7. Dem Bürger stets zu Diensten? Die Privatisierung der öffentlichen Verwaltung
Ein wichtiges Thema der Stiftung ist es, die Effizenz von Verwaltungen zu messen. Eigentlich eine gute Sache, die Vergleiche sollen Verwaltungen bürgerfreundlicher machen. So hat die Stiftung 1998 gemessen, wie viel Zeit Ämter für eine bestimmte Aufgabe benötigen. Wie lange dauert es, einen Ausweis auszustellen oder um einen Bürger umzumelden? Wie viel Zeit wird für Auskünfte verwendet? Die Stiftung registrierte das alles und erhielt auf diese Weise viele Daten und Einblicke in das Funktionieren deutscher Kommunalverwaltungen. Und sie erstellte Studien. Im Jahr 2000 zeigte sie beispielsweise: Wer in Finnland einen Bauantrag stellt, kann davon ausgehen, dass er innerhalb von 21 Tagen beschieden wird.
Die Stiftung bietet auch Konzepte an, wie man die Effizienz verbessern kann. Nein, das ist falsch: Nicht die Stiftung bietet dies an, sondern das Unternehmen. Und das ist der heikle Punkt: Das Unternehmen Bertelsmann bietet diese Dienstleistung Kommunen an und macht daraus ein Geschäft. Lassen sich aber die Konzeption und die Umsetzung wirklich so genau trennen, wie es Stiftung und Unternehmen behaupten? Und selbst wenn das gelingen sollte, ergeben dann nicht das Zusammenspiel und die Aufgabenteilung zwischen AG und Stiftung trotzdem einen Interessenkonflikt? Kommt die mit dem Erlass von Steuergeldern finanzierte Arbeit der Stiftung in erster Linie dem profitorientierten Unternehmen zugute? Darf das sein? Wo endet die gemeinnützige Beratung und wo beginnt die kommerzielle Umsetzung? Und inwiefern kommen der AG die Daten und Erkenntnisse zugute, die die Stiftung in vielen Jahren über die Effizienz von Behörden gewonnen hat?
Die Vermengung kommerzieller und gemeinnütziger Interessen wird in wenigen Bereichen so deutlich wie bei der Beratung und Privatisierung kommunaler Verwaltungen. Ausgerechnet die Arbeit, die Mohn stets als eine der wichtigsten gemeinnützigen Aufgaben der Stiftung verstand und so die Existenz der Stiftung rechtfertigte, wirft also viele grundsätzliche Fragen nach dem Selbstverständnis und der Arbeitsweise der Stiftung auf.