19. Mors certa, hora in certa

 

Aila Torbeck

 

Alle Führungskräfte hatten sich bereits eingefunden, als Torbeck den Besprechungsraum betrat. Auf dem rechteckigen Konferenztisch standen zwei Kaffeekannen und Getränke in kleinen Flaschen. Sie fand Wiegner, der damit beschäftigt war, sich Kekse in schneller Folge in den Mund zu schieben. Er hatte anscheinend schon länger nichts Richtiges zu essen bekommen, sah noch immer krank aus. An einer der Stirnseiten des Tisches saß Professor Danielsen. Er hatte die Hände über seinen dicken Bauch gefaltet. Seine Lider hingen, als kämpfe er gegen den Schlaf. Einer seiner beiden Assistenten flüsterte ihm ins Ohr, als sei er ein Mafiaboss, dem einer seiner Vasallen ein Bittgesuch überbrachte. Als er Torbeck bemerkte, sah er sie kurz an und murmelte eine kaum hörbare Begrüßung.

Die Runde wurde durch die Psychologin Agathe Kranz, den leitenden Ingenieur Friedrich Berger, den Leiter der medizinischen Abteilung Dr. Wolf Hartmann sowie den Chef von ZERBERUS, den Mathematiker Dr. Arthur Keim, komplettiert.

Torbeck setzte sich neben Wiegner an die dem Professor gegenüberliegende Kopfseite des Tisches. Geschlafen hatte sie nicht, nur geduscht und den Hosenanzug gegen die Uniform getauscht. Kurz nickte sie zwei Soldaten zu, die die Tür des Besprechungsraumes von außen schlossen. Sie schwieg und wartete, bis sich die Aufmerksamkeit auf sie konzentriert hatte. Als es ruhiger geworden war, fing sie an zu sprechen. »Danke, dass Sie erschienen sind. Für das Protokoll teile ich Ihnen mit, dass die Besprechung aufgezeichnet wird. Ich erkläre weiter, dass die Anlage heute um 0050 biologisch versiegelt wurde.« Sie machte eine kurze Pause. »Um 0125 kam es zu einem Zwischenfall. Ein Hubschrauber drang in den gesperrten Luftraum ein. Da er trotz mehrmaliger Aufforderung seinen Kurs nicht änderte, wurde er auf meinen Befehl hin abgeschossen.«

Torbeck ließ ihren Blick durch die Runde wandern. Bei Kranz blieb er hängen. Die Psychologin, eine zierliche Person Anfang dreißig, fixierte mit ihrem Blick einen imaginären Punkt, der in weiter Ferne zu liegen schien. Über ihrer weißen Bluse trug sie eine silberne Kette, an der ein Kruzifix hing. Sie hatte etwas Puritanisches an sich. Lautlos bewegte sie ihre Lippen. War das ein Gebet?

Torbeck setzte ihren Vortrag fort. »Durch das NATO-Informationssystem CRONOS wurde mir die operative Befehlsgewalt aller Streitkräfte in Europa übertragen.« Auch ohne tiefe Kenntnisse der Militärhierarchie mussten die Anwesenden ahnen, dass das nichts Gutes bedeutete. »Kurz danach ist das System ausgefallen. Bis jetzt gelang es uns nicht, eine Verbindung mit anderen militärischen Verbänden und Führungsstäben aufzubauen. Dasselbe gilt für die Bundesbehörden. Weder das BBK noch das BMI reagieren auf Kontaktversuche.« Wiegner hatte ihr einen Becher Kaffee eingeschenkt. Dankbar nahm sie einen großen Schluck und unterdrückte das Verlangen, sich die Kanne an den Mund zu setzen. »Was das Personal angeht, haben wir Glück im Unglück. Wir stehen kurz vor der Aufnahme des Wirkbetriebs und führen aus diesem Grund eine Vollübung durch. Die Anlage operiert deshalb annähernd in Sollstärke. Im Personalbereich zählen wir dreiunddreißig Ausfälle. Die einzelnen Abteilungen sind in Kenntnis gesetzt. Ich werde die Ausfälle nicht im Einzelnen aufzählen. Auf der anderen Seite haben wir unfreiwillige Zugänge zu verzeichnen. Zweiundzwanzig Techniker und Ingenieure von Fremdfirmen arbeiteten zum Zeitpunkt der Versiegelung in der Anlage. Das ist ein Gewinn für uns. Aus militärischer Sicht sind wir vollzählig. Abgesehen von dem Wachbataillon. Sie wissen, dass die Anlage derzeit von einer Kompanie Fallschirmjägern geschützt wird. Der Rest des Wachbataillons sollte erst in zwei Wochen den Dienst aufnehmen.« Sie nahm das vor ihr liegende Klemmbrett, blätterte in den Papieren. »Unsere Iststärke beträgt: 572. Die Aufzählung lautet: Fallschirmjäger: 109, Forschungsabteilung: 205, militärisches Personal: 156, Technik: 102.« Torbeck trank ihren Kaffeebecher leer. »Bevor ich das Wort an Professor Danielsen übergebe, möchte ich die Anwesenden bitten, für ihren jeweiligen Bereich zu sprechen und mir einen aktuellen Bericht zu geben.« Torbeck musste den Status der Anlage feststellen, auch wenn sie am liebsten Danielsen gepackt und geschüttelt hätte, damit er endlich mit der Sprache herausrückte.

