Glossar

Benchmarking: Es bedeutet Maßstäbe setzen, sich an den Besten orientieren und deren Erfolgsrezept kopieren. Nach diesem Prinzip baute Mohn sein Unternehmen auf. Die Stiftung setzt das durch Vergleiche um, ob von Hochschulfächern oder Bibliotheken. Sie misst den Schuldenstand der Kommunen, vergleicht die Standortpolitik der Bundesländer und weltweit den Stand der Demokratie.

 

Betriebsvergleich: Mohn verordnete der Gesellschaft mit seiner Stiftung Wettbewerb und sagte: »Der Betriebsvergleich hat sich in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen von Industrie und öffentlicher Verwaltung als hilfreiches Instrument auf dem Weg zu mehr Kundenorientierung, mehr Effizienz und transparenter Führung bewährt.«

 

Bürgerstiftung: Gemeinschaftsstiftungen vieler Bürgerinnen und Bürger, die in ihrer Stadt oder ihrem Landkreis Kultur, Jugend, Bildung, Umwelt und Soziales fördern. Reinhard Mohn und Christian Pfeiffer gründeten 1996 und 1997 die ersten Bürgerstiftungen in Gütersloh und Hannover. Eine Dominanz einzelner Stifter, Parteien, Unternehmen wird abgelehnt. Im Juni 2009 erfüllten mehr als 250 Bürgerstiftungen diese Kriterien, ihr Gesamtvermögen lag bei 120 Millionen Euro.

 

Carl Bertelsmann-Preis: Der Preis ist nach dem Gründer (1791 – 1850) des Unternehmens benannt. Die Stiftung zeichnet damit seit 1988 wegweisende Modelle in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aus. Die Vergabe folgt dem Prinzip des »Blicks über den Zaun«. Ihr liegt Mohns Überzeugung zugrunde, dass es für viele gesellschaftliche Probleme andernorts bereits Lösungen gibt. Die Recherche durch Mit-arbeiter und Gutachter läuft weltweit. Die Preisträger erhalten 150 000 Euro. Im Jahr 2010 wurde die Auszeichnung in Reinhard Mohn-Preis umbenannt.

 

CHE: Das Centrum für Hochschulentwicklung wurde von der Bertelsmann Stiftung 1994 – gemeinsam mit der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) – als gemeinnützige GmbH gegründet. Sitz ist Gütersloh. Kommerzielle Beratung ist an CHE Consult ausgelagert. Zwei weitere, jahrelang von der Stiftung finanzierte Institute, das Centrum für Angewandte Politik in München (CAP) und das Centrum für Krankenhausmanagement in Münster (CKM), arbeiten inzwischen vollkommen eigenständig.

 

Dezentrale Führung, Delegieren von Verantwortung: Reinhard Mohn baute nach diesem Prinzip seinen Konzern auf. Sein Modell des Großverlags setzt darauf, dass nicht der Eigentümer, sondern die einzelnen Verlagsleiter und Chefredakteure die Inhalte bestimmen. Die Übertragung von Verantwortung sollte Mitarbeiter motivieren und ihnen Freiraum zur Kreativität geben.

 

Doppelstiftung: Nahezu sämtliche unternehmensnahen Stiftungen funktionieren nach diesem Prinzip. Dabei wird das Kapital in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht, die Stimmrechte liegen in einer privatnützigen Stiftung oder – wie bei Bertelsmann – in einer GmbH, die das Unternehmen führt.

 

Erbschaftsteuer: »Die dominierende Zielsetzung«, die 1977 zur Gründung der Bertelsmann Stiftung führte, war laut Reinhard Mohn »die Sicherung der Unternehmenskontinuität«. Indem die Stiftung das Kapitalvermögen übernimmt, sollte sie »die dann nicht mehr durch Erbschaftsteuer belastete Finanzierungskontinuität gewährleisten«, wie Mohn 1986 in seinem Buch Erfolg durch Partnerschaft schrieb. Die Stiftung sollte verhindern, dass die Erben einen Teil des Unternehmens verkaufen müssen.

 

Familienstiftung: Im Gegensatz zu gemeinnützigen Stiftungen sind Familienstiftungen privatnützig und deshalb nicht steuerbefreit. Neue Regelungen bei der Befreiung von Erbschaftsteuer, die auch durch Familienstiftungen möglich sind, führen dazu, dass Wirtschaftsprüfer und Stiftungsexperten einen Zuwachs der Neugründungen vorhersagen.

