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Sie hat das nicht gewollt. Wer hätte so etwas Schreckliches auch wollen können. So einen entsetzlichen und gleichermaßen lächerlichen Tod! Irma geht durch die Straßen ihrer Stadt. Ja, ihrer Stadt. Sie ist mit der Stadt verwachsen, und besonders zur Landshuter Hochzeit. Dann kommt ihr Landshut wie ein lebendiges Wesen vor. Sie geht Richtung Isar zum Lagerplatz. Immer wieder grüßen Kostümierte sie. Ja, alle kennen Irma. Alle achten sie. Bei einigen hat sie selbst die Bewerbungen forciert. Hat die Bewerbungsgespräche mitgestaltet, Entscheidungen für und gegen Interessierte getroffen. War ich eigentlich streng?, fragt sich Irma. Manche Gesichter kommen ihr sonderbar vor. Anders als sonst. Betretene Gesichter, schnell sprechende Münder, Hände, die sich zaghaft in ihre Richtung heben. Heute ist der erste Tag. Alle sind aufgeregt. Irma spürt die sanften Vibrationen der Vorfreude, wenn alles noch in der Schwebe ist. Noch keine Enttäuschungen, nur das Glück, dabei zu sein. Der Kirchler geht Arm in Arm mit seiner Frau. Die strenge, eifersüchtige Gerda. Irma weiß, sie drei haben einander in all den Jahrzehnten oft in den Haaren gelegen. Gerda hat im Fundus gearbeitet, mit Argusaugen die Kostüme bewacht. Die Kirchlers schauen weg, als Irma den Landtorplatz überquert. So ganz echt waren die ja noch nie, denkt Irma.
Ihre Gedanken weben ein Netz. Diesen Tod habe ich nicht gewollt. Es tut mir so leid.