Dr. Hartmann, der Leiter der medizinischen Abteilung, räusperte sich. »Dann mache ich den Anfang.« Der Mediziner war Ende vierzig. Er gehörte zu den Männern, die sich die Haare kurz schoren, wenn sie realisierten, dass sich ihre Glatze nicht mehr verbergen ließ. »Wir beklagen in der medizinischen Abteilung acht Ausfälle. Eine Ärztin für Allgemeinmedizin, ein Chirurg, vier Krankenpfleger und zwei medizinisch-technische Assistentinnen. Das ist ein spürbarer Verlust. Bedenklicher ist aber, dass die Bestände der Apotheke erst zu sechzig Prozent aufgefüllt sind. Das ist momentan nicht relevant, könnte jedoch im Laufe der Zeit zu einem schwerwiegenden Problem werden. Mehr habe ich derzeit nicht beizutragen.«

»Danke, Herr Doktor. Frau Kranz?«

Die Psychologin zog die Stirn in Falten, sah die Kommandantin mit wässrigen Augen an. »Ich bin alleine.«

Torbeck wusste mit der Äußerung nichts anzufangen. Von allen Anwesenden kannte sie die Psychologin am wenigsten. Vielleicht hatte sie sich zwei-, dreimal mit ihr unterhalten und vor Monaten ihre Personalakte überflogen. Mehr nicht. »Wie meinen Sie das?«

Für eine Sekunde lief ein Schütteln durch den Körper der Psychologin. Als würden sie böse Erinnerungen plagen, die sie zu vertreiben suchte. »Die psychologische Abteilung besteht aus drei Therapeuten und zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern. Außer mir ist niemand da.«

Torbeck blickte auf ihre Unterlagen. Tatsächlich betrafen die Ausfälle die psychologische Abteilung in Relation gesehen am stärksten. Fast ein Totalausfall.

Kranz redete weiter. »Das gesamte Personal befindet sich in einer Ausnahmesituation. Belastungs- und Stressreaktionen brauchen oft Zeit, um in das Bewusstsein durchzuschlagen. Momentan befinden sich die meisten in einer Verleumdungs- und Bagatellisierungsphase, die durch die Ablenkung der Arbeit unterstützt wird. Das wird sich ändern. Wenn es so weit ist, kann ich eine psychologische Erstbetreuung nicht gewährleisten.«

Katta. Schlagartig hatte Torbeck das Bild ihrer Tochter vor Augen. Wie ging es ihr? Was für ein Mensch war sie, dass sie ihre Tochter vergaß? Sie alle verdrängten ihr Leben, um den Moment zu überstehen. Aber es war absehbar, dass der Zustand der seelischen Abschottung nicht auf Dauer Bestand haben würde. Sie fühlte, dass sie es nicht mit einer kleinen Krise zu tun hatten. Kein Elbe-Hochwasser, keine Deichbrüche. Kein Drama, das am Ende des Jahres in gekürzter Fassung im Fernsehen lief. Was geschah, wenn die Menschen das realisierten? Wenn die Angst den inneren Dampfkessel sprengte? Depressionen, Aggressionen, Selbstmorde? Sie saßen in einer Berghöhle mit endlichen Ressourcen an Material, Menschen und geistiger Gesundheit ohne Hoffnung auf Ersatz. Ihr Blick blieb kurz an dem Etikett einer Colaflasche hängen. Die würden als Erstes ausgehen. Nichts, von dem was sie hier unten hatten, konnte ersetzt werden. Das musste sie sich schleunigst bewusst machen. »Sie sind nicht alleine.« Torbeck sah in die Runde. Die Anwesenden waren in Gedanken versunken. »Alle Führungskräfte müssen neben der Leitung ihrer jeweiligen Bereiche in der Lage sein, als emotionaler Ruhepol allen äußeren Einflüssen zu trotzen. Solange wir Einsatzwillen, Zuversicht und Gelassenheit ausstrahlen, werden uns die Menschen folgen.«

»Das ist leichter gesagt als getan«, sagte einer von Professor Danielsens Assistenten.

