26
Obwohl Tripolis und seine Ritter jetzt vom Kampfgeschehen abgeschnitten waren, hatte sein erster Angriff das muslimische Dreieck dort geschwächt, wo Taqi ad-Dins Division auf die Saladins traf. Tripolis’ verlassene Infanterie konnte rechts von den Hörnern von Hattin den See Genezareth sehen und begann, in der Hoffnung, das Wasser zu erreichen, in östlicher Richtung auf die Schwachstelle in den muslimischen Reihen vorzurücken. Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch und hatte auf die Kampfmoral der Franken eine verheerende Wirkung. Als sie ihre Kameraden desertieren sahen, gaben die Fußsoldaten der Mitte und der Nachhut auf und schickten sich an, ihnen zu folgen. Innerhalb kürzester Zeit standen die Ritter ohne den Schutz der Infanterie da. Die Muslime konzentrierten ihre Pfeile jetzt auf ihre Pferde, bis die meisten fränkischen Ritter gezwungen waren, zu Fuß weiterzukämpfen.
»Wir müssen gegen ihre Kavallerie irgendeine Barriere errichten«, sagte Guy zu jedem, der ihm zuhörte, in einem Ton, der verriet, dass er nach Zustimmung lechzte. Niemand antwortete ihm; seine Männer kämpften entweder verbissen oder waren zu tief in ihrer Verzweiflung versunken, um ihrem König Trost zu spenden.
»Die Zelte«, murmelte Guy nach einem Moment vor sich hin, dann rief er laut: »Die Zelte! Wir werden zwischen unseren Linien und denen des Feindes Zelte aufbauen, das wird sie eine Weile aufhalten!«
Ohne auf die vernichtenden Blicke seiner Kommandanten zu achten ließ Guy diesen Befehl unverzüglich weitergeben. Seine Männer machten sich widerwillig daran, ihn auszuführen, aber es gelang ihnen nur, das Zelt des Königs sowie zwei weitere am Fuß der Hörner aufzustellen, ehe ein Pfeilhagel ihnen Einhalt gebot. Guy flüchtete sich eilig in sein rotes Zelt. Er versuchte, die Schreie der ringsum kämpfenden und sterbenden Kavalleristen zu überhören; versuchte den immer dichter werdenden Rauch nicht einzuatmen; versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Er wünschte sich nichts mehr, als die Verantwortung auf irgendeinen seiner Kommandanten abwälzen zu können; verwünschte die Edelleute, die ihn auf den Thron gebracht hatten, um Tripolis’ Pläne zu durchkreuzen; verwünschte seine Frau Sibylla, die ihm die Krone eigenhändig auf das Haupt gesetzt hatte. Nur sich selbst zu verwünschen kam ihm nicht in den Sinn.
Nach einer Weile betrat ein Knappe das Zelt; ein schmächtiger junger Mann, von dessen Kleidern Blut und Schweiß auf den kostbaren Teppich tropften. »Sire, ich soll Euch ausrichten, dass sich die gesamte Infanterie jetzt auf dem nördlichen Horn befindet. Wir haben den Männern befohlen, sofort wieder herunterzukommen, aber sie weigern sich. Die Bischöfe haben ihnen mit ewiger Verdammnis gedroht, wenn sie nicht zurückkommen und das Kreuz verteidigen, doch sie hören nicht auf sie!«
»So?«, erwiderte Guy matt. »Und was geben sie als Grund für ihren Ungehorsam an?«
Der Knappe zuckte hilflos die Achseln. »Dass sie vor Durst sterben.«
Guy lächelte bitter. »Und sie meinen, auf dem nördlichen Horn wird der Tod sie verschonen? Aber gut, ich komme gleich.«
Als der König ins Freie trat, stellte er fest, dass der Rest der Kavallerie verzweifelt versuchte, die näher rückenden Muslime von seinem Zelt fernzuhalten. Die anderen Männer kämpften, wie es aussah, nur noch um ihr nacktes Leben. Als Guy gen Osten blickte, sah er die Hörner von Hattin: das größere südliche mit der flachen Kuppe lag leer und verlassen da, das nördliche war schwarz von den Soldaten seiner eigenen Infanterie. Guy fühlte sich an eine Rose erinnert, die er einmal daheim im Garten seiner Mutter gesehen hatte. Sie war so stark von Blattläusen befallen gewesen, dass man ihre ursprüngliche Farbe nicht mehr erkennen konnte.
