Kapitel 101. National Cryptologic Museum, Fort Meade, MD

39° 6′ 53.28″ N, 76° 46′ 29.28″ W

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Ein Blick zurück auf die NSA

Die amerikanische National Security Agency, oder NSA, war einmal so geheim, dass Insider sie scherzhaft »No Such Agency« (etwa »es gibt keine solche Behörde«) nannten. Doch Hollywood-Filmemacher, die auf der Suche nach etwas noch geheimerem und gefährlicherem als die CIA waren, rückten die NSA mit Filmen wie Das Mercury-Puzzle und Der Staatsfeind Nr. 1 ins Blickfeld des öffentlichen Interesses. Außerdem scheinen die Aufgaben der NSA, wie die Entwicklung und das Knacken von Codes, elektronische Überwachung, Abhören, Internetüberwachung und Datamining, in dieser Zeit der allgegenwärtigen elektronischen Kommunikation immer mehr an Bedeutung zu gewinnen.

Dennoch hängt über der täglichen Arbeit der NSA ein Schleier des Geheimnisvollen. Daher ist das öffentliche Museum der NSA, das National Cryptologic Museum, eine überraschende Entdeckung. Das Museum wurde 1993 eingeweiht und ist in einem alten Motel direkt neben dem NSA-Hauptquartier in Fort Meade, Maryland, untergebracht.

Das kleine Museum war ursprünglich nur NSA-Mitarbeitern zugänglich und beherbergt eine vorzügliche Sammlung von Artefakten zur Geschichte der Chiffren und des Codeknackens. Der Eintritt in das Museum ist frei.

Ein guter Ausgangspunkt ist die funktionsfähige Enigma, die im Zweiten Weltkrieg von Nazideutschland zur Verschlüsselung von Nachrichten verwendet wurde. Zu jener Zeit wurden die Enigma-Codes als sicher betrachtet, dann aber in England unter großer Geheimhaltung doch geknackt (siehe Kapitel 40). Bei der im NSA-Museum ausgestellten Enigma haben Sie die seltene Möglichkeit, das Gerät anzufassen und verschlüsselte Nachrichten zu erzeugen.

Die SIGSALY-Ausstellung zeigt Teile der Ausrüstung, die während des Zweiten Weltkriegs zur sicheren Telefonkommunikation zwischen dem Pentagon und dem britischen Kriegsministerium verwendet wurde. SIGSALY wog 55 Tonnen und war so groß, dass es nicht in einem Regierungsbüro in London installiert werden konnte. So landete das System im Selfridges-Warenhaus in der Oxford Street. SIGSALY funktionierte so, dass ein zufälliges Rauschen in die Unterhaltung eingespeist wurde, um die gesprochenen Wörter zu überlagern. Dieses zufällige Rauschen wurde auf einer Seite eingefügt und auf der anderen Seite wieder entfernt, sodass eine sichere Unterhaltung möglich war: Lauscher hörten nur etwas, das wie eine atmosphärische Störung klang. Dieses zufällige Rauschen war auf einer Schallplatte gespeichert. Jede Seite besaß eine Kopie der gleichen Aufnahme (die so gesehen den Verschlüsselungsschlüssel bildete). Beide Aufnahmen mussten mit genau der gleichen Geschwindigkeit wiedergegeben werden, damit sie synchron liefen. Eine einzelne Aufnahme ermöglichte gerade einmal 12 Minuten sicherer Konversation.

Ebenfalls im Museum ausgestellt sind viele Kryptographie-Objekte aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Einige, etwas spekulative Objekte zur möglichen Kommunikation amerikanischer Sklaven sind Decken mit eingestickte Mustern, die ein frühes Beispiel für die Steganographie (eine Nachricht wird so versteckt, dass nicht Eingeweihte nicht einmal erkennen, dass es sich um eine Nachricht handelt) darstellen. Die Ausstellung zum amerikanischen Bürgerkrieg zeigt Codebücher und einen faszinierenden Chiffre-Zylinder, der mithilfe des Vigenère-Systems verschlüsselt (Details zu Chiffren finden Sie in Kapitel 121).

Die Ausstellung zum Kalten Krieg zeigt die Bedeutung der Luftaufklärung anhand einer kompletten Air Force C-130, die sich außerhalb des Museums befindet. Sie ist den 17 Soldaten gewidmet, deren C-130 von der Sowjetunion abgeschossen wurde, nachdem sie sich aus dem türkischen Luftraum in den armenischen verirrt hatten.

Der Kalte Krieg trieb auch die Entwicklung der satellitengestützten Aufklärung voran. Im Museum sind die ersten amerikanischen Spionagesatelliten GRAB und GRAB II ausgestellt. 1960 und 1961 gestartet, hatte das Galactic Radiation Background Experiment die angebliche Aufgabe, die Solarstrahlung zu messen, doch insgeheim war es voller Geräte, die sowjetische Radarsignale aufspüren und messen konnten. Diese Radarsignale wurden dann verarbeitet und an Bodenstationen weitergegeben. Dadurch war es der NSA möglich, Daten über sowjetische Radarsysteme aus einer Höhe von 500 Meilen abzurufen. Weil Radar (und andere Radiosignale) über den Horizont hinausreichen, musste der GRAB-Satellit nur direkt auf die Radarstationen gerichtet werden. Er konnte dann einfach die Radarsignale abfangen, die sich in den Weltraum ausbreiteten.

In jüngerer Zeit wurde die computerbasierte Verschlüsselung zur Regel und damit auch computerbasierte Angriffe auf Verschlüsselungssysteme. Die Supercomputer-Ausstellung des Museums zeigt einen Cray YMP-Computer. Er wurde im Jahr 1993 (in dem auch der erste Web-Browser vorgestellt wurde) gebaut und besaß 32 GB Arbeitspeicher. Zu dieser Zeit verfügte ein Standard-PC mit dem neuen Intel Pentium-Prozessor über etwa 8 MB RAM. Der Cray verfügte aber nicht nur über 8000-mal mehr Speicher als ein PC, er konnte auch konnte 2,67 Milliarden Operationen pro Sekunde ausführen, die Leistungsfähigkeit war also etwa 3000-mal größer als die eines Intel Pentium, wie er in PCs zu finden ist.

Laut Museumsangaben besitzt die NSA die größte Supercomputer-Anlage der Welt, allerdings ist diese nicht für Besucher geöffnet! Daher gibt es zwar keinen Einblick in die heutigen Fähigkeiten der NSA (schließlich ist deren Arbeit immer noch streng geheim), doch das Museum bietet viel faszinierenden Stoff für Spekulationen bezüglich deren Möglichkeiten.

Praktische Informationen

Details zum National Cryptologic Museum finden Sie auf der NSA-Website unter http://www.nsa.gov/about/cryptologic_heritage/museum/. Das Museum ist von Montag bis Freitag und am ersten und dritten Samstag im Monat geöffnet. Sie erreichen das Museum telefonisch unter +1 301-688-5849.



Der Geek-Atlas
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