»Es ist nicht leicht. Es ist zwingend notwendig.« Mischte sich Wiegner ein. »Es gibt Untersuchungen, die sich mit den Überlebenschancen von U-Boot-Besatzungen im 2. Weltkrieg in Zusammenhang mit der psychischen Stabilität des Kommandanten beschäftigen. Je mehr Zuversicht der Kapitänleutnant ausstrahlte, desto besser die Moral und Leistung der Besatzung und desto größer die Überlebenschance aller. Die Resultate bieten keine Überraschung. Wir alle kennen das Prinzip aus dem täglichen Leben. Hier wurde diese einfache Weisheit in einem gigantischen Feldversuch bestätigt.« Gemurmel in der Runde. Der Oberst hatte sich anscheinend gefangen. Die Farbe war in sein Gesicht zurückgeflossen.

Torbeck wandte sich dem leitenden Ingenieur Berger zu. »Wie sieht es mit der Technik aus? Haben wir Sorgen?«

Berger schüttelte so heftig den Kopf, dass man befürchtete, er würde sich ein Schleudertrauma verpassen. Der Mann besaß einen zierlichen Körper, auf den die Natur einen überproportionalen Schädel geschraubt hatte. »Bei gleichbleibendem Verbrauch ist unsere Versorgung mit Lebensmitteln zwei Jahre lang gesichert. Alle Systeme der Lebenserhaltung laufen stabil. Wir arbeiten noch an kleineren Problemen mit autarken Komponenten. Die sind für das Gesamtsystem aber nicht relevant. Wir haben alles im Griff. Das Wichtigste ist, dass die Brennstäbe des Kernreaktors zur ...«

Professor Danielsen gab einen grunzenden Laut von sich.

Stille.

»Ein Reaktor? Was für ein Reaktor?« Wiegner sprang vom Stuhl auf, beugte sich über die Tischplatte zu Berger hinüber. Der sah aus, als hätte er sich am liebsten in Luft aufgelöst. »Was für ein Scheißreaktor, habe ich gefragt!«

Berger blickte sich Hilfe suchend um. »Professor Danielsen. Ich dachte, das wäre geklärt. Sagen Sie doch etwas.«

Der Professor rieb sich nachdenklich die Stirn. »Gut, gut. Herr Oberst, bitte setzen Sie sich.«

»Nur im Gegenzug zu einer unmittelbaren und vollumfänglichen Aufklärung. Einfach formuliert: Spucken Sie es aus. Restlos.«

Danielsen hob beschwichtigend die Arme. »Setzen Sie sich bitte. Der Moment ist ohnehin gekommen. Ich werde Ihnen alles erklären.« Er wartete.

Torbeck legte sanft die Hand auf Wiegners Unterarm. Der ließ sich in Zeitlupe auf seinen Stuhl nieder, bereit sofort über den Tisch zu springen, wenn ihm dies erforderlich schien. Sie sah in die Runde und versuchte in den Gesichtern zu lesen. Die Einzigen, die Überraschung zeigten, waren die Psychologin und der Arzt. Alle anderen wussten offenbar Bescheid. Das konnte unmöglich wahr sein. Gab es überhaupt etwas, was sie über ihre eigene Anlage wusste?

Der Professor nickte sich selbst zu, murmelte etwas in seinen Bart. Noch immer ruhte Torbecks Hand einer Feder gleich auf Wiegners Unterarm. Behutsam ließ sie ihre Finger heruntergleiten, hatte dabei das unbehagliche Gefühl, einen Tiger von der Leine zu lassen. In ihrem Stellvertreter hatte sich ein zündfähiges Gemisch gebildet, das auf einen rhetorischen Funken wartete. Wiegner hatte das Interesse an den Keksen verloren und zeigte den gleichen versteinerten Gesichtsausdruck wie in der letzten Nacht, als sie den Hubschrauber abgeschossen hatte.

Danielsen fing an zu sprechen. »Zunächst zu dem Reaktor. Was Sie für ein Geothermalkraftwerk halten, ist in Wahrheit ein Flüssigsalz-Reaktor. Der Reaktor ist eingekapselt und wartungsfrei. In der Tat war ein Geothermalkraftwerk geplant. Es zeigte sich jedoch, dass die Leistung eines solchen Kraftwerkes nicht ausreichen würde. Der errechnete Energiebedarf von ZERBERUS korrigierte sich wöchentlich nach oben.«

Dr. Keim unterbrach den Professor. Zum ersten Mal meldete sich der Mathematiker zu Wort, ein Mann mit extravagantem Kleidungsstil. Er trug eine Weste über seinem weißen Hemd. Aus seiner Brusttasche hing die Kette einer Taschenuhr. Er erinnerte Torbeck an Doc Holliday bei einem Pokerabend im Salon. »ZERBERUS ist ein Stromfresser ohne Gleichen. Alleine die Kühlung mit flüssigem Stickstoff kostet enorme Energiemengen. Derzeit liegt der gemittelte Verbrauch bei 250 Megawatt. Wenn das Kraftwerk also 250 Megawatt erzeugt, leuchtet im Rest der Anlage noch keine einzige Glühbirne. Um diese Energiemengen zu erzeugen, brauchten wir einen Reaktor. Ein Geothermalkraftwerk wäre in seinen Dimensionen für diese Anlage einfach zu gewaltig.«

»Sie sagen, dass wir auf einer potenziellen Kernschmelze sitzen?« Wiegners Stimme klang beherrscht. Er hatte seine Wut eingefangen.