Er wandte sich zu dem Knappen. »Wie heißt du, mein Junge?«
»Ernoul«, erwiderte der junge Mann.
»Ernoul«, wiederholte der König. »Der Name kommt mir bekannt vor.«<c
»Gut möglich, Sire. Wir sind uns schon begegnet. Ich bin der Knappe von Balian d’Ibelin.«
Guy hob die Brauen. Ein Ritter, der seinen Helm verloren hatte und aus dessen Schläfe ein Pfeil ragte, stolperte an ihnen vorbei, brach zusammen und starb. »Warum bist du dann hier und nicht bei deinem Herrn?«
»Weil sonst niemand da war, um Euch die Nachricht zu überbringen, Sire.«
Guy nickte, als sei all dies nur nebensächlich. »Was würdest du denn jetzt tun, Ernoul?«
»Sire?«
»Was würdest du tun, wenn du an meiner Stelle wärst?«
Ernoul ließ den Blick über das Chaos schweifen; die dezimierten fränkischen Truppen und die sie umringende, vor Waffen starrende Sarazenenarmee. »Nun, Sire«, seufzte er, »viel kann man hier gar nicht mehr tun … außer vielleicht der Infanterie auf die Hörner folgen und hoffen, dass die Soldaten sich dann wieder an ihre Pflicht erinnern.«
»Gut, écuyer«, gab Guy zurück. »Dann gib das bekannt.«
»Sire?«
»Geh und richte der Nachhut aus, dass wir auf den Hörnern Position beziehen.«
Ernoul starrte ihn verblüfft an, dann wandte er sich ab, um den Befehl des Königs auszuführen.
Khalidah war für die unverhoffte Atempause im Kampfgeschehen dankbar, obwohl sie nicht sofort begriff, worin der Grund dafür lag. Es war Abi Gul, die die Lage als Erste durchschaute.
»Seht nur!« Sie strich ihre Zöpfe über die Schultern zurück. »Sie haben das Zelt des Königs jetzt auf den Hörnern errichtet!«
Khalidah beobachtete, wie sich das rote Tuch im Wind bauschte und dann festgezurrt wurde. »Die Armee folgt der Infanterie«, stellte sie fest. »Aber wir werden sie umzingeln, und das wird dann, so Allah es will, das Ende sein.«
Ein paar Minuten lang verfolgten sie, wie das, was von der fränkischen Armee übrig geblieben war, auf dem flachgipfeligen südlichen Horn aufmarschierte. Dann ritt ihr befehlshabender amir auf sie zu und gab die Order, auf die sie alle warteten.
»Umringt die Hörner! Schwärmt aus!«
Die drei Frauen wendeten ihre Pferde, um dem Rest ihrer Division zu folgen. Die Franken kamen nur langsam voran, und die Muslime machten sich das sofort zunutze und verstrickten sie so oft wie möglich in kleinere Gemenge, was sie zusätzlich aufhielt. Die Dschinn ritten am Ende der Division, was ihnen vor dem Kampf eine kleine Pause bescherte. Plötzlich brach Sandara, die die Franken eine Zeit lang scharf beobachtet hatte, ihr Schweigen.
»Was hat es mit dem goldenen Kreuz auf sich?«
Khalidah folgte ihrem ausgestreckten Arm mit den Augen. Nicht weit von ihnen wippte inmitten einer Schar Franken ein von Bannern umringtes goldenes Kreuz auf einem langen Stab. Obwohl es den Gegner schon während der gesamten Schlacht begleitete, hatte Khalidah es bislang nicht bewusst zur Kenntnis genommen.
