40

»Komm schon«, sagt er. »Gehen wir ins Pub. Tina ist dort, und ich wette, du könntest einen Tapetenwechsel vertragen.«

Er wäscht sich die Hände an der Spüle. Seine Hände und seine schlanken, muskulösen Unterarme. Sie scheinen mit schwarzer Schmiere bedeckt zu sein, was sie erstaunt, da sie nicht wusste, dass man als Elektriker bei der Arbeit schwarz verschmierte Hände bekommt …

»Hmm …«

»Sie kann bei uns übernachten. Unsere Mutter passt heute Abend auf die Kinder auf, und ich glaube nicht, dass es ihr etwas ausmacht, wenn noch eines mehr da ist.«

Ihr fällt kein weiterer Einwand ein, obwohl sie die Einladung seltsamerweise beunruhigend findet. Sie war nicht mehr aus – jene Art von Ausgehen, die keine andere Rechtfertigung hat, als sich zu amüsieren – seit … seit … sie kann sich gar nicht mehr daran erinnern. Seit Yasmin auf der Welt ist, vermutet sie. Kurz nach ihrer Geburt fing Kieran an, allein auszugehen, und hat nie angeboten, sie mitzunehmen. Und wie es bei vielen Leuten, die selbst fremdgehen, der Fall ist, war er bei dem Gedanken, dass sie ohne ihn ausgehen könnte, äußerst argwöhnisch und eifersüchtig. Nachdem ihr durch eine Tür, die wütend zugeknallt wurde, ein paar Finger gebrochen wurden, nur weil sie sich mit ein paar Freundinnen treffen wollte, fragte sie nur noch zögerlich um Erlaubnis, und es dauerte nicht lange, da wandten sich ihre alten Freundinnen, entmutigt von ihren unverbindlichen Antworten, ab und suchten sich eine geselligere Kameradin.

Was soll ich anziehen? Weiß ich überhaupt noch, wie man eine Unterhaltung führt? Wenn es nicht um Yasmin, die Arbeit oder die Frage geht, warum ich einen Überziehungskredit brauche?

»In Ordnung.«

»Begeisterung. Genau, das gefällt mir.«

Sie lacht. »Tut mir leid. Ja. Kannst du mir zehn Minuten geben? So kann ich ja nicht ausgehen.«

»Du siehst großartig aus. Du brauchst nur noch ein Paar Gummistiefel, dann merkt keiner, dass du nicht schon dein ganzes Leben zu den Einheimischen hier zählst. Ich sag dir was. Soll ich Yasmin nicht gleich mit zu mir nehmen? Ich hätte nichts dagegen, mich auch ein bisschen frisch zu machen. Dann treffen wir uns in einer Dreiviertelstunde im Pub.«

»Wenn du dir sicher bist …«

»Ich bin mir über gar nichts mehr sicher, seit Jeffrey Archer im Knast gelandet ist. Aber es könnte nett werden. Wenn man es nicht ausprobiert, findet man es nie heraus.«

»Ach. Ja dann, okay.«

Kaum ist sie in ihrem Zimmer, da wird sie von panischer Angst vor jeglicher Art von Geselligkeit ergriffen. Sie ertappt sich dabei, dass sie etwas macht, was sie nicht mehr getan hat, seit sie Anfang zwanzig war: Sie hat den ganzen Inhalt ihrer Schubladen auf den Boden geleert und kramt verzweifelt alles durch. Ich hab nichts anzuziehen. Ehrlich, ich hab nichts. Die einzigen Sachen, die halbwegs festlich sind, stammen aus der Zeit vor Yasmins Geburt, als sie noch Kleidergröße 42 hatte, einen flachen Bauch und Brüste, die noch an der richtigen Stelle saßen, und diese kitschigen Glitzersachen hier werden sich bestimmt nicht auf die üppige Größe 44 dehnen lassen, die die Mutterschaft und das Unglück ihr gemeinsam aufgezwungen haben. In ein paar der Tops könnte sie sich wohl hineinzwängen, aber sie wären so eng, dass sie in einem Pub auf dem Lande wie eine Schlampe wirken würde.

