Benny ging um Zaks Haus herum zur Hintertür. Wenn Big Zak betrunken war, schlief er meistens auf der Couch im Wohnzimmer ein, sodass es Benny am besten erschien, von der Rückseite einen Blick ins Haus zu riskieren.
»Benny!«, rief Nix und lief hinter ihm her, um ihn einzuholen. »Was ist los?«
»Ich …«, setzte er an, wusste aber nicht, was er ihr sagen sollte. Wie sollte ausgerechnet Nix verstehen und akzeptieren, dass Benny sich vergewissern wollte, ob mit Zak Matthias alles in Ordnung war? Dieses Haus stand für alles, was sie verloren hatte. Aber wenn sie an seiner Stelle gewesen wäre, so glaubte er, würde sie genauso empfinden.
Er schenkte ihr ein nichtssagendes Lächeln – fast nur ein Zucken der Mundwinkel – und stieg auf die hintere Veranda des Hauses. Nix blieb auf dem Rasen am Fuß der Treppe stehen. Benny legte sein Bokutō auf den Boden – Zak würde auf keinen Fall die Tür öffnen, wenn er ihn dort mit einem großen Holzschwert stehen sah – und schirmte die Augen mit den Händen ab, um durch das Küchenfenster einen Blick ins Haus zu werfen.
Die Küche war leer. Keine Spur von Zak.
Benny klopfte vorsichtig an die Tür. Nichts. Er zögerte. Was wollte er Zak eigentlich sagen? Zaks Onkel Charlie hatte Nix’ Mom umgebracht. Benny hatte Charlie getötet, jedenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit. Er hatte ihn mit dem schwarzen Eisenrohr des Motor City Hammers einen Schlag verpasst und zugesehen, wie Charlie 100 Meter in die Dunkelheit gestürzt war. Wie sollte er mit einer dieser Informationen eine Unterhaltung anfangen?
Zak, alter Junge, ist heut’ schon irgendwer umgebracht worden?
Trotzdem klopfte er noch einmal an die Tür.
Eine Gestalt trat hinter den Vorhang und drehte den Türknauf. Dann wurde die Tür geöffnet, und Benny – unsicher, was er sagen sollte – holte tief Luft.
Aber es war nicht Zak. Vor ihm stand Big Zak.
Er war zwar nicht so groß wie Rotaugen-Charlie, aber immer noch hünenhaft. Im Gegensatz zu seinem Bruder war er kein Albino, besaß aber sehr helle Haut und blassblonde Haare und wirkte genauso unheimlich.
Besonders jetzt. Big Zaks Hemdbrust war vollständig mit hellrotem Blut durchtränkt.
»Ich … ich …«, krächzte er, aber zu mehr war er nicht in der Lage – dafür fehlte ihm ein zu großes Stück seiner Kehle. Er machte einen einzigen, wackligen Schritt hinaus auf die Veranda und fiel dann direkt auf Benny. Das Gewicht des großen Mannes drückte Benny auf die Holzdielen und presste ihm sämtliche Luft aus den Lungen. Und sein Kopf schlug so hart auf, dass er Sternchen sah.
Er hörte sich selbst ebenfalls schreien. Entsetzt starrte er in Zaks Gesicht, nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. Es war über und über mit Kratzern und Schnitten bedeckt und seine Augen blickten starr vor Angst und Schmerz. Benny versuchte mit aller Kraft, den schweren Mann von sich wegzudrücken.
»H-hilf … mir«, krächzte Big Zak. »B-bitte.« Und dann erlosch das wahnsinnige Leuchten in Big Zaks Augen, die Spannung wich aus seinem Körper, und er sackte leblos zusammen.
Benny geriet in Panik und wollte diesen schlaffen Körper unbedingt abschütteln. Verzweifelt drehte er seine Hüften hin und her, um sich unter dem toten Mann herauszuwinden. Während er sich wie ein Ringer bewegte, wunderte er sich, warum Nix ihm nicht half. Sie war doch keinen Meter entfernt …
Wie aufs Stichwort schrie Nix im nächsten Moment: »Benny, pass auf!«
Big Zaks lebloser Körper rutschte ein Stück von Benny herunter, sodass er sich befreien konnte. »Ein bisschen spät für ›Pass auf!‹«, blaffte er. »Ich hab schon …«
Aber Nix eilte mit erhobenem Holzschwert auf ihn zu, das Gesicht vor Hass und Furcht verzerrt.
»Nein!«, schrie Benny. Er wich zurück und stieß mit jemandem zusammen …
… mit Zak.
Benny wirbelte herum und schaute in das Gesicht seines ehemaligen Schulkameraden. In das blasse, dunkeläugige und blutverschmierte Gesicht des Wesens, das einmal Zak Matthias gewesen war. Mit einem hungrigen Stöhnen sprang Zak ihm an die Kehle.
