50° 40′ 59.05″ N, 3° 11′ 42.43″ E
Die Geschichte der Computer lässt sich bis ins 19. Jahrhundert zu einem französischen Erfinder namens Joseph Marie Jacquard zurückverfolgen. Er war daran interessiert, die Weberei zu verbessern, und hatte so einen wesentlichen Einfluss auf die industrielle Revolution. Mit seinem Jacquard-Webstuhl war es möglich, komplizierte Webmuster herzustellen. Hierzu wurde eine Reihe von Lochkarten eingelesen, die das herzustellende Muster enthielten. Ein bisher arbeitsaufwendiger Vorgang konnte auf diese Weise mechanisiert werden.
Mit den Lochkarten wurde kontrolliert, welche Fäden über- oder untereinander lagen. So wurde das Muster in der gewebten Kleidung erzeugt. Vor Jacquards Automatisierung des Webstuhls waren nur sehr einfache Muster möglich, da die Fäden von Hand oder bestenfalls halbautomatisch angebracht wurden.
Ein Jacquard-Webstuhl war in der Lage aufwendige Muster zu erzeugen und zu wiederholen, indem die Lochkarten in einer Schleife eingelesen wurden (siehe Abbildung 12.1). Diese Technik wird auch heute noch verwendet, auch wenn Computer die Karten ersetzt haben.
Der Ort, an dem man Jacquards Technologie in Aktion sehen kann, ist das Jacquard-Museum in Roubaix, Frankreich. Das Museum besitzt eine Sammlung von 15 funktionierenden Lochkarten und elektronisch arbeitenden Webstühlen. Führungen durch das Museum finden auch auf Englisch statt. Demonstriert wird der gesamte Webprozess vom Entwurf des Musters, hin zur Übertragung auf Lochkarten bis zum Betrieb des Webstuhls.
Abbildung 12.1 In einen Jacquard-Webstuhl eingegebene Lochkarten; zur Verfügung gestellt von Justin Cormack
Die ausgestellten Webstühle stammen aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert. Das Museum bietet auch Weberei-Workshops an. Auch die Restauration von Webstühlen wird hier durchgeführt. Im Museum gibt es für (nahezu) alle Sinne etwas zu entdecken: den Klang der laufenden Webstühle, den Geruch der Fabrik und des Öls, praktische Ausstellungen und den Anblick dieser massiven Maschinen in Aktion.
Nach Jacquard wurde die Lochkarte in anderen Bereichen eingesetzt. Der Erfinder Herman Hollerith erfand eine Tabelliermaschine, die in der Lage war, gelochte Erfassungskarten zu lesen und statistische Informationen zu produzieren. Hierzu wurden die Löcher in den Karten durch einen einfachen elektrischen Schaltkreis erfasst. Holleriths Unternehmen führte 1890 die amerikanische Volkszählung durch und verschmolz später mit einem anderen Unternehmen, woraus dann letztendlich IBM entstand. Eine Hollerith-Tabelliermaschine ist im Computer History Museum (siehe Kapitel 86) ausgestellt.
Der Jacquard-Webstuhl inspirierte auch Charles Babbage (siehe Kapitel 77), der erwogen hatte, Lochkarten zur Speicherung von Programmen für seine Analytical Engine, einen komplett mechanischen Computer, zu verwenden. In den ersten ca. 70 Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Lochkarten als Eingabemechanismus für Computer genutzt (siehe Abbildung 12.3).
Die Website des Jacquard-Museums finden Sie unter http://madefla.50g.com/. Wenn Sie es nicht nach Roubaix schaffen, können Sie sich alternativ eine moderne Fabrik ansehen, die Jacquards Webtechnik nutzt. Im Norden Irlands bietet die Thomas Ferguson Irish Linen Company in Banbridge, County Down, eine Fabrikführung an, bei der alle Aspekte des Web-Prozesses und auch die Funktionsweise des Jacquard-Webstuhl selbst erläutert werden. Weitere Informationen erhalten Sie unter http://www.fergusonsirishlinen.com/.




