19.

Iblis sah den hünenhaften blonden Fahrer aus der Limousine steigen. Der Mann war in jeder Hinsicht gewaltig: groß, schwer, muskulös. Er war sich absolut sicher, dass er nicht nur als Chauffeur fungierte, obwohl er soeben um den Wagen herumlief und seinen Fahrgästen die Tür aufhielt. Das Mikla Iki war eines der exklusivsten Restaurants der Stadt, bekannt für seine Fischgerichte und sein Ambiente. Hier musste man schon Wochen im Voraus einen Tisch reservieren, was für KC anscheinend kein Hinderungsgrund gewesen war. Sie und ihr männlicher Begleiter stiegen aus der Limousine. Der Mann lief geradewegs auf den Eingang zu, als KC noch einmal stehen blieb. Sie drehte sich um und ließ den Blick schweifen. Für Iblis bestand nicht der geringste Zweifel: Sie hielt Ausschau nach ihm. Er saß immer noch hinter dem Steuer seines Taxis, das ein Stück weiter unten auf der Straße stand, in sicherer Entfernung, und starrte sie an. Die Passanten verrenkten sich die Köpfe nach ihrem blonden Haar und der schlanken, hochgewachsenen Gestalt und fragten sich, ob diese Schönheit möglicherweise irgendeine Prominente war.

Als die Limousine den Flughafen Istanbul-Atatürk verlassen hatte, war Iblis ihr in einigem Abstand in die Stadt gefolgt, in der inzwischen das Nachtleben tobte. Die beiden Männer, die KC begleiteten, ließ er gerade überprüfen. Bisher hatte er nur in Erfahrung gebracht, dass der Mann, mit dem sie zum Abendessen ging, der Sohn jenes reichen amerikanischen Rechtsanwaltes war, dessen Visitenkarte in ihrer Tasche gesteckt hatte. Iblis hasste Rechtsanwälte. Er hielt sie für Wichtigtuer, die ausschließlich auf ihren eigenen Vorteil bedacht und im Grunde nichts anderes waren als arrogante Dolmetscher der Juristensprache. Jedes Mal, wenn er in der Vergangenheit einen Anwalt ermordet hatte, hatte er der Welt einen Dienst erwiesen.

Er war sich zwar nicht hundertprozentig sicher, was den dunkelhaarigen Mann betraf, doch er schien ein guter Freund von KC zu sein – was ihn nachdenklich stimmte und ihm ein Gefühl bescherte, das er noch nie empfunden hatte: Eifersucht. Und sie wuchs mit jeder Sekunde.

Dann griff der Amerikaner plötzlich nach KCs Arm, rügte sie wegen irgendetwas und schob sie ins Mikla Iki. Als sie aus seinem Blickwinkel verschwanden, spürte Iblis, wie seine Eifersucht ihren Höhepunkt erreichte. Rasende Wut überkam ihn, als hätte KCs Begleiter ihn persönlich angegriffen.

Iblis prägte sich das Gesicht des Mannes genau ein. Er war nicht nur wütend auf ihn, weil er KC angefasst hatte; er misstraute ihm auch. Er wusste nicht, wer der Kerl war oder wie nahe er und KC einander standen, aber das würde er schon noch herausfinden. In seinem Metier musste man jeden und alles kennen, denn die größte Gefahr lauerte immer da, wo man sie am wenigsten erwartete.

Ein gut gekleideter Angestellter des Mikla Iki näherte sich KCs Chauffeur. Der Mann war höchstens fünfundzwanzig Jahre alt und nahm sich furchtbar wichtig. Niemand parkte unerlaubt vor dem Restaurant, solange er im Dienst war. Iblis sah die Körpersprache der beiden starrköpfigen Männer, die verriet, dass ihre Unterhaltung zunehmend zum offenen Streit eskalierte. Der blonde, hünenhafte Chauffeur baute sich drohend vor dem schmächtigen Türken auf. Sie zeigten mit den Fingern aufeinander, und ihr Gebrüll übertönte den Lärm der Nacht. Schließlich ging der Amerikaner zu seinem Wagen zurück, stieg widerwillig ein, streckte den Mittelfinger himmelwärts aus dem Fenster und fuhr davon.

Iblis überlegte einen Moment, ob er dem Mann folgen sollte, entschied sich dann aber, zu bleiben, wo er war, bis KC wieder aus dem Restaurant kam. Obwohl KC auf ihrem Gebiet ein Ass war, war sie nicht so vermessen, den Versuch zu machen, nach weniger als achtstündiger Vorbereitungszeit die Karte oder den Stab zu stehlen. Sie würde alles planen und nichts dem Zufall überlassen – so, wie er es ihr beigebracht hatte.

KC hatte keine Ahnung, was ihr bevorstand.