18

Bilal wollte Khalidah sofort zu ihrem Vater bringen und deutete ihren Widerstand als Furcht. »Er ist nicht böse auf dich«, beharrte er. »Er gibt sich die Schuld, Khalidah, nicht dir.«

»Dazu besteht kein Grund«, erwiderte sie grimmig. »Ich verdiene seinen Zorn. Aber ich will ihn nicht deswegen jetzt nicht sehen, weil ich mich davor fürchte, sondern weil ich eine Pflicht zu erfüllen habe, bevor ich irgendetwas anderes tun kann - eine Pflicht gegenüber dem Volk meiner Mutter, den Dschinn.«

Bilal zwinkerte, dann lächelte er. »So, wie du das gesagt hast, hätte ich dir beinahe geglaubt. Und jetzt sag mir, wo du wirklich gewesen bist … abgesehen von den Smaragdbergen am Ende der Welt natürlich.«

Seufzend begann Khalidah ihm alles zu schildern, was seit ihrer letzten Begegnung geschehen war und erklärte ihm, warum sie eine kleine Armee mitgebracht hatte. Während sie sprach, wechselte Bilals Mienenspiel von Ungläubigkeit zu Erstaunen und dann zu gespannter Aufmerksamkeit. Obwohl er sie ab und an unterbrach, um eine Frage zu stellen, nahm er ihre Geschichte mit überraschender Gefasstheit auf.

»Also sind die Legenden wahr«, stellte er fest, nachdem sie geendet hatte.

»Wahr und auch wieder nicht wahr«, berichtigte sie. »Wie die meisten Legenden, nehme ich an. Aber die Frage ist, was der Sultan daraus machen wird. Wird er uns in seine Armee aufnehmen?«

»Ich wüsste nicht, was dagegen spricht«, versetzte Bilal. »Er hat schon viele andere Bewerber akzeptiert, die längst nicht so gute Gründe für ihren Wunsch angegeben haben, sich ihm anzuschließen. Außerdem sagtest du doch, er hätte deine Mutter gekannt.«

»Das ist lange her, und ich weiß nicht, unter welchen Umständen sie sich damals getrennt haben. Abgesehen davon fürchte ich, dass er eine Schar kuffar, die ihn als heidnischen Gott verehren, nicht unbedingt mit offenen Armen aufnehmen wird, wenn er wirklich so fromm ist, wie man ihm nachsagt … vor allem dann nicht, wenn sie sich nach berüchtigten Scharlatanen des Islams nennen.«

Bilal schenkte ihr ein Lächeln, das sie nicht wiedererkannte: das Lächeln eines Mannes, voller Humor, Ironie und Bedauern. »Saladin gibt mehr auf Tatsachen als auf Gerüchte. Und obwohl er in der Tat sehr fromm ist - vielleicht der frommste Mann, der mir je begegnet ist - ist er alles andere als engstirnig. Du würdest dich wundern, was er alles stillschweigend duldet.«

»Zum Beispiel einen Beduinenbastard als Liebhaber seines Sohnes«, erklang eine Stimme hinter ihnen.

Khalidah drehte sich um und sah Salim im Eingang stehen. Sie erkannte ihn sofort, obwohl er sich seit ihrer Vision in Alipshas Hütte verändert hatte. Er war hagerer, seine schwarzen Augen blickten wachsam und sardonisch. Sie wusste, dass er beabsichtigt hatte, sie mit diesen Worten zu schockieren, aber sie war weder unangenehm berührt zusammengezuckt, noch zeigte sie irgendeine Regung, als er Bilal lange und leidenschaftlich zu küssen begann.

»Was ist denn los mit dir?« Bilal schob ihn ärgerlich von sich.

»Er fürchtet, ich könnte dich ihm wegnehmen«, erwiderte Khalidah an Salims Stelle. Dann wandte sie sich an den Prinzen. »Aber das würde mir schwerlich gelingen, selbst wenn ich es darauf anlegen würde. Doch wenn du zu blind bist, um die Stärke seiner Liebe zu dir zu erkennen, sollte ich es vielleicht trotzdem versuchen.« Sie fixierte ihn mit ihren goldenen Löwinnenaugen.