»Das ist die Reliquie, die einen Splitter des Kreuzes enthält, an dem Jesus Christus gestorben ist. Zumindest glauben die Franken das.«
Sandara nickte. Obwohl sie selbst unter ihrem Helm ihren schwarzen Schleier trug, schloss Khalidah aus ihrem leicht geneigten Kopf und den schweren Atemzügen, dass sie irgendetwas im Schilde führte. »Demnach ist ihnen dieses Kreuz heilig?«
»Heiliger als irgendetwas sonst auf der Welt«, erwiderte Khalidah bedächtig, denn sie erkannte jetzt, worauf Sandara hinauswollte, und das gefiel ihr ganz und gar nicht. »Es ist das Symbol ihres Gottes. Sie führen es in jeder größeren Schlacht bei sich, ich vermute, es spornt sie an.«
»Wenn sie es verlieren würden, würde auch ihr Kampfgeist erlöschen«, folgerte Sandara. Ein eigenartiger Unterton schwang in ihrer Stimme mit.
»Das kannst du nicht tun, Sandara«, warnte Khalidah entsetzt.
»Und warum nicht?«, hielt die ältere Frau ihr entgegen.
»Weil es dir wahrscheinlich nicht gelingt, du aber mit Sicherheit bei dem Versuch getötet wirst. Du musst an deine Kinder denken!«
»Gerade an sie denke ich ja, Bibi Khalidah.« Sandara nahm ihren Schleier ab und ließ ihn zu Boden flattern. Einen Moment lang verlieh die flirrende, staubgeschwängerte Luft ihrem Gesicht die Illusion von Unversehrtheit. »Ich reite jetzt an die Front, ich muss so nah wie möglich bei den Franken sein, wenn wir das nächste Mal angreifen. Viel Glück, Töchter. Vergesst mich nicht.«
Und ehe Khalidah oder Abi Gul Einwände erheben konnten, verschwand Sandara im Gewühl von Männern und Pferden und steuerte unbeirrt auf das fränkische Kreuz zu.
Innerhalb einer Stunde waren die Franken auf den Hörnern von Hattin umzingelt. Die nördlichen und östlichen Hänge waren für die Pferde zu steil, aber die rechte und mittlere Division der Muslime kämpfte sich die südlichen und westlichen empor. Am frühen Nachmittag erreichten die muslimischen Fußsoldaten, die geschlossen auf das nördliche Horn vorgerückt waren, ihr Ziel und griffen ihre fränkischen Gegner sofort an. Sie stießen kaum auf Widerstand: Die Franken, die sich nicht sofort ergaben, wurden von muslimischen Schwertern durchbohrt oder von den steilen Klippen in den Tod gestoßen.
Saladin war mit dem Verlauf des Kampfes weitgehend zufrieden. Seine Söhne schlugen sich tapfer. Salim hatte seine Apathie ganz offensichtlich abgeschüttelt und metzelte die Franken nieder wie ein entfesselter Dämon, und Sulayman entpuppte sich als außergewöhnlich geschickter Schwertkämpfer. Darüber hinaus folgten seine Männer - Männer und Frauen, berichtigte der Sultan sich in Gedanken, denn er durfte nicht vergessen, dass bei den Dschinn beide Geschlechter vertreten waren - seinen Befehlen widerspruchslos und mit offenkundigem Respekt. Dem jungen Mann boten sich zweifellos Möglichkeiten, aber Saladin blieb jetzt keine Zeit, eingehender darüber nachzudenken, außerdem stand noch gar nicht fest, ob Sulayman die Schlacht überlebte.
