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»Der Neugruber hatte keine Killerspiele auf seinem PC, Chef«, sagte Yoo Lim ungehalten. »Wir haben seine Kiste geröntgt. Da war nichts. Nur Spider Solitär. Das ist nicht verboten. Und brutal sowieso nicht. Nur öde.«

»Fahndung nach Siegmar Hallhuber läuft«, verkündete die Katzenbacherin. »Bislang nichts Neues. Aber irgendwann taucht jeder auf.«

Leitner stöhnte leise. Die Katzenbacherin besaß das Gemüt einer Hebamme, die kraft Erfahrung wusste, dass jeder Säugling irgendwann zur Welt kam.

»Habt ihr die Handydaten durchgecheckt?«, fragte er.

»He, Chef, ein englisches Wort aus deinem Mund?« Yoo Lim lachte frech.

»Was gefunden?«

»Etliche Gespräche mit ihrer Großmutter. Und einer Prepaid-Nummer aus«, Yoo Lim runzelte die Stirn, und Leitner stellte mit Schrecken fest, dass ihr Mienenspiel ihn anzog, »Guatemala.«

»Wem gehört der Anschluss?«

»Nicht festzustellen. Verliert sich.«

»Gibt’s nicht.«

»Gibt’s leider doch. Chef, man kann anonym im Netz telefonieren, wenn man weiß, wie man’s machen muss, und genauso kann man sich über einen Strohmann in Lateinamerika eine Prepaid-Nummer besorgen.«

»Dann …«

»Genau!«, posaunte die Katzenbacherin. »Klingt krumm, ist krumm.«

»Julika besaß keine Festnetznummer«, fügte Yoo Lim hinzu. »Viele Freundinnen hat sie in Landshut wohl auch noch nicht gehabt. Sie war ja erst kurz wieder in Deutschland.«

Was denke ich da, fragte sich Leitner. Yoo Lim ist jung, unverbraucht, straffe Haut. Kaum Resignation, also keine Stirnfalten, kein schützendes Bauchfett. Warum geht mir die Katzenbacherin mit ihrem Riesenbusen plötzlich auf den Geist? Er dachte an Elke.

»Chef, wer sich ein Prepaid-Handy aus Guatemala besorgt, führt vermutlich nichts Positives im Schilde, und wenn Julika den Typen angerufen hat, dann …«

»Zeugen?«, unterbrach Leitner. »Haben sich Zeugen gemeldet? Irgendwer muss Julika in der Tatnacht doch gesehen haben!«

»Anrufe bis zum Abwinken. Aber es ist nichts Brauchbares dabei.« Die Katzenbacherin schwitzte, obwohl der Tag nach dem gestrigen Hagelsturm kühl begonnen hatte. Noch klarer stand Elkes Bild vor ihm. Ihre schönen Augen, das fröhliche, ein wenig spöttische Lächeln, wenn er sich eine Zigarette anzündete.

»Also hat Julika vielleicht doch Kontakte zu …«, begann Yoo Lim.

Leitner riss sich zusammen. Er verbot sich jeden weiteren Gedanken an die Frau, die ihn nächtelang beschäftigte. Real und in seiner Gedankenwelt. Leitner verfluchte seine Fantasie. Er konnte sich alles vorstellen. Wirklich alles. Mit Elke. Die er liebte. Verdammt, jetzt eine Liebeserklärung, nur das Eingeständnis, sie zu lieben, und er fühlte sich schwach und verwundbar. Wir werden verwundbar, sobald wir jemanden lieben, dachte er. Altersweisheit. Konzentrier dich, Leitner. Sag was Gescheites. Damit die neunmalkluge Jungkollegin Ruhe gibt und die Katzenbacherin mir mit ihren Kohleaugen nicht gleich ein Loch ins Hemd brennt. Aber was sind wir, wenn wir nicht lieben. Zombies. Keine menschlichen Wesen jedenfalls. Er räusperte sich und bekam gerade noch mit, wie Yoo Lim sagte:

»Der Kollege vom LKA meint, dass in der Cyberszene die Partnerinnen der Schurken unwissentlich in solche Geschichten reingeraten. Aber das muss ja nicht sein. Vielleicht hatte Julika Beziehungen zur organisierten Kriminalität und verdiente sich eine goldene Nase.«

»Mit ›vielleicht‹ kommen wir nicht weiter!« Die Katzenbacherin klatschte in die Hände. »Ich habe mir Alfi Berger heute früh noch mal vorgeknöpft.«

Oje, dachte Leitner, eine echte Mutprobe für den Alfi.

»Ich habe ein paar Namen bekommen. Kumpane der beiden. Nichtsnutze, wie der Hallhuber. Einige vorbestraft, andere wohlbekannt.«

»Gut, Katzenbacherin«, sagte Leitner. »Klapper die ab. Pak, stell mir mal eine Leitung zum LKA her. Mit dem Kollegen Keller.«

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