Salim musterte sie einen Moment lang forschend, dann lächelte er. »Verzeih mir«, entschuldigte er sich. »Du hast Recht, ich war lange eifersüchtig auf dich. Aber du irrst dich auch; du verstehst nicht, was für einen großen Platz du in Bilals Herzen einnimmst. Und genau deswegen schulde ich dir Respekt und Freundschaft, also lass uns noch einmal von vorne beginnen.« Er verbeugte sich tief vor ihr und legte eine Hand auf sein Herz. »Willkommen, Khalidah bint Abd al-Aziz al-Hassani. Maslahmah Abd al-Rahman Salim ibn Yusuf al-Ayyubi, dein ergebener Diener.«

Khalidah erwiderte das Lächeln und verneigte sich ebenfalls. »Deine Dienerin, Hoheit.«

»Vielen Dank. Und ab jetzt werden wir auf diese lächerlichen Formen der Etikette verzichten, schlage ich vor. Rauchst du?« Er zog eine  banj-Pfeife aus der Tasche seines Gewandes.

Khalidah schluckte hart, dann sah sie Bilal an, und beide brachen in Gelächter aus. Salim runzelte verwirrt die Stirn, woraufhin Bilal erklärte: »Khalidah und ich sind auf eine etwas unangenehme Art zum ersten Mal mit Haschisch in Berührung gekommen … und wie  es aussieht, hat auch die Zeit im Osten nicht dazu beigetragen, etwas an diesem ersten Eindruck zu ändern.«

Salim zuckte die Achseln, zündete die Pfeife an einer Lampe an und nahm einen tiefen Zug. »Dann Wein? Ich hörte, in Khorasan trinkt man ihn wie Wasser.«

»Tee«, entgegnete Khalidah fest.

Salim nickte, steckte den Kopf ins Freie und befahl einem Diener, Erfrischungen zu bringen, dann setzte er sich neben Bilal. »Eines verstehe ich nicht«, sagte Bilal zu ihm. »Woher wusstest du, wer sie ist?«

»Ich wüsste nur zwei Frauen, mit denen du so ungezwungen und vertraulich plaudern würdest«, gab Salim zurück. »Khalidah al-Hassani und deine Mutter Zeyneb. Da sie für Letztere eindeutig zu jung ist, war es nicht schwer zu erraten, wen ich da vor mir habe. Du solltest sie lieber fragen, woher sie mich kennt.«

»Ich habe dich gesehen«, entgegnete Khalidah. »Zweimal, um genau zu sein - vor kurzem noch in einer Vision, in der du mit Bilal neben einem blühenden Granatapfelbusch an einem Fluss gesessen hast.«

»Tal Ashtara«, murmelte Salim.

»Da habe ich auch erfahren, wie du heißt - ein betaan, ein Schamane der Dschinn, sagte mir, wer du bist.«

Statt zu fragen, woher der betaan das gewusst haben konnte - womit sie eigentlich gerechnet hatte - erkundigte sich Salim: »Und das erste Mal?«

»Da bist du mir in einem Traum begegnet«, erwiderte Khalidah langsam. »In einem Alptraum … in der Nacht, als wir nach Qaf kamen. Ich sah eine Schlacht, in deren Verlauf du einen Tempelritter getötet hast. Inzwischen weiß ich, dass es die Schlacht von Cresson gewesen sein muss.«

Salims Gesicht umwölkte sich. »Der schwärzeste Tag meines Lebens … und meine schwärzeste Tat.«

»Mir kam es eher wie ein Gnadenakt vor«, widersprach sie.

Salim erwiderte nichts darauf, sondern betrachtete nur stumm seine in seinem Schoß liegende Hand, während Bilals Blick voller Sorge auf ihm ruhte. Einmal mehr überlegte Khalidah, was für eine Bedeutung der Traum wohl gehabt haben mochte, aber jetzt war nicht der richtige Augenblick, um diesbezügliche Spekulationen anzustellen. Nach einem Moment gewann der Prinz die Fassung zurück und lächelte ihr zu.

»Nun, Khalidah bint Abd al-Aziz, aus dem, was ich von eurem Gespräch mit angehört habe, bevor ich mir anmaßte, es so rüde zu unterbrechen, schließe ich, dass du hier bist, um eine Bitte an meinen Vater zu richten. Ich will dir gerne helfen, wenn ich kann.«

Also erzählte Khalidah noch einmal alles über die Dschinn, ihre eigene Beziehung zu ihnen und ihre Überzeugungen bezüglich der Person Saladins, um deretwillen sie zu der Armee des Sultans gestoßen waren. Während sie sprach, nahm Salims Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck an, der dem, den sie kurz zuvor bei Bilal gesehen hatte, auf geradezu gespenstische Weise ähnelte. Werden sich Liebende im Laufe der Zeit immer ähnlicher?, fragte sie sich und überlegte im nächsten Moment, ob das wohl auch auf sie und Sulayman zutraf.