Der Sultan schätzte die Lage noch einmal ab und traf dann zwei Entscheidungen. Sie würden erst siegen, wenn sich der König in ihrer Hand befand, und den König zu ergreifen erforderte entschlosseneres Handeln als das momentane langsame Erklimmen der Hügel. Zwei Wege zum Gipfel boten sich an. Der südliche, der von seiner eigenen Division bewacht wurde, war der steilere. Er konnte die Kräfte der Pferde vor dem Angriff zu sehr erschöpfen, was es den Franken vielleicht ermöglichte, die Attacke abzuwehren. Der westliche Weg war länger, stieg aber weniger steil an. Dort stand auch Taqi ad-Din mit seiner Einheit, was für den Sultan den Ausschlag gab. Wenn er den endgültigen Angriff nicht selbst durchführen konnte, wusste er niemanden, dem er diese Aufgabe lieber übertragen hätte als seinem Neffen. Falls der Umstand, dass Khalidah al-Hassani dieser Division angehörte, bei seiner Entscheidung ebenfalls eine Rolle spielte, gestand er es sich noch nicht einmal selbst ein.
Nachdem er seine Befehle erhalten hatte, verlor Taqi ad-Din keine Zeit mehr. Die Dschinn - abgesehen von Sandara - ritten im hinteren Teil der Truppe. Sie würden die volle Wucht des Angriffs nicht zu spüren bekommen, trotzdem schlug Khalidah das Herz bis zum Hals, als sie ihren Platz in den Reihen einnahm und der Befehl zum Vorrücken erscholl. Dann erklommen die Pferde den zu dem Sattel zwischen den beiden Hörnern führenden Hang, auf dem sich die fränkischen Ritter postiert hatten, um sie zurückzuschlagen. Es waren nicht mehr viele, aber genug, um eine geschlossene Reihe zu bilden, und zu Khalidahs Leidwesen trugen zu viele von ihnen das Weiß der Templer. Doch ihr blieb keine Zeit, sich deswegen Sorgen zu machen. Im nächsten Moment prallten die Gegner aufeinander, und dann waren alle in erbitterte Zweikämpfe verstrickt, sogar die Dschinn. Khalidah hatte noch nie gegen einen Templer gekämpft und erkannte schnell, dass sie ihrem Ruf gerecht wurden. Sie hatte Mühe, ihre Schwerter abzuwehren, und bezweifelte, dass es ihr gelungen war, auch nur einen von ihnen ernsthaft zu verwunden. Doch allmählich spürte sie, dass sich wie beim Kampf gegen Tripolis’ Vorhut an diesem Morgen das Blatt zu wenden begann, und es wendete sich gegen die Franken.
Während einer kurzen Verschnaufpause blickte sie auf. Vor ihr flatterten die rotgoldenen Banner der Franken, dahinter zitterte das Zelt des Königs im Wind wie das Herz eines Feiglings. Dazwischen blitzte etwas auf, was sich bei näherer Betrachtung als die goldene Reliquie entpuppte. Sie schwebte einen Moment lang über den Bannern, dann schwankte sie wie trunken zur Seite und verschwand im Meer der Kämpfenden.
»Hast du gesehen, was eben …«, begann Abi Gul ungläubig.
»Allerdings«, unterbrach Khalidah sie schroff. Und was viel wichtiger war - die Franken hatten es ebenfalls gesehen. Viele warfen sofort ihre Waffen weg und rannten zu der Stelle, wo das Kreuz gefallen war. Doch sie würden es nicht finden - das wusste Khalidah mit ebensolcher Gewissheit, wie sie wusste, dass sie Sandara nie wiedersehen würde.
Wenn sie später an diesen Kampf zurückdachte, begriff Khalidah, dass die Muslime in dem Moment gesiegt hatten, als das Kreuz gefallen war. Im Augenblick aber war die Lage noch nicht durchschaubar. Nach dem Verlust der Reliquie und der darauf folgenden Verwirrung formierten sich die Frankenritter, deren Pferde noch am Leben waren, zwischen den Hörnern neu und führten zwei gegen die Verbindungslinie zwischen der rechten und mittleren muslimischen Division gerichtete Gegenangriffe durch. Sie wussten, dass ihre einzige Chance jetzt nur noch darin bestand, Saladin selbst gefangen zu nehmen, und tatsächlich kamen sie ihm ein Mal so nah, dass die Männer rings um ihn herum ihre Offensive abbrachen, um einen schützenden Ring um ihn zu bilden. Doch Saladin befahl ihnen ärgerlich, ihre Positionen unverzüglich wieder einzunehmen.
