13.
Das imposante Herrenhaus stand am Ende einer fast zwei Kilometer langen Zufahrtsstraße. Es war aus unbehauenen Steinen errichtet und gut zweihundert Jahre alt. Ursprünglich für ein Mitglied einer deutschen Königsfamilie gebaut, stand das eindrucksvolle Gebäude ungefähr hundertdreißig Kilometer von Berlin entfernt auf einem Grundstück von mehr als vierhundert Hektar. Gerüchten zufolge verfügte das riesige Haus über mehr als einhundert Zimmer. Die vielen eleganten Luxusautos in den Garagen wurden nur selten benutzt. Hauseigene Mechaniker waren die Einzigen, die diese Wagen fuhren und in Schuss hielten für den Fall, dass der Besitzer irgendwann beschließen sollte, einen Führerschein zu machen.
Es kursierten Gerüchte über das wilde Treiben des gegenwärtigen Bewohners hinter den hohen Mauern, die das ganze Anwesen umgaben. Die Sicherheitsstandards waren mit denen einer US-Botschaft vergleichbar. Allein zwanzig Bedienstete waren für das Grundstück verantwortlich. Ihr wöchentliches Gehalt von zweitausend Euro erhielten sie nicht nur für ihre besonderen Fähigkeiten – es diente auch dazu, lockere Zungen in Schach zu halten. Jeder hatte seine spezielle Aufgabe: Gartenarbeit, Rasenpflege, Instandhaltung der Hausfassaden. Diese Fähigkeiten hatten die Bediensteten sich erst aneignen müssen, denn sie alle waren beim Militär gewesen. Und nun hatten sie einen Job, der ihnen nicht allzu viel abforderte und erstklassig bezahlt wurde. Ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten im Umgang mit Waffen waren hier nicht gefragt, obwohl keiner von ihnen verstand, warum ein ehrlicher Geschäftsmann seine eigene Privatarmee brauchte.
Die Eingangshalle war sensationell. Sie reichte bis zum zweiten Stock hinauf. Die Bleiglasfenster waren so angeordnet, dass den ganzen Tag Licht in die Halle fiel. Im großen Innenbereich herrschten kräftige, dunkle Farben vor. Die dunklen Mahagoniwände waren durch braune und grüne Vorhänge abgesetzt. Die Möblierung war eine Mischung aus verschiedenen Epochen und Stilrichtungen, und die Tapisserien waren älter als der Grundstein des Hauses. Der zur Schau gestellte Reichtum war mehr als beeindruckend.
Eines fiel besonders ins Auge: Es gab keine Hausherrin. Die Villa war das Haus eines Mannes. Es gab keine hübschen Blumentapeten im Wohnzimmer, kein fröhliches Gelb im Salon. Alles wies auf einen männlichen Bewohner hin, bis hin zu den Bediensteten.
Charles, der Butler, war ein freundlicher alter Herr mit tiefliegenden Augen im runzeligen Gesicht. Charles führte das Regiment im Haus. Sein Wort war Gesetz. Der Butler kannte den Herrn besser als jeder andere – seine Bedürfnisse, Wünsche und Geschmäcker. Der Hausherr war zwar ruhig und zurückhaltend, doch Charles wusste, dass es für Menschen, die ihn verärgerten, keine Rückkehr gab. Niemand würde Charles daran hindern, alles für diesen Mann zu tun, der das riesige Haus regierte.
Charles begrüßte Michael, bat ihn ins Haus und führte ihn in die Bibliothek. Er bot an, Michael die Jacke und den Rucksack abzunehmen, doch Michael lehnte ab. Er hatte nicht die Absicht, sich von dem Rucksack zu trennen, bis das Geschäft unter Dach und Fach war. Charles schenkte Michael einen Drink ein, verneigte sich und zog sich zurück, nachdem er Michael aufgefordert hatte, es sich bequem zu machen.