»Der Reaktor ist sicher. Aber auch im Fall eines technischen Problems ist die Kapselung so ausgelegt, dass sich die Schmelze nach unten in den Berg fressen kann. Die Anlage wird davon nicht betroffen sein«, sagte der eingeschüchterte Ingenieur.

»Das ist ja eine gute Nachricht.« Wiegner fuhr innerlich wieder hoch.

»Sie verstehen noch nicht, in welcher Situation wir uns befinden. Wir sind in einer Lage, die solche Bedenken unwichtig erscheinen lässt.« Der Professor hatte sich leicht vom Stuhl erhoben und beugte sich über die Tischplatte.

»Unwichtig? Ich kann...«

Torbeck unterbrach ihren Stellvertreter: »Wir sollten uns beruhigen.«

Die Anwesenden begannen untereinander zu diskutieren. Sie wartete einen Moment. Das Gerede hob an, die Teilnehmer verstrickten sich in Einzeldiskussionen. Torbeck stand auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ruhe!« Die Gespräche verstummten. »Wie der Herr Oberst sagte: Wir würden uns über eine vollumfängliche Aufklärung freuen.«

Der Professor nickte und hob seine Stimme. »Es handelt sich um den globalen Ausbruch einer Seuche. Die Krankheit hat sich in weniger als vierundzwanzig Stunden auf dem gesamten Planeten verbreitet.« Der Professor ließ seine Worte im Raum stehen.

Berger schüttelte den Kopf und grinste abwertend. »Schwachsinn«, zischelte er.

»Wie kann das möglich sein?«, fragte Kranz. Die Psychologin umklammerte mit weißen Fingerknöcheln das Kruzifix ihrer Kette. Das Getuschel begann erneut.

»Ich bitte um Ruhe«, sagte Torbeck. »Professor?«

Danielsen stellte sich hinter seinen Stuhl und stützte sich mit beiden Händen auf die Rückenlehne. Er zögerte, suchte nach Worten. »Mir ist bewusst, dass sie alle unter Druck stehen und auf Antworten drängen. Aber ich muss um Geduld bitten. Um zu verstehen, was geschehen ist, muss ich mit meinen Erklärungen am Anfang beginnen. Und so viel vorweg. Der Anfang ist nicht der gestrige Abend.«

»Was soll das heißen?«, fragte Wiegner.

Danielsen hob besänftigend eine Hand. »Im Winter 2003 bat mich mein Freund, Dr. Harbitz von der Charité in Berlin, um Hilfe. Er sendete mir eine Gewebeprobe zu, in der sich ein Zellcluster befand. Ich stellte fest, dass die Zellen des Clusters durch einen Virus befallen waren. Im Zytoplasma der Zellen erkannte ich deutlich eine große Anzahl von Einschlusskörperchen. In diesen durch die Viren erzeugten biochemischen Fabriken findet die Transkription und Replikation der Erreger statt. Sie sind ein deutliches Zeichen, dass eine Zelle durch einen Virus befallen ist. Die Zellen waren bereit, Viren herzustellen.« Danielsen atmete tief ein. »Die histologische Untersuchung ergab, dass die Einschlusskörperchen eine große Ähnlichkeit mit Negri-Körperchen aufwiesen. Als Negri-Körperchen werden die Einschlusskörperchen bezeichnet, die durch den Rabiesvirus verursacht werden. Es schien, als ob ich es mit von Rabiesviren befallenen Zellen zu tun hätte. Allerdings hatte ich einen solchen Zellcluster noch nie gesehen.«

»Was ist das für ein Virus?«, fragte Torbeck.