Kurz darauf blies die muslimische Kavallerie am Westhang erneut zum Angriff. Diesmal gelang es ihr, den Feind vom Sattel zwischen den Hörnern herunterzutreiben. Al-Afdhal, der das Geschehen zusammen mit seinem Vater vom Tal aus verfolgte, begann zu strahlen. »Sieh nur! Wir haben gesiegt!«
»Sei still!«, fuhr Saladin ihn grollend an. »Wir haben erst gesiegt, wenn das rote Zelt des Königs gefallen ist, und wie du siehst, steht es immer noch!«
Auf dem Hügel waren die umara zu demselben Schluss gekommen. »Auf das südliche Horn!«, befahlen sie ihren Männern. »Reißt das Zelt nieder - ergreift den König!«
Die Muslime rückten auf den flachen Gipfel vor, wo die letzten berittenen Franken ihnen mit dem Mut verlorener Seelen entgegentraten. Der heiße Wind fegte über die Kuppe hinweg, die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel, und Khalidah kam sich vor, als sei sie in einen Alptraum geraten. Auf dem Hügel drängten sich so viele Menschen, dass sie sich kaum zu bewegen vermochte. Sie konnte an kaum etwas anderes denken als an die sengende Hitze und ihre eigene Erschöpfung. Manchmal tauchten vertraute Gesichter wie Geister vor ihr auf und verschwanden im nächsten Moment wieder. Dort war Bilal, der zu Fuß kämpfte und dem Blut über das Gesicht lief, und neben ihm Salim, dessen gelbes Gewand in Fetzen an ihm hing und dessen langes Haar mit Schweiß oder vielleicht auch Blut getränkt war. Da war Abi Gul, die sich mit einer Hand an Tufans Mähne festklammerte und mit ihrem Schwert auf einen schwarz gekleideten Hospitaliter einhieb, der doppelt so groß war wie sie selbst. Sie sah kämpfende Dschinn und tote Dschinn, die unter Zahirahs Hufe gerieten, nahm aber beides nur wie im Nebel wahr. Einmal meinte sie sogar, einen Blick auf Sulayman erhascht zu haben, aber dabei musste es sich um eine Halluzination gehandelt haben, denn über seinen weißen Dschinn-Hosen hatte er etwas getragen, was wie eine gelbe Ayyubidentunika ausgesehen hatte.
Eine Zeit lang ließ sie sich vom Kampfgetümmel mitreißen; einmal hierhin, einmal dorthin treiben. Dann geriet plötzlich etwas Rotes in ihr Blickfeld. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass es sich um das Zelt des Königs handelte und sie es schon fast erreicht hatte. Im nächsten Augenblick wurde sie erneut angegriffen, aber sie vermochte jetzt wieder klar zu denken. Sie blickte nach unten, stellte fest, dass ihr Gegner ein unberittener Ritter war, hieb auf seinen erhobenen Schwertarm ein und riss Zahirah herum, als er vor Schmerz brüllend von ihr abließ. Nachdem sie zahlreiche weitere Arme abgewehrt hatte, die sie aufzuhalten versuchten, sah sie ihr Ziel vor sich: ein dickes, hastig um einen in die trockene Erde getriebenen Holzpflock geschlungenes Hanfseil. Ein Schatten fiel über sie. Khalidah blickte auf. Es war Sulayman, und er trug tatsächlich eine gelbe Tunika, was sie einen Moment lang von ihrem Vorhaben ablenkte. Dann lächelte er.
»Willst du es tun, oder soll ich?«
Khalidah blinzelte, denn hob sie das Schwert ihrer Mutter. Das Licht fing sich in dem goldenen Edelstein und ließ ihn kurz wie das Auge eines Dschinn aufblitzen, als sie das Seil durchtrennte. Als das Zelt des Königs in sich zusammenfiel, herrschte Totenstille, dann brandete ohrenbetäubendes Siegesgebrüll auf.