Verzweifelt hebt sie die Teile hoch, schaut sie an, legt sie zurück. Alles, was aus der Kieran-Zeit stammt, ist weit, dunkelfarbig, jene Art von Kleidung, mit der man so wenig Raum wie möglich einnimmt, jene Art von Kleidern, mit denen man sich in Ecken verkriecht und versucht, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Mein Gott, was hatte ich früher für Kleider: die bauchfreien Tops und Miniröcke, die paillettenbesetzten Sachen und die tiefen Ausschnitte. Die Schuhe, die für jede Frau untragbar waren, es sei denn, sie fuhr überall mit dem Taxi hin. Damals habe ich wirklich geglaubt, ich würde gut aussehen. Nein, ich habe gut ausgesehen. Ich sah aus wie eine zuversichtliche, erfolgreiche Londonerin; wie die junge Frau, die ein Ziel vor Augen hatte. Ja, damals sah ich aus wie der Mensch, der ich auch war.

Ich vermute, ich sehe noch immer aus wie der Mensch, der ich bin. Die Kleider aus der Zeit, nachdem ich Kieran kennengelernt habe, sind nichts anderes als praktisch: Jeans und Oberteile, die sich leicht waschen lassen und auf denen Flecken nicht auffallen. Kleider, die in der Kleiderkammer der Wohlfahrt gekauft wurden, damit Geld für Yasmin übrig blieb: Kleider, die zu erkennen geben, dass ich nicht erwarte, angeschaut zu werden und auch nicht angeschaut werden möchte.

Wieso ist mir das bisher nicht aufgefallen? Wie kommt es, dass ich nicht bemerkt habe, was ich da mache, als ich die Kleiderständer beim Roten Kreuz durchgesehen und mir die malvenfarbigen Sachen für dicke Frauen und jene im Igno-rier-mich-Blau ausgewählt habe? Wann habe ich eigentlich aufgegeben? Wann habe ich beschlossen, dass es am besten sei, wenn niemand mich ansieht? Die ganze Zeit habe ich neben Carol gewohnt, mit ihren superbilligen, aber immer modischen Kleidern und stets gestylten Haaren, und habe trotzdem den Kontrast nicht bemerkt, wenn wir an einem spiegelnden Schaufenster vorbeigegangen sind. Ich habe den Kontrast zu ihr natürlich schon festgestellt, aber ich habe nie den Kontrast zu meinem früheren Aussehen registriert. Wie blind hat er mich gemacht? Wie blind habe ich mich selbst gemacht?

Na ja, ich kann Jeans anziehen. Viele Alternativen habe ich sowieso nicht. Entweder Jeans oder eine der drei schwarzen Stretchhosen mit dem dehnbaren Bund, die Sporthosen so ähnlich wie nur möglich kommen, ohne allerdings einen weißen Streifen an der Seite zu haben. Sie wählt die neueste Hose, die mit den wenigsten Flecken und dem tiefsten Bund. Hoffentlich sehen der abgewetzte Stoff an den Knien und der Riss am Oberschenkel gewollt aus und werden als Modestatement aufgefasst statt als Zeichen der Armut. In einer Ecke der Schublade entdeckt sie eine dunkelrote hüftlange Tunika aus bestickter Viskose, die Carol ihr einmal zum Geburtstag geschenkt hat und an der noch immer die Etiketten hängen. Der V-Ausschnitt ist sehr tief und lässt einiges vom Dekolleté sehen, was der Grund ist, warum sie damals nicht wagte, sie anzuziehen. Jetzt schaut sie sie an und stellt fest, dass Carol gut gewählt hat. Das ist ein ideales Kleidungsstück, um das Selbstwertgefühl zu heben; es kaschiert alle möglichen Problemzonen und besitzt den entscheidenden Vorteil, dass es nicht zu aufgetakelt aussieht.

Sie dankt Carol, wo immer sie auch gerade sein mag, und zieht sich die Tunika über. Es bleibt ihr keine Zeit, sie zu bügeln. Sie wird sie zerknittert tragen, dann wird keiner denken, sie hätte sie sich extra gekauft.

Draußen ist es richtig kalt geworden. Die Hecken sind bereits mit Raureif überzogen, und die Bäume wirken wie Marmorstatuen, als sie zum Dorf hinunterfährt. Das Pub sieht gemütlich und einladend aus, orangefarbenes Licht fällt durch die winzigen Fenster. Sie kuschelt sich tiefer in ihren alten Ledermantel, hastet in ihren flachen Wildlederstiefeln über den Parkplatz. Der linke hat ein Loch in der Sohle; beim Gehen spürt sie den gefrorenen Asphalt.

