. Vielleicht haben Sie recht, aber dann war es völlig unbewußt, denn als ich die Jacke erwarb, hatte ich keine Ahnung, daß ich in Kürze ein Motorrad kaufen würde, und erst als ich schon in dessen Sattel saß, ging mir auf, daß es prima war, eine Lederjacke zu tragen, denn die »Blenheim« mag ja noch so dornendicht sein, sie ist weit weniger bei-50-Stundenkilometer-über-rauhen-Asphalt-schlitterfest als gutes Leder.

Ad tertium: Mitte April dieses Jahres kaufte ich in einer Drogerie ein Fläschchen After-shave und ein Fläschchen Eau de Cologne. Wieder kaum geeignetes Material für Ripley, aber von allen drei Erfahrungen kommt mir diese immer noch am unheimlichsten vor. Ich meine, Aftershave? Ich? Eher hätte ich mir vorstellen können, wie ich mir Schweineharn an die Wangen klatsche als Le Vétiver de Paul Guerlain.

So, das war’s also. Wie ein Pubertierender harre ich Ihres Urteils mit der Frage: Was geht in mir vor? Was bedeuten diese Veränderungen?

Die Antwort lautet vermutlich Angst oder mangelndes Selbstvertrauen. In meiner Jugend lief ich herum und sah so alt und tweedy aus, wie ich konnte, weil ich mit meinem Jungsein nicht glücklich war, und jetzt, wo ich mürrisch auf mein Grab zukrieche, benehme und kleide ich mich wie ein Teenager aus Romford. Gut, damit kann ich leben. Aber da ich eine gute Ausbildung und alle Vorteile einer ordentlichen Erziehung genossen und im Leben Glück gehabt habe, muß ich mich doch fragen: Welchen Zugang zu allgemeingültigen Wahrheiten haben Romforder Teenager, der mir verwehrt ist und ihnen erlaubt, sich jung zu geben, wenn sie jung sind, und die Kindereien auf den Speicher zu packen, wenn sie das Mannesalter erreichen? Wo erlange ich dieses Geheimnis, steht es im Next Directory, ist es in Nilgrün erhältlich und kann ich es per Nachnahme kriegen? Denn wenn ich in diesem Tempo weitermache, werden meine Freunde in zehn Jahren – die, die ich dann habe – sich an den Anblick gewöhnen müssen, wie ich im Matrosenanzug auf einem Dreirad die Straße hinabeiere.

Aber im Moment kann man immerhin sagen, daß ich gut rieche.