42° 23′ 49.23″ N, 77° 13′ 58.00″ W
Die Gebrüder Wright sind zweifellos die bekanntesten Luftfahrtpioniere und auch die Namen Blériot, Lindbergh, Earhart, Mongolfier und Yeager sind einem durchaus vertraut. Doch auf der Pilotenlizenz mit der Nummer 1, die 1911 vom Aero Club of America ausgegeben wurde (Abbildung 112.1), ist keiner dieser Namen zu lesen. Dieses Ehre gebührt Glenn Curtiss, der 1907 mit 219 Km/h der schnellste Mensch auf einem Motorrad war. Weniger bekannt ist, dass er auch ein Luftfahrtpionier war und einen sehr großen Einfluss darauf hatte, wie wir heute fliegen.
1907 wurde Curtiss von Alexander Graham Bell eingeladen, seiner Aerial Experiment Association beizutreten und ihm dabei zu helfen, Flugzeuge zu entwerfen und zu bauen (mehr über Bell erfahren Sie in Kapitel 4). Der Grund dieser Einladung war der, dass Curtiss ein Experte für die Entwicklung leichter Verbrennungsmotoren war, die er schon für seine Motorräder und Luftschiffe konstruiert hatte. Gemeinsam bauten Bell und Curtiss eine Reihe von Flugzeugen. Diese Zusammenarbeit gipfelte in der June Bug. Am 4. Juli 1908 flog die June Bug über 1500 Meter weit und gewann den Scientific American-Pokal.
Dieser Flug war wichtig, weil die Gebrüder Wright zwar seit 1903 flogen, aber Geheimniskrämer waren und fast niemandem erlaubten, ihr Flugzeug auch in Aktion zu sehen. Curtiss’ öffentliche Vorstellung der June Bug war eine Sensation.
1909 ging Curtiss nach Frankreich und schlug beim Gordon Bennett-Pokal knapp Louis Blériot (und flog dabei fast 75 Km/h schnell). Er gründete dann die Curtiss Aeroplane and Motor Company.
1911 hatte Curtiss ein zuverlässiges Wasserflugzeug entwickelt und der U.S. Navy vorgestellt. Eugene Ely flog ein Curtiss-Flugzeug von der USS Birmingham und landete es auf der USS Pennsylvania, wobei er ein Blitzableiterkabel nutzte, um das Flugzeug anzuhalten. Curtiss selbst flog ein Wasserflugzeug, um zur USS Pennsylvania zu stoßen. Er landete neben ihr, das Flugzeug wurde an Bord gehoben, er aß zu Abend, wurde mit dem Flugzeug wieder zu Wasser gelassen und flog wieder davon. Wegen solcher Aktionen und wegen der Entwicklung von Marineflugzeugen, der Idee von Flächenbombardements und von Flugbooten, die den Atlantik überqueren konnten, gilt Curtiss als »Vater der Marinefliegerei«.
Das Glenn H. Curtiss-Museum in Curtiss’ Heimatstadt Hammondsport, New York, würdigt sein Leben und seinen Beitrag zur Luftfahrt. Das Museum besitzt eine große Sammlung bedeutender Flugzeuge, darunter viele Originale. Das älteste Originalflugzeug ist ein Standard J-1-Trainingsflugzeug mit einem Curtiss-Motor aus dem Jahre 1917. Auch ein Curtiss Seagull-Flugboot aus dem Jahre 1919 ist hier zu sehen. Des Weiteren beherbergt das Museum eine restaurierte Curtiss JN-4D »Jenny« aus dem Jahr 1917 – über 7000 Jennys wurden während des ersten Weltkriegs gebaut und Luftfahrtpioniere wie Lindbergh und Earhart lernten darin das Fliegen.
Das Glenn H. Curtiss-Museum besitzt auch einen sehr schönen Nachbau der June Bug. Das Originalflugzeug wurde in ein Wasserflugzeug umgebaut und sank 1909.
Schließlich gibt es noch eine große Sammlung von Flugzeugmotoren, die von Curtiss und auch anderen stammen, darunter ein Curtiss Model »S« mit 60 Pferdestärken aus dem Jahr 1912 und ein Pratt & Whitney R-4360. Acht dieser riesigen Pratt & Whitney-Motoren trieben Howard Hughes’ Spruce Goose (siehe Kapitel 117) an.
Die Sammlung wird durch Motorräder vervollständigt, darunter befindet sich ein Nachbau der Curtiss 8 Cylinder, auf der Curtiss 1907 den Titel »schnellste Mann der Welt« erlangte (und das ohne Helm!).
Weitere Details zu Glenn Curtiss und dessen Leben sowie umfassende Besucherinformationen finden Sie auf der Museums-Website unter http://www.glennhcurtissmuseum.org/.