In der Bibliothek standen Tausende von Büchern. Michael ging am riesigen Kamin und den ledernen Ohrensesseln vorbei zu der Leiter, die bis an die sieben Meter hohe Decke reichte und sich auf einer Schiene bewegen ließ. Michael hätte ein ganzes Leben in dieser Bibliothek verbringen können, ohne auch nur die Hälfte der Bücher gelesen zu haben. Er zog einen alten, ledergebundenen Band über Geologie aus dem Regal und stellte sich ans Fenster, wo das Licht besser war. In dem Moment, als er das Buch aufschlug, wurde die Tür geöffnet.
Finster stand lächelnd im Türrahmen.
»Eines meiner Lieblingsbücher«, sagte er mit einem Augenzwinkern, wobei er auf Michael zuging. »Es wurde 1912 von Alfred Wegener verfasst, dem Wissenschaftler, der die Theorie der Kontinentalverschiebung begründet hat. Sie halten gerade eines von nur drei existierenden Exemplaren in Händen. Es ist unschätzbar wertvoll.«
»Oh ... tut mir leid.« Michael klappte das Buch zu und wusste nicht, wohin damit. Er stand da, als wäre er bei einem Diebstahl ertappt worden.
»Sie sind mein Gast, und ich freue mich über Ihren Besuch und Ihr Interesse«, sagte Finster. »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause. Und behalten Sie das Buch. Es gehört Ihnen.«
»Aber ich ...«
»Keine falsche Bescheidenheit.«
»Aber das kann ich nicht annehmen ...«
»Sie müssen es wissen. Falls Sie Ihre Meinung ändern, sagen Sie es mir«, erwiderte Finster. »Noch einen Drink?«
Wie aufs Stichwort trat Charles mit einem silbernen Tablett, auf dem zwei Champagnerflöten standen, ins Zimmer. Finster reichte Michael ein Glas und hob seins. »Auf die Genesung Ihrer Frau.«
»Danke«, sagte Michael, als sie anstießen.
»Kann ich Sie überreden, zum Abendessen zu bleiben ?«
»Tut mir leid, aber mir fehlt die Zeit.«
»Sie rauchen aber doch sicher eine Zigarre mit mir?« Finster nahm zwei Zigarren aus einem Karton und bot Michael eine an.
Michael hob ablehnend die Hand.
Finster lächelte. »Ich habe zu viele Laster. Alkohol, Zigarren, Frauen ... Wie heißt es gleich ? Der Geist ist willig...«
»... aber das Fleisch ist schwach. Es tut mir leid, Mr. Finster, aber ...«
»August«, sagte Finster.
»August. Sie verstehen sicher, dass ich unser Geschäft gerne abschließen und dann zu meiner Frau zurückkehren möchte.«
»Natürlich. Aber erzählen Sie mir erst einmal, was in Rom passiert ist. Ich habe nichts mehr von Ihnen gehört, seit Sie Italien verlassen haben. Und bei unserem letzten Telefonat waren Sie sehr geheimnisvoll.«
»Rom, der Vatikan ... es war ein Köder.« Michaels Stimme klang erschöpft. »Die echten Schlüssel wurden in der Nähe von Jerusalem aufbewahrt.«
»Jerusalem?« Finster horchte auf. »Wo genau ?«
»In einer kleinen, abgelegenen Kirche.«
»Interessant. Gab es dort Wächter?«
»Einen.«
Finster dachte kurz nach. »Haben Sie ihn ausgeschaltet ?«
»Er hat versucht, mich auszuschalten.«
»Und was haben Sie getan?«
»Ich bin geflohen.«
Finster lächelte. »Können Sie den Wächter beschreiben ?«
»Es war dunkel«, erwiderte Michael, der sich plötzlich unbehaglich fühlte. »Warum fragen Sie?«
Finster drehte sich um und öffnete die Tür zum Gang. »Kommen Sie. Ich zeige Ihnen das Haus. Dabei können wir uns unterhalten.«
Michael legte das Buch auf den Tisch und folgte Finster.
Sie gingen durch das große Haus, an Billardräumen und Spielzimmern, Tanzsälen und Salons vorbei. Finster zündete seine Zigarre an, nahm einen tiefen Zug und atmete langsam den Rauch aus, der in einer dichten blauen Wolke über ihren Köpfen aufstieg.