»Du hast Recht«, sagte Salim endlich. »Meinem Vater wird es nicht gefallen, als heidnischer Gott angesehen zu werden. Aber andererseits bringt er allen Feinden der Franken Wohlwollen entgegen, und wenn die Dschinn so herausragende Krieger sind, wie du sagst, wird er mehr als froh darüber sein, sie an seiner Seite zu wissen.« Er hielt inne und maß sie mit einem scharfen Blick. »Ich gehe davon aus, dass du Allah trotz deiner kaf ir-Verkleidung nicht abgeschworen hast?«

»Ich werde mich nie von Allah lossagen«, erwiderte Khalidah ruhig. »Aber meine Gewänder sind keine Verkleidung. Abgesehen davon, dass ich keine Anhängerin ihrer Religion bin, lebe und kämpfe ich als Dschinn.«

Salim nickte. »Dann komm morgen früh zurück. Bring ein paar deiner besten Krieger mit, aber sag ihnen, sie sollen nichts über diesen Messias-Mythos verlauten lassen. Bringen sie das fertig?«

»Natürlich.«

»Ausgezeichnet. Bring sie her, und überlass das Reden mir. Ich verspreche dir, Khalidah bint Abd al-Aziz, dass die Dschinn, wenn es in meiner Macht steht, morgen Mittag ein Teil dieser Armee sind.«

»Danke, Sayyid.« Sie verneigte sich noch einmal tief vor ihm, und diesmal erhob er gegen diese Formalität keinen Einwand, sondern sah sie nur abschätzend an.

»Bleibst du heute Nacht bei uns?«, fragte Bilal.

Khalidah schüttelte den Kopf. »Ich muss zu meinen Leuten zurück. Sie warten auf Neuigkeiten.«

»Dann bis morgen.« Er nahm ihre Hand und drückte sie.

»Bis morgen.« Sie erwiderte seinen Händedruck, dann huschte sie aus dem Zelt in die Nacht hinaus.

 Der 1. Juli des christlichen Kalenders brach genauso hell und heiß an wie alle vorigen Tage dieser Woche. Kein Lüftchen rührte sich, keine einzige Staubwolke wurde aufgewirbelt. Das Einzige, was sich auf der weitläufigen, glühenden Ebene bewegte, waren die Dschinn-Pferde, die durch ein Meer aus Hitzeschleiern wateten. Die in reines, schmuckloses Weiß gekleideten Reiter schienen mit dem Himmel hinter ihnen zu verschmelzen. Es waren sechs an der Zahl: Khalidah, Sulayman, Abi Gul, Sandara, Shahascinas Vater Batoor und sein junger Neffe Janduli. Alle hatten geschworen, kein Wort über die Legende um Mobarak Khan zu verlieren, und keiner hatte sich von Khalidahs Bitte überrascht gezeigt.

Am Rand des Lagers stiegen sie ab und führten die Pferde zu Bilals und Salims Zelt, wobei sie wegen ihrer fremdartigen Kleidung und den edlen Tieren viele neugierige Blicke auf sich zogen. Bilal erwartete sie schon. Er teilte ihnen mit, Salim sei bereits im Zelt seines Vaters, und sie sollten sich unverzüglich ebenfalls dorthin begeben.

»Der Sultan ist heute Morgen schlechter Laune«, raunte er Khalidah zu, als er ihr half, die Pferde anzubinden.

»Wegen der Dschinn?«

»Wegen der Franken. Er ist bereit, sich ihnen zu stellen, aber sie lassen sich nicht provozieren.«

»Sollen wir ein andermal wiederkommen?«, fragte Khalidah.

»Es gibt kein anderes Mal. Wenn ihr etwas erreichen wollt, müsst ihr es jetzt versuchen.«

»Was können wir tun, um ihn dazu zu bringen, uns unsere Bitte zu gewähren?«

Bilal zuckte die Achseln. »Sag ihm einfach die Wahrheit, und wenn Allah es will, ist das genug.« Er brach ab und warf ihr einen Blick zu, den sie nur zu gut kannte. Er besagte, dass er überlegte, ob er noch etwas hinzufügen sollte oder nicht.

»Sag es einfach, Bilal«, seufzte sie.