Sie sitzen in der Ecke, eng nebeneinander auf Hockern um einen winzigen Tisch mit Kupferoberfläche. Sie hatte mit einem dieser amerikanischen Werwolfmomente gerechnet, als der berauschende Mief von Bier, Zigarettenrauch und Shepherd’s Pie sie umfing (komisch, denkt sie, dass Yasmin diesen speziellen Geruch nie kennenlernen wird), aber zu ihrem Erstaunen setzt die Unterhaltung bei ihrem Eintreten kaum aus. Im Gegenteil, ein paar Leute begrüßen sie sogar, als wäre sie hier seit Jahren Stammgast.

Mark hat sich einen dunkelgrünen Pullover und darunter ein weißes T-Shirt angezogen. Tina trägt einen knöchellangen Zigeunerrock: mindestens zwei Jahre alt, aber gut gegen die Kälte. Ein Paar sitzt bei ihnen, das sie vage von der Schule wiedererkennt. Alle lächeln, als sie sie sehen, und vergrößern ihren Kreis, und der Mann, dessen Namen sie nicht weiß, zieht einen Hocker, den sie für sie reserviert haben, heran und deutet darauf. Mark springt auf. »Was kann ich dir holen?«

»Ach – mach dir keine Umstände. Ich …«

»Ich gehe sowieso«, sagt er, »und hole eine Runde. Was hättest du gern?«

Sie weiß es nicht. Sie ist dermaßen aus der Übung, dass sie vergessen hat, was Frauen in Pubs gewöhnlich trinken. In London war sie immer in Weinbars: Unmengen von Chardonnay, der zu stark nach Eiche schmeckte und am nächsten Morgen Verdauungsprobleme verursachte. Aber in London gab es Taxen, und nach den Gerüchen zu urteilen, die aus dem Raum jenseits der Bar dringen, schließt sie, dass in dieser Ecke Cornwalls die Qualitätsrevolution der Pubs noch nicht Einzug gehalten hat.

»Nur ein Ginger Ale, bitte.« Sie zeigt ihnen ihren Autoschlüssel. »Ich muss noch fahren.«

»Ach, komm schon«, sagt Tina. »du brauchst bloß eine halbe Meile auf einer leeren Straße zu fahren. Du kannst dir schon einen Drink gönnen.«

»Ich …« Wo kommt bloß diese Zögerlichkeit her? Ich klinge wie eine jener alten Jungfern, die man in Filmen aus den 1940er Jahren sieht und die sich ständig für ihr Dasein entschuldigen. »In Ordnung. Ich nehme eine Halbe.«

»Eine Halbe wovon?«

»Keine Ahnung …«

»Das Bitter ist gut.«

Sie nickt. »Okay, Bitter.« Dann entsinnt sie sich ihrer Manieren und fügt ein Dankeschön hinzu.

»Es ist kalt, nicht wahr?«, sagt die Frau.

Bridget nimmt Platz und fängt an, sich den Schal vom Hals zu wickeln. »Ja.«

»Wie ist es denn auf Rospetroc bei diesem Wetter?«

»Ach, in der Wohnung ist es gut. Nett und gemütlich. Und auch im Rest des Hauses hat er eine gute Heizung installiert, allerdings schalte ich sie, wenn keine Gäste da sind, nur so ein, dass die Wasserrohre nicht gefrieren.«

»Haben Sie im Moment viele?«

»Seit dem Weihnachtsansturm nicht mehr. In ein paar Wochen kommt ein Paar für die Flitterwochen, falls Mark bis dahin fertig ist.«

»Ach, das wird er bestimmt«, sagt Tina. »Er repariert es ja nur provisorisch. Allerdings wird die ganze Elektrik, so wie ich es verstehe, irgendwann mal komplett erneuert werden müssen.«

»Zweifellos«, antwortet sie. »Solange er es hinkriegt, dass es bis zum Frühjahr funktioniert, bin ich ihm ewig dankbar.«

»Carla ist ganz fasziniert von dem Haus«, stellt die Frau fest.

»Ach ja«, erwidert Bridget. »Sie sind also Carlas Mutter? Tut mir leid. Ich kann mir schrecklich schlecht merken, wer wer ist.«

»Ja«, antwortet sie und streckt ihr die Hand entgegen. »Penelope Tremayne. Penny. Und das ist Tony.«

»Hallo.« Sie schüttelt ihm die Hand.

