Epilog

 

 

Kraa war vor Fassungslosigkeit wie erstarrt. Vor ihm drehte sich Tanar im Kreis, deutete mit seinen vier Armen gleichzeitig in alle Richtungen. Die Fellfarbe von Kraas Gegenüber zeigte deutlich an, dass der sich in seiner letzten Lebensphase befand. Doch Tanar verhielt sich wie ein aufgedrehtes Kind, seinem Alter völlig unangemessen. Aber Kraa konnte seine Erregung nachvollziehen. »Und? Was sagen Sie? Habe ich zu viel versprochen?« Das hatte er nicht. Kraa stand in einer Höhle. In dem Teilstück, in dem er sich nun befand, war der Raum quaderförmig. Das war erstaunlich genug. Was ihm aber tatsächlich den Atem verschlug, waren die Wände. Auch wenn an vielen Stellen im Laufe der Zeit der Fels durchgebrochen war, konnte man doch die ursprüngliche Beschaffenheit gut erkennen. Die Wände waren fast spiegelglatt. »Wie ist das zu erklären?«

»Was glauben Sie denn? Sie sind doch Geologe.«

Kraa trat an eine der Wände und berührte die Oberfläche mit seinen rechten Händen. »Das ist nicht natürlich.«

»Selbstverständlich nicht. Die Substanz ist uns unbekannt. Unglaublich hart und widerstandsfähig.«

»Ich soll... »

»Warten Sie«, unterbrach ihn Tanar. »Bevor Sie etwas sagen, möchte ich Ihnen die wirkliche Überraschung zeigen.«

Wortlos folgte Kraa Tanar durch einen schmalen Gang in eine ausladende Höhlenkammer. Überall waren die Felswände mit derselben glatten Substanz überzogen. Am Ende des Raumes standen Scheinwerfer auf dem Boden, die eine der Wände anstrahlten. »Kommen Sie. Das müssen Sie sehen.« Tanar führte Kraa zu der angeleuchteten Wand. Auch wenn sie an vielen Stellen beschädigt war, konnte man erkennen, dass sie von oben bis unten mit Symbolen beschrieben war. Die Zeichen waren tief in die Deckschicht eingeritzt. Da gab es keine Zweifel. »Das ist eine Art Schrift«, stellte Kraa fest.

»Es freut mich, dass Sie das so gelassen feststellen.«

»Wie alt ist das hier?«

»Genau können wir das noch nicht sagen. Aber ich schätze, dass die Anlage ungefähr 250 Millionen Sonnenkreise alt ist.«

»Das war zur Zeit des großen Sterbens.«

»In etwa.«

»Das ist unglaublich. Sie sagten, Anlage?«

»Das, was Sie gesehen haben, ist nur ein kleiner Teil. Die Anlage ist gigantisch. Große Teile sind verschüttet. Wir müssen mit Sonden arbeiten.«

»Also stehe ich hier vor dem Beweis, dass es Außerirdische gibt.«

»Da bin ich mir nicht so sicher.«

»Wer sollte das sonst gebaut haben?«

»Unser Planet ist alt genug. Möglicherweise gab es bereits vor uns eine Zivilisation.«

»Dafür wurden nie Beweise gefunden.«
»Damit ist nach 250 Millionen Sonnenkreisen auch nicht mehr zu rechnen.« Tanar deutete auf die Wand. »Wer immer es geschrieben hat, wollte, dass wir es verstehen.«

»Sie glauben, dass das eine Botschaft ist? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass die Symbole eine religiöse Bedeutung haben? Irgendeinen mystischen Bezug? Vielleicht ist die Anlage eine Grabstätte gewesen.«

»Über den Inhalt der Botschaft kann ich noch nichts sagen. Aber sie wurde auf jeden Fall für jemanden geschrieben, der die Schrift und Sprache nicht kennt. Hier oben«, Tanar zeigte in die linke obere Ecke, »wird vermutlich versucht, ein mathematisches System zu erklären. Auf der anderen Seite wird wohl eine Geschichte mit Hilfe von Symbolen geschildert. Hier im unteren Teil haben wir eine Art Schrift. Daneben Symbole, die unter anderem die Sonne darstellen. Neben den Symbolen stehen wieder Schriftzeichen.«

»Die haben eine Übersetzungshilfe angelegt.«

»Das denke ich auch. Daher halte ich es auch für eine Botschaft.«

Kraa näherte sich der Wand, ging vor ihr in die Hocke. »Werden Sie die Botschaft decodieren können?«

»Wir hoffen es. Das liegt auch in Ihrer Hand. Sie als Mitglied des Wissenschaftlichen Rates bestimmen, wie groß unsere Mittel sind.«

Mittlerweile berührte Kraas Schnauze fast die Wand. Völlig verzaubert betrachtete er eine Reihe von Schriftzeichen, die besonders tief in die Wand geritzt waren. Es schien, als hätte der Verfasser ihnen eine besonders wichtige Bedeutung zugemessen.

 

Sie kommen wieder

 

Kraa konnte seinen Blick nicht von den fremden Zeichen lösen. Auf eine unbestimmte Art beunruhigten sie ihn. »Sie verfügen ab sofort über unbegrenzte Mittel«, sagte er.

»Ich danke Ihnen.« Die Erleichterung in Tanars Stimme war nicht zu überhören. »Noch etwas«, sagte Kraa. »Ich kann Ihnen nicht sagen, warum. Aber ich denke, es wäre gut, wenn Sie sich beeilen würden.«