»Das Leben ist ein Vergnügen.« Finster genoss den Augenblick. »Ich habe kürzlich in einer Studie gelesen, dass die Befriedigung eines Lasters gesund sein kann. Und was ist ein Laster ? Es ist etwas, das wir vergnüglich und unwiderstehlich finden. Haben Sie ein Laster, Michael?«
»Nicht mehr.«
»Natürlich.« Als Finster nickte, wippte sein weißer Pferdeschwanz. »Sie sind ein geläuterter Mann. Ich hingegen ... nun, sagen wir, ich muss erst noch den Menschen treffen, der mich von meinem Weg abbringen kann. Ich könnte ohne meine Schwächen«, er hielt seine Zigarre und den Drink hoch, »nicht leben.«
»Das weiß man nie, ehe man es nicht versucht hat«, erwiderte Michael.
»Warum sollte ich? Ich habe mir das Recht verdient. Ich habe die Macht, aufzuhören oder weiterzumachen, und nur das ist wichtig. Die Macht.«
»Offenbar waren Sie nie verheiratet.«
Finster lachte und klopfte Michael auf die Schulter. »Kommen Sie. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Vor einer massiven Holztür blieben sie stehen. Das erdbraune Holz war vermutlich Jahrhunderte alt. Die rustikale Tür wirkte in dem eleganten Haus seltsam fehl am Platze. Als Finster sie öffnete, quietschten die Angeln. Vor ihnen lag eine lange Steintreppe. Ein moderiger Geruch stieg aus der Tiefe empor. Michael konnte diesen Geruch nicht einordnen, doch er rief unangenehme Erinnerungen an das Gefängnis wach. Wie in einem Gruselfilm schlängelte die Treppe sich hinunter in die Dunkelheit.
»Ein bisschen dramatisch«, sagte Michael.
»Aber es hat Atmosphäre, das müssen Sie zugeben«, erwiderte Finster fröhlich, als er Michael voran die Treppe hinabstieg.
Die pechschwarze Dunkelheit verschluckte sie. Michael liebte die Dunkelheit; sie war sein Freund gewesen. Aber nicht diese undurchdringliche Finsternis. Wieder stieg ihm der Geruch in die Nase. Ein unangenehmer, moderiger Gestank von Gefängniszellen, Einzelhaft und Todestrakt. Der Geruch der Hoffnungslosigkeit.
Ihre Schritte hallten von den Wänden wider. Michael folgte Finster auf den Fersen. Finster blieb seltsam still. Er bot weder Erklärungen an, noch wies er Michael den Weg.
Sie stiegen mindestens zwei Minuten lang in die Tiefe und durchquerten dann das schummrige Kellergewölbe. Je tiefer sie hinabstiegen, desto feuchter wurde die Luft. In diesen Katakomben war es nasskalt und unheimlich. Michael kam der beängstigende Gedanke, dass er hier unten keine Chance hatte, wenn Finster ihn umbringen wollte. Das war einer der Gründe, warum er niemals im Auftrag eines Dritten handelte: Man konnte einen Auftraggeber oder dessen Motive niemals richtig durchschauen. Ein Mord war nur einen Schritt von einem schweren Diebstahl entfernt.
Als das Licht urplötzlich aufflammte, brannten Michaels Augen, und schwarze Punkte auf der Netzhaut trübten seinen Blick. Instinktiv schirmte er die Augen mit der Hand ab. Nach ein paar Sekunden hatten sie sich an die Helligkeit gewöhnt, und Michael schaute sich um.
Was er sah, verschlug ihm den Atem.
Er erblickte eine Sammlung von Kunstwerken, von denen einige uralt waren, während andere aus jüngerer Zeit stammten. Tongefäße, mittelalterliche Rüstungen, afrikanische Holzschnitzereien, orientalische Piktogramme. Alle Kunstwerke unterschieden sich stark, doch eines hatten sie gemein: Alle hatten einen religiösen Hintergrund. Es war eine beängstigende Galerie, in der die Themen Religion, Angst und Entsetzen vorherrschten. Stapel von Gemälden standen an den Wänden. Gesichter schienen um Gnade zu schreien, als wären sie auf der Leinwand gefangen.