Er schrak zusammen, dann lächelte er verlegen. »Also gut. Dein Vater weiß, dass du hier bist.«

»Wer hat ihm das verraten?«, zischte Khalidah.

»Ich weiß es nicht. Ich ganz bestimmt nicht, aber Nachrichten verbreiten sich in diesem Lager schnell.«

Grimmig stellte sich Khalidah auf einen schwierigen Morgen ein. Sie und ihre Begleiter folgten Bilal durch das Labyrinth von Zelten, bis sie zu dem des Sultans gelangten. Die Zeltklappe war hochgerollt; ein paar Mamluken standen in respektvollem Abstand Wache. Im Inneren saß Salim neben Saladin. Khalidah schritt auf den Eingang zu, ohne den Blick von dem Sultan abzuwenden, der sie seinerseits ebenfalls nicht aus den Augen ließ. Sein Gesicht verriet nicht, was in ihm vorging. Er war kleiner, als sie erwartet hatte, strahlte aber nichtsdestotrotz die Aura eines mächtigen, bedeutenden Mannes aus. Unter seinem gelben Seidengewand trug er ein Kettenhemd, um seinen Helm hatte er einen schimmernden weißen Turban gewunden.

Die Mamluken traten zur Seite und gaben ihnen den Weg frei. Im Zelt verneigten sich die Dschinn vor dem Sultan und nahmen auf seine Geste hin ihm gegenüber Platz. Bilal setzte sich neben Salim. Der Prinz betrachtete sie mit einem kleinen, entschuldigungsheischenden Lächeln, das ihr deutlicher als die steinerne Gelassenheit seines Vaters verriet, was auf sie zukam.

Saladin betrachtete die kleine Gruppe einen Moment lang, dann sagte er: »Seid mir willkommen, Abgesandte der Dschinn.« Seine Stimme klang kühl und höflich, aber völlig ausdruckslos. »Wie ich hörte, wünscht ihr eine Bitte an mich zu richten. Wer spricht für euch?«

»Ich, Herr.« Khalidah schlug ihren Schal aus dem Gesicht zurück.

Der Sultan zuckte kaum merklich zusammen, dann verengten sich seine Augen zu schmalen Schlitzen. »Und du bist …«

»Khalidah, Tochter von Abd al-Aziz al-Hassani und Enkelin von Tor Gul, dem Khan von Qaf.«

Der Sultan runzelte die Stirn. »Du bist also das Mädchen, das am Vorabend seiner Hochzeit fortgelaufen ist und so die Fehde wieder hat aufflammen lassen, die diese Heirat beenden sollte? Weswegen bist du hier?«

»Aus demselben Grund wie du.« Ein scharfer Unterton hatte sich in Khalidahs Stimme geschlichen. Sie fand es empörend, dass der Sultan sich das Recht anmaßte, sie zu verurteilen, obwohl er sie noch gar nicht kannte.

»Um mit Allahs Schwert gegen die Ungläubigen zu kämpfen? Du bist eine Frau - eine Ausgestoßene, wie ich hinzufügen möchte -, und die Dschinn sind Heiden.«

»Das stimmt«, erwiderte Khalidah kalt. »Und soweit ich weiß, warst  du einst mehr als froh über die Hilfe einer Frau und Dschinn in einer Person - meiner Mutter, Brekhna bint Tor Gul.«

Der Sultan musterte sie lange, ehe er sagte: »Ehe dieser Morgen verstrichen ist, muss ich einen Weg gefunden haben, um Guy aus seinem Versteck in Saffuriyya zu locken, und ich muss mir überlegt haben, wie ich Lubiyah vor den Franken schützen kann. Ich habe dir diese Audienz nur gewährt, weil mein Sohn, sein Freund und dein Vater, denen ich allen blind vertraue, sich für dich eingesetzt haben.« Khalidah war so überrascht, den Namen ihres Vaters in dieser Aufzählung zu hören, dass ihr die unterschwellige Drohung in der Stimme des Sultans entging. »Also sagt mir jetzt, warum ich mir das Bittgesuch einer Hure und einer Schar von Ungläubigen anhören soll.«

Khalidah war so verblüfft, als habe er ihr einen Schlag versetzt, und dann wallte Zorn in ihr auf. Sie sah, wie Bilal und Salim einen hilflosen Blick wechselten, aber es war Abi Gul, die aufsprang und den Sultan mit vor Wut lodernden Augen anfunkelte. Die Mamluken umringten sie sofort mit gezückten Speeren, aber sie achtete nicht darauf.

