Kapitel 45
Alaïs stieß die Tür zu ihrem Gemach auf und lief hinein. »Guilhem?«
Obwohl sie allein sein wollte und auch nicht mit ihrem Gemahl gerechnet hatte, war sie doch enttäuscht, den Raum leer vorzufinden.
Alaïs verschloss die Tür, nahm ihren Beutel vom Gürtel, legte ihn auf den Tisch und zog das Buch aus der schützenden Hülle. Es war etwa so groß wie der Psalter einer Dame. Die äußeren Holzdeckel waren mit Leder überzogen, ganz schlicht und an den Ecken ein wenig abgegriffen.
Alaïs löste die Lederbänder und ließ das Buch in ihren Händen aufklappen, wie ein Schmetterling, der seine Flügel ausbreitet. Die ersten Seiten waren leer, bis auf ein kleines Labyrinth aus Blattgold in der Mitte, das auf dem dicken cremefarbenen Pergament glitzerte wie ein Edelstein. Es war nicht größer als das Muster auf dem Ring ihres Vaters oder auf dem merel, der so kurz in ihrem Besitz gewesen war.
Sie blätterte die Seite um. Ihr Blick fiel auf vier schwarze Schriftzeilen mit eleganten und kunstvollen Buchstaben.
Die Ränder der Seite waren rundum mit Bildern und Symbolen verziert, ein sich wiederholendes Muster wie eine Zierstickerei um den Saum eines Mantels. Vögel, Tiere, Gestalten mit langen Armen und spitzen Fingern.
Alaïs stockte der Atem.
Das sind die Gesichter und Gestalten aus meinen Träumen.