»Der Rabiesvirus? Tollwut, meine Liebe. Ganz ordinäre Tollwut. Ich rief Dr. Harbitz an und fragte ihn, ob das Individuum, von dem die Probe stammte, Anzeichen einer Tollwut-Erkrankung gezeigt hätte. Er erklärte mir, dass die Probe aus dem Kleinhirn eines 28-jährigen Mannes stammte, der durch einen Verkehrsunfall gestorben war und seinen Körper per Testament der Forschung zur Verfügung gestellt hatte. Bei der Sektion des Kleinhirns sei ihm der winzige Zellcluster aufgefallen, der sich optisch von dem umgebenden Gewebe unterschied. Er untersuchte ihn und zog die gleichen Schlüsse wie ich. Ich fragte ihn, warum ich seine Ergebnisse nochmals bestätigen sollte. Er wirkte nervös und erklärte, dass er das restliche Gehirn des Mannes untersucht habe. Das Ergebnis war hinsichtlich des Tollwutvirus negativ. Jetzt verstand ich ihn.« Danielsen umrundete den Stuhl, nahm sich sein Glas Wasser vom Tisch. Nachdem er getrunken hatte, redete er weiter. »Die Tollwut überträgt sich überwiegend durch einen Biss. Eine Tröpfcheninfektion ist in seltenen Fällen möglich. Das einzig Gute an der Tollwut ist, dass sie sich schwer überträgt und ein Impfstoff seit Langem bekannt ist.« Er hielt kurz inne. »Nicht möglich ist eine Heilung nach Ausbruch der Krankheit. Die Letalität liegt bei einhundert Prozent. Man muss wissen, dass die Viren im Körper zunächst die peripheren Nerven befallen und von dort zum Gehirn wandern. Dort angekommen vermehren sie sich fast ausschließlich in der grauen Substanz. Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich zwölf Wochen. So lange braucht der Virus, um das Gehirn zu erreichen. Ist er angekommen, explodiert er förmlich. Es ist unmöglich, dass sich der Virus in einem scharf umrissenen Bereich des Kleinhirns aufhält, ohne den Rest zu befallen und seinen Wirt zu töten. Aber genau das hatte er bei dem jungen Mann getan. Ein unbekannter Mechanismus hielt den Virus davon ab, sein Gefängnis zu verlassen. Der Cluster befand sich in einer Wartestellung. Er pausierte. Das fesselte meine Aufmerksamkeit. Das Ergebnis einer DNA-Analyse der Viren förderte weitere verwirrende Daten zutage. Es stellte sich heraus, dass Dr. Harbitz und ich nicht umsonst eine Ähnlichkeit zwischen dem Tollwutvirus und dem Virus im Zellcluster erkannt hatten. Der Zellclustervirus, wir haben ihn MCHI genannt, ist mit der Tollwut verwandt. Zunächst dachte ich, dass es sich bei MCHI um eine mutierte Form der Tollwut handelte. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Tollwut stammt von MCHI ab. Nicht umgekehrt. Ich war schlagartig Feuer und Flamme. Meine Nachforschungen ergaben, dass der von Dr. Harbitz gefundene Zellcluster bereits in den Vierziger Jahren durch einen ungarischen Mediziner in einem Fachartikel beschrieben wurde. Allerdings mit anderem Fundort. Der Kollege hatte den Zellverband im Stammhirn eines Hundes aufgefunden, untersucht und vergleichbare Schlüsse gezogen wie wir, selbstverständlich ohne die Möglichkeit einer DNA-Sequenzierung. Er berichtete darüber, dass das restliche Gehirn des Tieres nicht befallen war und der Hund bis zu seinem Tod keine Krankheitssymptome gezeigt hätte. Anscheinend wurde dem Ganzen keine Bedeutung beigemessen oder es geriet aufgrund der Kriegswirren in Vergessenheit. Wir fanden in keiner medizinischen Datenbank Belege für einen erneuten Fund. Aus meiner anfänglichen Verwirrung heraus erwuchs eine Idee. Eine ungeheure Idee.« Danielsen hielt inne. Es herrschte Grabesstille. »Ich bin eine Kapazität in meinem Fachgebiet. Daher genieße ich Privilegien. Es stehen mir beachtliche Ressourcen zur Verfügung, die ich ohne Absprache in meinem Sinne nutzen kann. Ich ließ sämtliche andere Projekte auf Eis legen und bündelte meine Mitarbeiter in einer Arbeitsgemeinschaft.« Danielsen beugte sich vor, in dem erneuten Bemühen ein Glas mit Wasser vom Tisch zu nehmen. Einer seiner Assistenten kam ihm zuvor und reichte es ihm. »Danke«, murmelte er und führte das Glas zum Mund. Seine Hand zitterte. Er sprach weiter: »Die wissenschaftliche Reise, die wir antraten, war ziemlich abenteuerlich. Aber für Einzelheiten ist an dieser Stelle kein Raum. Daher werde ich die Ereignisse raffen. Ich möchte vorab betonen, dass ich mit meiner Idee richtig lag. Leider.« Er holte Luft. »Die Sektion von menschlichen Gehirnen ist auch heute noch kein gewöhnlicher Vorgang. Die Anzahl der Leichen, die hierfür zur Verfügung stehen, ist limitiert. Daher arbeiteten wir zweigleisig. Wir untersuchten sowohl menschliche als auch tierische Gehirne. Um genauer zu sein die von Hunden. Die Untersuchungen ergaben Folgendes. Bei 32 Prozent aller menschlichen Proben konnte die Zellstruktur im Kleinhirn festgestellt werden. Bei Hunden lag der Anteil bei 44 Prozent. Es ist hierbei zu beachten, dass der Cluster selbst dann nicht leicht zu finden ist, wenn man gezielt nach ihm sucht. Die tatsächliche Durchseuchung dürfte sowohl beim Menschen als auch bei Hunden höher liegen. Wie viel höher, kann ich nicht genau sagen. Vermutlich sind es beim Menschen etwa 60 Prozent.«

»Durchseuchung? Sie wollen damit sagen, dass ein Großteil aller Menschen den Virus in sich trägt? Und Hunde sind ebenfalls betroffen? Wieso Hunde?« Torbeck war verwirrt.