»Wie kannst du es wagen!«, fuhr sie Saladin an. »Ist dir nicht klar, dass diese Frau die Prinzessin meines Volkes ist - der Abkömmling einer königlichen Linie, die sich bis zum Beginn der Zeit zurückverfolgen lässt?«

Der Sultan hob die Brauen. Ein verächtliches Lächeln spielte um seine Lippen. »Wer ist denn dein so gerühmtes Volk? Und wer bist du, dass du dir anmaßt, hier die Stimme zu erheben?«

»Mein Volk ist mindestens so alt und ebenso angesehen wie das deine«, fauchte Abi Gul. »Und ich bin stolz darauf, zu ihm zu gehören!«

»Was nichts anderes heißt, als dass deine Leute sowohl körperlich als auch moralisch außergewöhnlich schwach sein müssen, wenn sie es nötig haben, schon kleine Mädchen zu Kriegern zu machen.«

Khalidah blieb noch Zeit, um zu erkennen, was Abi Gul vorhatte, aber nicht mehr, um sie zurückzuhalten. Mit einer blitzschnellen Bewegung duckte sie sich unter den Speeren der Mamluken hinweg und warf dabei den anderen Dschinn einen Blick zu. Im nächsten Moment hatte sich die Situation ins Gegenteil verkehrt; die Leibwächter des Sultans sahen sich von Dschinn mit Schwertern in der einen und Dolchen in der anderen Hand umzingelt. Khalidah trat entschlossen zwischen sie und forderte sie auf, die Waffen sinken zu lassen. Erstaunlicherweise gehorchten sie. Sie bedeutete ihnen, wieder Platz zu nehmen, und sowie sie dies getan hatten, gebot der Sultan seinen widerstrebenden Mamluken, die Speere zu senken. Khalidah machte sich auf eine Niederlage gefasst, doch als sie den Sultan wieder ansah, bemerkte sie, dass sein Blick eher nachdenklich als zornig auf ihr ruhte, und sie begann, wieder neue Hoffnung zu schöpfen.

»Sag mir, Khalidah bint Abd al-Aziz … sind alle deine Dschinn so schnell und listig wie diese hier?«

»Das sind sie.« Sie bemühte sich, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.

»Und warum wollen sie gegen die Franken kämpfen, obwohl sie gar nicht mit ihnen im Krieg liegen?«

Khalidah holte tief Atem. »Weil sie glauben, dass ihre Götter es von ihnen erwarten. Herr, diese Menschen sind zwar keine Anhänger Allahs, aber ich schwöre dir, dass du keinen Fehler machst, wenn du sie in deine Armee aufnimmst. Die Dschinn sind loyal, klug und die besten Krieger, die du je gesehen hast, und sie betrachten es als ihre Pflicht, gegen die Franken in die Schlacht zu ziehen - für dich zu kämpfen. Willst du sie wirklich fortschicken?«

Wieder musterte Saladin sie lange forschend. Endlich fragte er: »Wie viele hast du mitgebracht?«

»Fünf hundert, Herr.«

»Schick hundert der Besten sofort zu mir. Sie werden mich nach  Saffuriyya begleiten. Danach werde ich eine Entscheidung treffen. Oh, und es wäre mir lieb, wenn sich die Frauen unter euch nicht als solche zu erkennen geben würden. Ich dulde nicht, dass meine Männer von unverschämten Heidenmädchen abgelenkt werden.« Bei diesen Worten warf er Abi Gul einen finsteren Blick zu. Diese schob kampfbereit das Kinn vor, doch Khalidah hielt dieses Zugeständnis für akzeptabel, wenn sie dadurch ihr Ziel erreichten.

»Wie du wünschst«, bestätigte sie hastig, ehe Abi Gul ihn dazu bringen konnte, seine Meinung wieder zu ändern.

Der Sultan nickte ihr knapp zu. »Dann könnt ihr jetzt gehen - und ihr beide auch«, sagte er zu Bilal und Salim. »Du«, wandte er sich abrupt an Sulayman, »bleibst bitte noch einen Moment hier.«

Sulayman wechselte einen Blick mit Khalidah. Seine Augen glitzerten vor Neugier, ihre waren sorgenvoll umwölkt. Aber der Sultan hatte gesprochen, und ihnen blieb nichts anderes übrig, als sich seinem Befehl zu fügen.

 

Wuestentochter
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