Liz Mohn berät Roman Herzog
Zwischen Bundespräsident Roman Herzog und der Vertreterin der Familie Mohn, Liz Mohn, hat sich über die Jahre ein vertrautes, über reine Formalien hinausgehendes Verhältnis gebildet. Sie haben sich kennen gelernt, als er noch Richter am Bundesverfassungsgericht war und eines Abends nach einer Konferenz Gast in ihrem Haus war. Sie waren Tischnachbarn – »wir verstanden uns sehr gut«, schreibt sie, »in vielen Themen stimmten wir überein, zum Beispiel wie wichtig ehrenamtliches Engagement oder auch die Tätigkeit von Stiftungen für unsere Gesellschaft ist«.
Liz Mohn bezeichnet den Kontakt zwischen ihr und dem Ehepaar Herzog in ihrer Biografie Liebe öffnet Herzen als freundschaftlich. Einmal spricht sie davon, »wie wichtig die Einnahme von Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen für Menschen ist, die hohen Belastungen ausgesetzt sind. Ich legte Roman Herzog dies dringend ans Herz. Später sagte seine Frau mir, sie selbst hätte ihren Mann bisher nicht dazu bewegen können, regelmäßig Vitamine und Mikronährstoffe einzunehmen; doch mir war es offensichtlich gelungen, ihn zu überzeugen«. Herzog scherzte: »Jeden Morgen denke ich an Sie, Frau Mohn.«
Als Liz Mohn 1996 in Leipzig den Charity-Bambi der Bunten des Burda-Verlags verliehen bekommen sollte, wollte sie in der firmeneigenen Maschine von München zur Verleihung nach Leipzig fliegen. Aber der Flieger hatte einen technischen Defekt und konnte nicht starten. Zum Glück machte sich nebenan auf dem Rollfeld gerade eine Maschine der Bundeswehr-Flugbereitschaft bereit. Es war die Maschine, die den Bundespräsidenten und seine Frau nach Leipzig bringen sollte. Warum? Damit Frau Herzog bei der Bambi-Verleihung die Laudatio auf Liz Mohn halte, wie diese in ihrem Buch schildert. Die Herzogs waren als Überraschungsgäste zur Verleihung eingeladen, wie der Focus berichtete. Die Botschaft der beiden Anekdoten: Liz Mohn berät den Bundespräsidenten und sie ist dabei erfolgreich. Und ihr ehrenamtliches Engagement für ihre Stiftung ist so bedeutsam, dass der Bundespräsident mit seiner Frau eigens zu ihrer Auszeichnung fliegt, um die Laudatio zu halten. Man spürt beim Lesen dieser Zeilen, wie Liz Mohn dies als höchste Ehre und Bestätigung empfindet und vermutlich würde es vielen anderen ähnlich gehen.
Dass die Verbindung zwischen Mohn und Herzog offenbar über formale Freundlichkeit hinausgeht, wurde deutlich, als die Queen den Bundespräsidenten 1998 zum Staatsbesuch nach England einlud. Herzog durfte neben seiner Frau zwei Personen aus Deutschland mitnehmen. Herzog bat Liz Mohn, ihn und seine Frau als Repräsentantin des international agierenden Medienhauses Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung zu begleiten. In London wurde Liz Mohn in einer Kutsche nach Windsor gefahren und erlebte »die neugierigen und begeisterten Massen am Straßenrand, die uns zuwinkten«. Sie übernachtete in einem der 680 Räume im größten bewohnten Schloss der Welt und sie erinnert sich: »Es war ein großes Erlebnis für mich, im Haus der Queen zu wohnen.«16 Die Queen verlieh ihr den Royal Victorian Order, wie sie schreibt. Bei Tisch saß sie der Queen, Queen Mum und Prinzessin Margret gegenüber, Prinz Andrew fungierte als Tischherr und auch Prinz Charles hatte seinen Platz unweit.
Was den Bundespräsidenten betrifft, so fand sich Liz Mohn erneut in der Rolle der kundigen Beraterin. Bei einem der Empfänge war Herzog irritiert wegen der vielen Protokollregeln und sagte zu ihr: »Ich weiß gar nicht, wann ich den Zylinder abnehmen und wann ich ihn aufsetzen muss.« Darauf sie: »Ach, Herr Bundespräsident, achten Sie doch nur auf Prinz Phillipp – wie er es macht, machen Sie es auch.« Das Bild, das Liz Mohn von ihrer Bekanntschaft zu Herzog zeichnet, festigt sich zum Rollenbild: Der beratungsbedürftige Präsident Roman Herzog und die kundige Liz Mohn, die immer Rat weiß. Dies sind die Rollen, die beide auch in Politik und Gesellschaft einnehmen. Hier der Bundespräsident, der Reformen anmahnt, und dort die Stiftung, die sie uneigennützig erarbeitet und der Politik ohne Gegenleistung anbietet.