»Hallo.«

»Tonys Mutter hat früher dort gearbeitet«, erzählt Tina.

»Hat dort sauber gemacht.«

»Ach, wirklich?«

Tony nickt. »War eine verrückte alte Kuh, die Mrs Blakemore. Völlig durchgeknallt war die. Mum hat es nicht lange dort ausgehalten, aber das hat ja keiner. Sie kam mit dem alten Mädchen nicht zurecht. Paranoid reicht als Beschreibung gar nicht aus.«

»Hmmm. Daraus schließe ich, dass sie nicht gerade die beste Arbeitgeberin war.«

»Nein. Unglaublich knauserig und außerdem noch richtig gemein. Darüber hinaus meistens betrunken. Hat die Leute immer beschuldigt, irgendetwas mitgehen zu lassen. Und hat sich ständig umgeblickt, als würde jemand hinter ihr stehen. Mum gehört nicht zu den Abergläubischen, aber selbst sie hat gesagt, dass sie dort Zustände bekommen hat.«

»Das würde mir genauso ergehen«, stellt Tina fest. »Gab es da nicht Gerüchte über sie? Oder war das nur Kindergeschwätz?«

Tony zuckt mit den Achseln. »Ein bisschen von beidem, vermute ich. Erinnerst du dich nicht? Wir haben immer behauptet, dass da ein Kind irgendwo im Garten begraben sei. Allerdings dachte ich, das sei Hugh, nicht sie. Wie auch immer.«

»Oh, ja«, sagt Tina. »Jetzt erinnere ich mich. Ich hatte das fast vergessen. Im Krieg soll es da doch gespenstische Vorfälle gegeben haben oder so, nicht wahr?«

»Es hatte etwas mit irgendwelchen Evakuierten zu tun«, erzählt er. »Ich glaube, eine von denen ist verschwunden, war das nicht so?«

»Lily«, stellt Mark fest, der gerade mit fünf Gläsern, die er in den Händen balanciert, zurückkommt. »Lily Rickett.«

Bridget läuft es eiskalt über den Rücken. Sie kennt diesen Namen. Das muss ein Zufall sein.

»Wieso erinnerst du dich daran?«, fragt Tina.

»Bin eben genial. Und ich erinnere mich, dass ich damals gedacht habe, der Name passt irgendwie zu ihr. Das war doch eines dieser Kinder aus Portsmouth.«

»Ach«, sagt Penny, und alle werfen sich einen verständnisvollen Blick zu. Bridget hat den Witz mit der Abkürzung bereits mitbekommen, die auf Krankenblättern hier in Cornwall immer wieder auftaucht. NFP: Normal Für Portsmouth.

»Ihr glaubt aber nicht, dass sie wirklich im Garten vergraben ist, oder?«, fragt sie.

»Nein«, antwortet Tina. »Natürlich nicht. Du meine Güte, ich weiß, dass damals Krieg war und so, aber glaubst du nicht, dass die Behörden es irgendwann bemerkt hätten, wenn eine ihrer Evakuierten einfach verschwunden wäre? Nein. Sie wird wohl abgeholt worden und irgendwo anders hingezogen sein, oder sie ist nach Hause gefahren und hat dort ihr Leben unauffällig weitergeführt, wie das halt meistens so ist. Allerdings hat es im Dorf keinen genügend gekümmert, um mit ihr, nachdem sie von der Schule geflogen ist, in Kontakt zu bleiben, der dann hätte wissen können, was tatsächlich passiert ist. Nein, das ist nur eines dieser Dorfgerüchte. Zum Teil aus Bosheit, zum Teil, um das Leben ein bisschen interessanter zu machen. Erinnerst du dich an diese Hippie-Künstler im ehemaligen Pfarrhaus, als wir klein waren, Marco? Wie hießen die noch mal?«

