Neben dem CERN (siehe Kapitel 32) ist das Fermilab das weltweit bekannteste Teilchenbeschleuniger- und Hochenergiephysik-Labor. Es betreibt eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, die Bildungsveranstaltungen, Ausstellungen für Kinder unter zwölf, Sonntagsgespräche mit Physikern und natürlich auch geführte Rundgänge umfasst.
Das Fermilab wurde 1967 gegründet und nach dem italienischen Physiker Enrico Fermi, der 1938 den Phyisk-Nobelpreis gewann, benannt. Das Labor betreibt Teilchenbeschleuniger (Abbildung 97.1) für die Forschung an subatomaren Teilchen. Am Fermilab wurde 1977 das Bottom-Quark und 1995 das Top-Quark entdeckt. 2008 verkündete man die Entdeckung des Omega-Sub-b-Teilchens, das aus zwei Strange-Quarks und einem Bottom-Quark besteht.
Das Labor forscht auch umfassend an Neutrinos. Es sendet zum Beispiel einen Neutrino-Strahl durch die Erde an eine 735 Kilometer entfernte Mine in Minnesota. Das Tevatron, Fermilabs Haupt-Teilchenbeschleuniger, ist der zweigrößte Teilchenbeschleuniger weltweit (hinter dem LHC; siehe Kapitel 32) und wird zur Durchführung von Protonen/Antiprotonen-Kollisionen verwendet.
Direkt in der Nähe des Tevatron befinden sich zwei Detektoren mit den Bezeichnungen DZERO und CDF. Mit dem DZERO-Detektor wurde des Omega-Sub-b-Teilchens entdeckt. CDF (was einfach »Collider Detector at Fermilab« bedeutet) wird zur Untersuchung der Teilchen verwendet, die bei Kollisionen von Protonen und Antiprotonen freigegeben werden. Dabei werden deren Flugbahn und Energie sowie Hinweise auf Phänomene, die nicht in das Standardmodell der Physik passen (siehe Das Higgs-Boson, der Large Hadron Collider und der Ursprung der Masse), aufgezeichnet. Die Flugbahn eines Teilchens hängt von dessen Impuls ab. Wenn die Teilchen während einer Kollision herausschießen, werden sie von Magneten abgelenkt – je größer die Ablenkung, desto kleiner der Impuls. Aus dem Impuls kann dann die Ladung oder Masse des Teilchens abgeleitet werden.
Wanderfreudige Besucher des Fermilab können zusätzlich noch die weitläufige Prärie, in der noch eine Bisonherde lebt, erkunden und einem Naturlehrpfad folgen. Das Lederman Science Center ist öffentlich zugänglich und dokumentiert die Arbeit des Fermilab. Das Center ist hauptsächlich für Schulkinder gedacht, vermittelt aber auch sehr gut all denen die Grundlagen der Teilchenphysik, die mit Protonen, Neutronen, Elektronen und Quarks nicht vertraut sind.
Besonders empfehlenswert ist es, einen Besuch des Fermilab mit einem »Ask-a-Scientist«-Vortrag zu verbinden. Diese Vorträge finden am ersten Sonntag eines Monats statt, und wie der Name es schon andeutet, hält ein Fermilab-Wissenschaftler einen Vortrag zur Arbeit des Labors und beantwortet anschließend Fragen. Auf den Vortrag folgt ein Rundgang durch das Labor. Weil am Fermilab keine der Geheimhaltung unterliegenden Arbeiten durchgeführt werden, bietet der Rundgang einen faszinierenden Einblick in die Welt der Teilchenphysiker.
Falls Sie an den Vorträgen nicht teilnehmen können, werden zusätzlich jeden Mittwochmorgen Rundgänge angeboten. Alle Führungen und Vorträge sind kostenlos, dennoch sollten Sie im Voraus buchen, weil es nur wenige Plätze gibt.
Das Fermilab beherbergt häufig auch kulturelle Veranstaltungen wie Filmvorführungen, Kunstausstellungen und Konzerte.