 

Gemeinnützige Stiftung: 2009 gab es in Deutschland 17 372 Stiftungen bürgerlichen Rechts (im Unterschied zu den kirchlichen Stiftungen). Rund 95 Prozent davon sind gemeinnützig und deshalb steuerbefreit. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen schätzt ihr Vermögen auf rund 100 Milliarden Euro. Diese Angabe dürfte allerdings deutlich unter dem wahren Wert liegen. Große Zuwächse verzeichnen Bürgerstiftungen und unternehmensnahe Stiftungen.

 

Mohn-Sprache. Reinhard Mohns Sprache ist geprägt von abstrakten Begriffen wie Führungstechnik, Evolutionsfähigkeit, Ordnungssysteme, Systemfortschreibung, Leistungsbeitrag. Sie offenbart den verhinderten Ingenieur und orientiert sich an seinem Glauben, dass alles mess- und damit vergleichbar sei. Das Wort »Unternehmenskultur« benutzte Mohn, als sei dieser Begriff seine Erfindung und als gäbe es nur eine einzige Unternehmenskultur, nämlich die von Bertelsmann.

 

Operative Stiftung: Die Besonderheit der Bertelsmann Stiftung besteht darin, dass sie nicht Institutionen fördert, sondern eigene Institute gründet und ausschließlich eigene Projekte und Reformvorhaben verfolgt. Dazu kooperiert sie auch mit anderen Stiftungen. Vorteil: Sie kann viel Zeit und Geld auf die Umsetzung ihrer Projekte verwenden. Nachteil: Personal- und Verwaltungskosten liegen weit über den Kosten einer Stiftung, die Projekte anderer Organisationen fördert. Seit 1977 hat die Bertelsmann Stiftung rund 750 Projekte umgesetzt (derzeit laufen 60).

 

PPP – Public Private Partnership: Gemeinschaftliche Unternehmen von öffentlicher und privater Hand. Politiker und Behörden erwarten sich dadurch mehr Effizienz, allerdings ist das Recht der Öffentlichkeit auf Auskunft, Einsicht und Transparenz meist eingeschränkt.

 

Stifterfrühling, Stiftungsboom: Bezeichnung aus der Politik und Stiftungslobby, die den Erfolg von Reformen zur Erleichterung von Stiftungsgründungen beschreiben soll. Von 1949 bis 1960 wurden jährlich nur rund 20 Stiftungen gegründet; zwischen 1960 und 1977 stieg die Zahl auf 20 bis 40 und zwischen 1979 und 1981 auf 40 bis 60. Ab 1993 lag sie bei 300 jährlich. 2009 wurden 914 Stiftungen errichtet; 2007 und 2008 waren es sogar 1134 und 1020.

 

Stiftungsaufsicht: Stiftungen werden von der Bezirksregierung und dem Finanzamt geprüft. Die Öffentlichkeit hat dagegen kein Recht auf Einsicht. Stiftungen sind im Stiftungsgesetz von NRW vom Informationsfreiheitsgesetz ausgenommen. Damit sollen die Interessen der Stifter geschützt werden. Das Archiv der Bertelsmann Stiftung ist nicht öffentlich.

 

Stiftungsreform: Seit 1997 viel diskutiert, aber der große Wurf steht noch immer aus. Ziel war es, die Gründung einer Stiftung zu erleichtern und Bürger durch Steuererleichterungen zum Spenden zu animieren. Im Gegenzug sollten Stiftungen transparenter werden und der Öffentlichkeit ihre Arbeit und Finanzen offenlegen. Auf mehr Transparenz wartet die Öffentlichkeit bis heute.

 

Unternehmensstiftung (auch unternehmensverbundene oder unter nehmensnahe Stiftung): Unternehmen gründen Stiftungen oder sind im Besitz von Stiftungen. Deren Zahl betrug 2 007 rund 1 500, wobei rund 40 Prozent in den letzten zehn Jahren errichtet wurden. In 25 Jahren hat sich ihre Zahl vervierfacht. Sie führen die Unternehmen nicht direkt (sonst würden sie den Status der Gemeinnützigkeit verlieren), sondern über komplizierte Doppelstiftungskonstruktionen. Das Wohl des Unternehmens steht in der Regel an erster Stelle.
Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik
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