Danielsen ging nicht auf ihren Zwischenruf ein. »Die betroffenen Menschen tragen einen Zellcluster in sich, der fähig ist, MCHI-Viren zu produzieren. Aber die Viruspartikel verlassen den Cluster nicht. Ihr Vorkommen beschränkt sich auf den Zellverband.«

»Und das bedeutet?«, fragte Wiegner.

»Stellen Sie sich vor, dass Sie ein Geheimagent sind. Sie tragen eine Zyankalikapsel in einem hohlen Zahn. Damit Sie im Fall Ihrer Enttarnung Suizid begehen können. Der Cluster verhält sich wie eine solche Giftkapsel. Nur mit dem Unterschied, dass Sie nicht derjenige sind, der die Entscheidungsgewalt hat. Sie beißen nicht. Sie werden gebissen. Und was die Hunde angeht.« Danielsen richtete sich an Torbeck. »Mittlerweile wissen wir, dass nicht nur Menschen und Hunde betroffen sind. Vielmehr trägt höchstwahrscheinlich jede Tierart den Cluster in sich. Genetisch sind alle Cluster verwandt. Sie unterscheiden sich im Detail. Wir nehmen an, dass sie sich an die jeweilige Art angepasst haben.«

Torbeck brauchte eine Pause. Das überforderte sie.

»Alle Tiere sollen diesen Cluster besitzen?«, fragte Dr. Hartmann. Der Arzt hatte die ganze Zeit zugehört, ohne ein Wort zu sagen. Jetzt platzte es aus ihm heraus. »Ich bin Arzt. Sie können mir nicht so einen Unsinn verkaufen. Das ist ...«

Die Psychologin würgte ihn ab. »Sie sagten, dass der Virus älter ist als der Tollwutvirus.«

»Genau so ist es«, antwortete Danielsen.

»Wie alt ist denn der Tollwutvirus?«, fragte Torbeck dazwischen.

»Ein erster schriftlicher Hinweis findet sich im Eshuma-Kodex von Babylon aus dem 23. Jahrhundert vor Christus. Der Virus ist natürlich wesentlich älter«, erklärte Hartmann. »Ich habe auch mal studiert.«

Der Professor redete weiter, beachtete den Arzt nicht. »Was Sie eigentlich wissen wollen, ist Folgendes. Wie alt ist der MCHI-Virus? Die Antwort lautet: sehr alt. Wir konnten repräsentative Bruchstücke der MCHI-DNA in verschiedenen Virenstämmen nachweisen. Mithilfe eines mathematischen Verfahrens, das die Genetiker Molekulare Uhr nennen, haben wir das Alter von MCHI grob geschätzt. Bitte zwingen Sie mich nicht, in die Details zu gehen. Die Mathematik, die dahinter steckt, ist nicht unbedingt trivial. Im Wesentlichen geht es um Mutationsraten.«

»Wie alt ist MCHI?«

»Lassen Sie es mich wie folgt ausdrücken. In der Erdgeschichte gab es mehrmals das Phänomen des Massensterbens. Wir haben ernsthaft diskutiert, ob das Aussterben der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren durch MCHI ausgelöst wurde.«

»Das ist lächerlich«, sagte Dr. Hartmann. Seine Stimme drohte sich zu überschlagen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. Es machte den Anschein, als hätte er mit der Besprechung abgeschlossen.

»Sie sagen, dass mehr als die Hälfte aller Menschen einen solchen Cluster in sich trägt. Wie zur Hölle kommt er dahin?«, fragte Wiegner.

»Er ist vermutlich in unserem Erbgut angelegt. Das ist jedenfalls die naheliegendste Erklärung.«