»Und?«, fragte Finster stolz.
»Einzigartig...« Mehr brachte Michael nicht hervor. Er bemühte sich nach Kräften, seine Angst zu verbergen.
»Charles, mein Butler, nennt es ›das Verliese«
»Das trifft es ganz gut.« Michael hoffte, dass diese lässige Bemerkung seine Panik verbarg, als er den Rucksack, in dem sich das Kästchen mit den Schlüsseln befand, an sich drückte. Er konnte es sich nicht erklären, aber dieses Kästchen schien der einzige Gegenstand zu sein, der ihm Trost spendete, als er nun den Blick durch die furchteinflößenden Kellerräume schweifen ließ.
Finster zeigte auf einen Gang, der zwischen den Kunstwerken zu einem anderen Flügel führte. »Hier entlang.«
Das gesamte Kellergewölbe sah aus, als entstammte es dem Mittelalter. Die Ausmaße mussten gigantisch sein, denn das Licht verlor sich in der Dunkelheit, ohne das Michael die Rückwand sehen konnte. Das Haus selbst war jahrhundertealt, aber diesen Keller musste es noch viel länger geben. Es war eine andere Welt tief unter der Erde, ein gespenstischer Ort, an dem Finster eine makabre Sammlung des Schreckens aufbewahrte, die niemals auf einer Auktion bei Sotheby's versteigert werden würde.
War das nur die sonderbare Sammlung eines Exzentrikers, oder steckte etwas Schlimmeres dahinter ? Als Michael an den Kunstwerken vorbeiging, versuchte er sich einzureden, dass er voreilige Schlüsse zog. Vielleicht war dies hier nur ein Lagerraum für befremdliche Kunstobjekte – Dinge, die Finster für ungeeignet hielt, um sie im Haus zur Schau zu stellen. Vielleicht war das hier bloß eine Art Speicher, vollgestopft mit wundersamen und erschreckenden Gegenständen, die sich im Laufe von Jahrhunderten angesammelt hatten und die auf den ersten Blick unheimlich wirkten, aber im Grunde eine viel unschuldigere Bedeutung hatten. Wie eine alte Porzellanpuppe, der ein Auge fehlte, oder eine verstaubte Truhe, die mit mottenzerfressenen alten Kleidern gefüllt war.
Sie gelangten an eine große Holztür. Das alte Schloss war pechschwarz. Finster zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und öffnete die Tür.
Dieser Raum war klein, vielleicht neun Quadratmeter groß. Hier wurden keine Kunstwerke aufbewahrt. In zwei Metern Höhe waren Regale in die Steinwände gehauen, und in der Mitte stand ein Mahagonisockel.
»Hier bewahre ich meine Neuanschaffungen auf, damit ich mich ungestört daran erfreuen kann.« Finster zündete mit seiner Zigarre eine Kerze auf einem Regal an und lächelte. »Das schafft Atmosphäre, nicht wahr?«
Michael beobachtete Finster, der nun an allen vier Wänden Kerzen anzündete. Der Raum erwies sich als freundlicher, als Michael erwartet hatte. Hier gab es keine absonderlichen Schnitzereien oder Statuen, die ihn anstarrten, keine leidenden Blicke aus der Finsternis. Der flackernde Kerzenschein tanzte an den Wänden. Nach der makabren Sammlung, die sie soeben gesehen hatten, konnte man die Atmosphäre hier beinahe als friedlich bezeichnen.
Michael schwieg, als er in den Rucksack griff und das geschnitzte Kästchen hervorzog und es Finster hinhielt.
Finster wich zurück und hob abwehrend die Hände. »Ihnen selbst gebührt die Ehre, die Schlüssel auf den Sockel zu legen.«
Verwirrt kam Michael der Aufforderung nach. Er öffnete das Kästchen und trat einen Schritt vor, um Finster die Schlüssel zu zeigen. Dieser spähte kurz darauf und wich dann noch weiter zurück.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Michael.