»Die Linleys?«

»Hmm.« Sie dreht sich wieder um und spricht Bridget an. »Alle waren der verrückten Meinung, das seien Satanisten. Erinnert ihr euch? Wir haben einander Geschichten erzählt, dass sie bei Vollmond auf dem Friedhof schwarze Messen feiern, bei denen sie Babys verspeisen, lauter solche Sachen. Die Armen sind am Ende wegen des Getuschels, sobald sie in den Laden herunterkamen, nach St. Ives weitergezogen. Ich bin mir sicher, dass die völlig harmlos waren. Haben nur einfach nicht hierher gepasst, weißt du? So war das, wirklich. Die alte Blakemore hat den Verstand verloren und sich in eine Einsiedlerin verwandelt, und alle haben Hugh gehasst, deshalb mussten sie etwas erfinden, an dem sie es festmachen konnten. Es war ja nicht so, dass alle Nachforschungen angestellt oder es der Polizei gemeldet hätten oder dergleichen. Es war einfach etwas, was alle hinter ihrem Rücken über sie erzählt haben. Allerdings kann man nicht behaupten, sie wären nicht froh gewesen, sie los zu sein.«

»Gott, ja«, sagt Mark. »Erinnerst du dich an die Schule? Die haben damals ihren Namen noch immer als Abkürzung für ein wirklich richtig schlimmes Kind benutzt. Das alle mit seinen Läusen ansteckt und so weiter.«

»Ach, das ist nicht fair«, sagt Tina. »Damals hatten doch alle Läuse, und keiner fand das irgendwie seltsam. Und ein Mal hat sie einen Preis bekommen. Er ist noch immer da, im Schulordner. Jetzt erinnere ich mich an den Namen.«

»Na ja, wie auch immer. Selbst wenn sie sich eine Weile ordentlich benommen hat, das hat sicher nicht lange angehalten. Sie ist von der Schule geflogen, weil sie die Vorhänge im Hauptklassenzimmer in Brand gesteckt hat. Man kann immer noch die Stelle am Fenster sehen, wo es sich verzogen hat. Ich kann mich nicht wirklich erinnern, was danach passiert ist. Das ist so typisch Dorf, nicht wahr? Dazu kommt es, wenn die Leute so geheimniskrämerisch sind. Sie ist nach einer Weile verschwunden, und natürlich haben alle Kinder angefangen, davon zu reden, sie sei ermordet worden. Aber das wurde sie natürlich nicht. Sie wird wohl nach Portsmouth zurückgekehrt und bei einem Luftangriff oder so ums Leben gekommen sein.«

»Gott, ja, und sie haben immer noch davon geredet, als wir Kinder waren. Erinnert ihr euch? Deshalb sind wir immer schreiend davongelaufen, wenn die Blakemores ins Dorf gekommen sind. Wir waren schon ein Haufen kleiner Biester, nicht wahr? Wahrscheinlich hat das Kind seine Mum dazu gebracht, dass sie es abgeholt hat, oder?«

»Wie auch immer«, antwortet Mark.

»Ich bevorzuge die Mordtheorie«, stellt Penny fest. »Nichts sorgt so für den Zusammenhalt in einem Dorf wie ein gutes schauriges Gerücht. Was glaubt ihr, haben sie gemacht? Sie erschossen? Sie erwürgt und ihre Leiche im See versenkt?«

»Na, besten Dank«, meldet sich Bridget zu Wort. »Mir gefällt diese Theorie ebenfalls. Da fühle ich mich dort doch gleich so viel wohler!«

Alle lachen und wechseln das Thema.

»Und, was hat Sie eigentlich von London hierher geführt?«, erkundigt sich Penny.

Bridget wirft Mark einen Blick zu, aber seine Miene bleibt ausdruckslos. Tinas ebenfalls. Sie kann nicht erkennen, ob er es ihr erzählt hat. »Eigentlich Yasmin. Mir ist mit einem Mal klar geworden, dass London ein schrecklicher Ort ist, um ein Kind aufzuziehen, wenn man nicht reich ist.«

»Sie hatten also keine Verbindungen zu dieser Gegend hier?«

»Nein«, antwortet sie. »Leider«, fügt sie hinzu.

»Ich würde sagen, das ist gut so. Zu viele Leute sind hier miteinander verwandt. Die Hälfte der Familien ist irgendwie miteinander verschwägert. Und, was denken Sie? Glauben Sie, dass Sie eine Weile hierbleiben?«

Bridget nippt an ihrem Bier. Es ist warm und schal: echt traditionell. »Wissen Sie was?«, antwortet sie. »Ich glaube, das ist durchaus möglich.«

Das Haus der verlorenen Kinder
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