»Er wird vererbt?«

»Das nehmen wir an.«

»So etwas kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«

»Das ist an sich nichts Besonderes«, sagte Danielsen. »Zunächst muss man sich von der Vorstellung verabschieden, dass der Mensch ein Einzellebewesen ist. In Wirklichkeit werden wir seit Anbeginn der Zeit durch Kleinstlebewesen kolonialisiert. Auf der Haut leben Milben und Bakterien, im Mund finden Sie Amöben. Das Gesamtgewicht aller Bakterien in unserem Körper beträgt 2 Kilogramm. Zusammen entfalten sie eine biochemische Aktivität wie die Leber und bilden so gesehen ein zusätzliches Organ. Was wenige wissen, ist, dass Retroviren seit Millionen Jahren ihre Spuren in unserem Erbgut hinterlassen. Der Anteil der proteincodierten Gene, die bestimmen, ob ein Auge wächst oder dafür sorgen, dass ein Arm eine Hand bekommt, beträgt im menschlichen Genom lediglich 1,5 Prozent. Bei etwa 55,5 Prozent unseres Erbgutes handelt es sich um sogenannte Junk-DNA, deren Funktion wir gerade erst verstehen. Die restlichen 43 Prozent bestehen aus dem genetischen Code von Viren. Genauer gesagt handelt es sich um Bruchstücke oder vollständige Kopien endogener Retroviren. Diese setzen seit Hunderten von Millionen Jahren ihren Code in tierisches Erbgut ein und somit auch in unseres. Grob kann man sagen, dass fast die Hälfte unserer DNA von Viren stammt. Warum das so ist und welche Auswirkungen das auf den Menschen hat, ist nicht erforscht. Alleine die Tatsache, dass ein Virus in unserem Erbgut angelegt ist, ist jedenfalls nicht bemerkenswert.«

Wiegner zeigte sich erstaunt.

Danielsen fuhr fort. »Wie ich bereits erwähnt habe, ist MCHI mindestens mehrere Dutzend Millionen Jahre alt. Das bedeutet, dass sich die DNA des Virus in dieser Zeit unzählige Male kopiert hat. Hierbei passieren Fehler. Jeder genetische Code, der über einen so langen Zeitraum dupliziert wird, erleidet Veränderungen. Diese Veränderungen nennen wir Mutationen. Diese Mutationen sind der Grund, warum nicht alle Individuen den Cluster in sich tragen. Außerdem führte offensichtlich einer dieser Kopierfehler zu einem ungewollten Teilausbruch einer mutierten Form von MCHI. Als Andenken an diesen Unfall wurde der Welt die Tollwut geschenkt.«

»Ungewollt? Unfall?« Torbeck verstand nichts mehr. »Was soll das heißen? Hat der Virus einen Plan?«

Der Professor verzog das Gesicht. »Das tut mir leid. Da habe ich mich ungeschickt ausgedrückt. Natürlich wollte ich den Virus nicht vermenschlichen.«

Kranz sprang an. »Der Virus hat keinen Plan, aber er folgt einem. Dem Plan Gottes. Das ist das Jüngste Gericht.«

Torbeck warf einen schnellen Blick zu Wiegner hinüber. Der starrte Kranz mit großen Augen an. Im Besprechungsraum schwoll der Umgebungslärm an. »Das ist völliger Quatsch.« »Ich kann mir beim besten ...« »Lassen Sie Gott aus ...«

Torbeck sorgte energisch für Ruhe. Nachdem sich die Anwesenden beruhigt hatten, sprach Danielsen weiter. »Wir verstanden, dass wir einer gewaltigen Sache auf der Spur waren. Daher mussten wir uns an jemanden wenden, der über umfangreichere Ressourcen verfügte.«

»An wen?«, wollte Torbeck wissen.

»Deutschland.«

»Warum Deutschland? Nicht die USA oder meinetwegen Japan?«, fragte Torbeck.

»Ich muss gestehen, dass das etwas mit Forscherehrgeiz zu tun hat. Ich besitze gute Verbindungen in die Bundesrepublik, beherrsche selber die Sprache passabel. Ich dachte mir, dass meine Chancen, der führende Kopf zu bleiben, in Deutschland am größten seien. Ich meine im wissenschaftlichen Sinne. Die Amerikaner hätten mich vermutlich abgesetzt.«

»Ist MCHI der Grund, warum Fenris gebaut wurde?« Eigentlich kannte Torbeck die Antwort.

»So ist es. Wir hielten das Projekt so lange geheim wie möglich. Vermutlich ist es das gewaltigste Geheimprojekt in der Geschichte der Menschheit.«

»Hat denn nie jemand das Bedürfnis verspürt, mit den Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen?« Fragte Torbeck.

»Doch.«

»Und?«

»Er hatte einen Autounfall.«

»Sie meinen, er wurde getötet?«

»Er hatte einen Autounfall.«

Schweigen.

»Ich nehme an, dass es mehrere Unfälle in den letzten Jahren gab.«

»Es ist eine gefährliche Welt.«

»Warum wurden zwecks Bündelung der Ressourcen keine anderen Nationen eingebunden?«, fragte Wiegner.