»Nein, nein, es ist atemberaubend. Es ist nur... ihre Schönheit flößt mir Ehrfurcht ein«, sagte Finster und stellte sich in den Eingang.
Michael griff in das Kästchen, zog den silbernen Schlüssel heraus und reichte ihn seinem Gastgeber. Doch der hob wieder die Hand. »Nein.« Finster zitterte jetzt. Er schien sein Glück, endlich die Schlüssel zu besitzen, gar nicht fassen zu können.
»Er wird Sie schon nicht beißen«, sagte Michael.
»Man kann nie wissen«, erwiderte Finster mit einem verzerrten Lächeln. »Ich ziehe es vor, meinen Besitz alleine zu begutachten. Ich möchte mir Zeit lassen. Wenn ich etwas bekomme, was ich mir so lange gewünscht habe, bin ich manchmal ...« Er verstummte kurz. »... überwältigt.«
Michael drehte sich zu dem Sockel um. Er hoffte inständig, dass Finster sein Gesicht nicht gesehen hatte, denn mit einem Mal hatte er noch mehr Angst als vorhin in dem anderen Kellerraum. Finster hatte ihn beauftragt, diese Schlüssel zu stehlen, und jetzt fürchtete der Mann sich vor ihnen. Ja, er hatte panische Angst. Er weigerte sich sogar, die Schlüssel zu berühren, als könnten sie die Pest übertragen.
Michael wurde misstrauisch. War er jetzt, nachdem er seine Mission erfolgreich abgeschlossen hatte, in noch größeren Schwierigkeiten, als er vorher angenommen hatte? Steckte mehr hinter diesen Schlüsseln, als er ahnte? Wenn einer der mächtigsten Männer der Welt so große Angst vor ihnen hatte, stellte sich die Frage nach dem Grund.
Mit einem Mal wollte Michael nichts wie hinaus aus diesem Keller, zurück ins Freie, zurück ins Licht, zurück zu Mary. Nur weg von hier.
Er legte die beiden Schlüssel auf das Samtkissen auf dem Sockel und stellte das Kästchen daneben. Dann trat er zurück und schauderte: Als er die Schlüssel dort liegen sah, spürte er tief in seinem Inneren, dass er einen schrecklichen Fehler begangen hatte und dass dieser Diebstahl sehr viel schlimmer war als bloß ein Gesetzesverstoß.
»Das Geld habe ich bereits überwiesen«, sagte Finster und riss Michael aus seinen Gedanken. »Zusätzlich einen Bonus von zweihundertfünfzigtausend Dollar, damit Sie das Leben genießen können, sobald es Ihrer Frau wieder besser geht.«
Michael drehte sich zu seinem Auftraggeber um. Auch wenn es ihm falsch vorkam, was er getan hatte, erinnerte er sich daran, dass dieser Diebstahl ihm die Chance verschafft hatte, Marys Behandlung zu bezahlen und ihr das Leben zu retten. Mit diesem Gedanken versuchte Michael sein Gewissen zu beruhigen.
»Danke«, sagte er, als Finster ihm die Quittung der Überweisung reichte.
»Und ich danke Ihnen. Ich wünsche Ihrer Frau eine rasche Genesung, damit Sie beide wieder ins gemeinsame Leben zurückkehren können.«
Finster führte Michael aus dem kleinen Raum. Ehe er die Tür schloss, warf er einen letzten Blick auf seine neue Beute. Ein Lächeln legte sich auf seine schmalen Lippen. Doch es war kein Lächeln, das Freude oder Glück ausdrückte. Es war ein Lächeln des Triumphs – das Lächeln eines Generals, der soeben einen Feind vernichtet hatte. Es war das Lächeln eines kriegsmüden Kaisers, der kurz vor der Niederlage eine Waffe bekommen hatte, die die Wende im Krieg herbeiführen und ihn retten konnte.