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»Er mauert«, berichtete ich Juliane, als ich kurz nach 20 Uhr endlich auf meinem Küchensofa lag.

»Menschen sind antithetisch, mein Liebchen. Gerade wenn sie reden wollen, können sie nicht.«

»Wie meinst du das?«

»Ich wusste seit geraumer Zeit, dass mit Dolly etwas nicht stimmt. Aber ich konnte nicht darüber sprechen. Auch mit dir nicht, Sweetheart. Nicht, weil ich dir nicht vertraue. Es schien mir einfach, als würde das Schreckliche noch wahrer, noch wirklicher, wenn ich es in Worte fasse.«

»Ja, das ist oft so«, gab ich zu.

»Du fehlst mir.«

»Du mir noch mehr.«

»Ich habe für Dolly eine Kurzzeitpflege in einem Seniorenheim organisiert. In ein paar Tagen liefere ich sie dort ab. Wenigstens für zwei Wochen will ich mein altes Leben zurück. Du weißt ja: Als Krankenschwester bin ich nur bedingt geeignet.«

»Dolly konnte nichts Besseres passieren, als dich zur Schwester zu haben!«

»Schmeichlerin.«

Ich schenkte ihr dieses Kompliment aus tiefster Überzeugung. Wann immer es mir schlecht ging, wünschte ich mir Juliane an meiner Seite. Mit ihrer Tatkraft, ihrer Kaltschnäuzigkeit gegenüber Autoritäten, ihrer unaufdringlichen Fürsorge.

»Wenn du frei hast«, sagte ich rasch. »Komm doch zu mir. Ich schreibe …«

»… und ich darf kochen?«

»Quatsch, wie kommst du darauf?«

»Das könnte dir so passen.« Sie gluckste vor Lachen.

»Ich wollte etwas ganz anderes sagen.«

»Behalte es für dich. Wir sehen uns.«

Sie legte auf. Ratlos betrachtete ich das Telefon in meiner Hand. Undurchschaubare Juliane. Plötzlich vermisste ich sie so sehr, dass sich mein Magen vor Sehnsucht zusammenzog. Vielleicht tat er das aber auch nur, weil ich hungrig war. Draußen schnatterten Waterloo und Austerlitz.

Missmutig kramte ich in der Tiefkühltruhe. Keins von den Fertiggerichten sprach mich an. Ich hatte Appetit auf etwas Frisches. Auf Salat, Tomaten, Gurken, Zwiebeln. Am besten, ich fuhr Richtung Fünfseenland und aß irgendwo dort zu Abend. Kurz entschlossen griff ich nach Geld und Autoschlüssel, als es an meiner Tür klingelte.

Manchmal war man ja blöd.

Ich gehörte zu den Leuten, die immer misstrauisch waren. Aber nicht im entscheidenden Moment.

Der Mann, dem ich die Haustür öffnete, war dunkel gekleidet und trug eine Gesichtsmaske. Ein hagerer Kerl, der schlecht roch.

Er presste mir die Hand auf den Mund und schob mich mit der Kraft desjenigen, der den Überraschungseffekt auf seiner Seite hatte, in meine Küche.

»Du hörst auf, Fragen zu stellen, Alte! Sonst kannst du was erleben.« Er zerrte an meinen Jeans. Aber so leicht gab ich nicht auf. Ich warf mich mit meinem ganzen Gewicht herum.

»Wer sind Sie?«, keuchte ich.

»Klappe!« Er kriegte den Gürtel mit der Cowboyschnalle nicht auf.

Ich trat und biss. Doch er hatte Kraft. Genug Kraft, um mir ein Taschentuch in den Mund zu stopfen. Sein Knie rammte meinen Magen. Ich kippte um, würgte, bekam keine Luft, schlug hin. Vergaß mich und meine Welt.

 

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