»Sie verstehen nicht, womit wir es zu tun haben. Jedes lebende Ding auf diesem Planeten besitzt einen Ausschalter im Kopf. Wissen Sie, was der Name MCHI bedeutet?« Danielsen wartete keine Antwort ab. »Es steht für mors certa, hora in certa. Das ist lateinisch. Es bedeutet: Der Tod ist sicher, die Stunde ungewiss. Der Name wurde nicht ohne Grund gewählt. Wenn wir andere mit eingebunden hätten, dann wäre die Wahrscheinlichkeit enorm gestiegen, dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Je mehr Menschen ein Geheimnis teilen, umso weniger ist es noch ein Geheimnis. Die Konsequenzen eines Leaks wären unüberschaubar. Der soziale Kitt der Gesellschaft würde sich auflösen. Die Menschen würden sich fragen, ob die Person, die neben ihnen in der S-Bahn sitzt, zu den 60 Prozent gehört. Oder vielleicht sogar sie selber? Im Hintergrund die Frage: Wann bricht die Seuche aus? In zehn Jahren, morgen, in fünf Minuten? Steigende Mord- und Suizidraten. Religiöser Wahnsinn. Am Ende steht der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung. Das Risiko durften wir nicht eingehen.«

»Professor. Sie sprachen von einem Ausschalter, den jede Spezies besitzt. Was meinen Sie damit?«, fragte Torbeck.

Danielsen atmete schwer aus. »Der Zellcluster ist eine Virenfabrik im Leerlauf. Das erwähnte ich bereits. Diese Fabrik kann aktiviert werden. Wir wissen nur nicht, wie.«

»Was geschieht dann?« Torbeck ärgerte sich direkt, nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte. Was für eine dumme Frage.

»Schauen Sie aus dem Fenster«, sagte der Professor lapidar.

»Also hat etwas den Cluster aktiviert. Zeitgleich auf der gesamten Welt.«

»Annähernd zeitgleich. So wie es aussieht, ist genau das geschehen.« Danielsen setzte sich auf seinen Stuhl. »Die weiteren Ausführungen überlasse ich meinem Assistenten Dr. Reza.«

»Ist das nicht ein ganz außergewöhnlicher Zufall?« Es schien als würde Dr. Hartmann mit sich selber sprechen.

»Was meinen Sie?«, fragte Torbeck.

»Wir bauen diese Anlage. Und schon bricht die Seuche aus.«

»Wollen Sie andeuten, dass man wusste, dass der Virus ausbrechen wird?«

»Was denn sonst?«

»Das ist Unfug«, fuhr Danielsen den Doktor an.

»An diese Art von Zufällen glaube ich nicht.«

»Es ist immer dasselbe.« Die Stimme gehörte Dr. Keim. »Das Problem des Menschen mit dem sogenannten Zufall. Dabei ist der Zufall nur Illusion.«

»Wie meinen Sie das?«, fragte Torbeck.

»Nehmen wir die Anhänger der Gottesidee als Beispiel. Es gibt da einen bekannten Ansatz, mit dem die Existenz Gottes angeblich beweisbar ist.« Er sah abschätzig in Kranz Richtung. »Dass das Universum so ist, wie wir es kennen, verdanken wir einer ganzen Reihe von Naturkonstanten. Da wären die Strahlungskonstante, die Magnetische Feldkonstante, das Plancksche Wirkungsquantum, um nur einige zu nennen. Wenn nur eine dieser Konstanten einen geringfügig anderen Wert hätte, dann wären die Auswirkungen auf das Universum fatal. Atome würden sich nicht mehr zu Molekülen zusammenfinden oder erst gar nicht entstehen. Bei einer veränderten Gravitationskonstante würden sich keine Sterne oder Planeten mehr bilden können. An menschliches Leben wäre nicht zu denken. Es scheint also so, das es eine Macht gibt, die bei all diesen Konstanten einer Feinabstimmung durchgeführt hat. Diese Macht ist Gott. Bei dieser Argumentation übersieht man aber das anthropische Prinzip, das besagt, dass das beobachtbare Universum nur deshalb beobachtbar ist, weil es alle Eigenschaften hat, die dem Beobachter ein Leben ermöglichen. Dass alle Naturkonstanten so sind, wie sie eben sind, ist einfach nur Zufall. Nun kann man sagen, dass man solche gigantischen Zufälle nicht glauben mag. Das spielt aber keine Rolle. Wäre die Welt eine andere, dann wären wir nicht da und könnten uns über diesen gigantischen Zufall wundern. Zufälle fallen dem Menschen nur auf, wenn sie eine Wirkung auf ihn entfalten. Der Lottogewinn wird bestaunt, der Mensch, der vom Blitz getroffen wird, bemitleidet. Was viele nicht verstehen, ist, dass die Welt nur aus Zufällen besteht. Die meisten davon sind für uns nur bedeutungslos. In einfachen Worten. Wäre die Seuche früher ausgebrochen, dann würden wir nicht hier sitzen und uns über den Zeitpunkt des Ausbruchs Gedanken machen.«

Torbeck rauchte der Kopf. »Ich denke, eine kurze Pause wird uns gut tun.« Sie musste dringend einiges in ihrem Kopf sortieren.