23

Achtzehn Betten. Plötzlich scheint die Industriewaschmaschine nicht mehr groß genug zu sein. Es dauert anderthalb Stunden, die Betten abzuziehen und die Wäsche in die Waschküche zu schaffen, und weitere drei, sie wieder zu beziehen. Vielleicht werde ich ja besser beziehungsweise gewöhne mich einfach daran. Aber ich kann nicht schneller machen. Diese Sachen – die Treppen hinauf- und hinunterzusteigen, ohne über Berge von herunterhängendem Stoff zu stolpern, Bettbezug um Bettbezug von innen nach außen zu stülpen, die Leintücher einzuschlagen, weil er nicht vernünftig war und keine Spannbetttücher gekauft hat – nehmen einfach eine gewisse Zeit in Anspruch, und ich wüsste nicht, wie ich die verringern könnte.

Ich werde einen ganzen Tag mit dem Bügeln beschäftigt sein. Leute, die Häuser wie diese mieten, erwarten ägyptische Baumwolle. Ich werde es oben in der Wohnung machen, wo es wenigstens warm ist. Ich schalte das Radio ein und setze Yasmin vor den Fernseher. Mist noch mal. Ich habe sie nicht hier aufs Land gebracht, damit sie ihre Tage vor dem elektronischen Babysitter verbringt.

Sie ist schweißgebadet. Die letzten Aykroyds haben erst nach Mittag ausgecheckt, und sie hatte Hemmungen gehabt, sich an die Arbeit zu machen, bevor sie fort waren. Aber sie haben sich als nette Leute entpuppt. Auf den Nachttischchen der Erwachsenen lagen insgesamt fast zweihundert Pfund Trinkgeld. Sie hatte gar nicht an die Möglichkeit gedacht, Trinkgeld zu bekommen. Jetzt kann sie Yasmin ein Paar ordentliche Gummistiefel und für sich einen richtigen Mantel für den Winter kaufen.

Sie wirft einen Blick auf ihre Uhr, während sie den Staubsauger wegräumt. Siebzehn Uhr dreißig. Draußen ist es schon so lange dunkel, dass sie jegliches Zeitgefühl verloren hat. In der Küche muss sie noch klar Schiff machen. Allein die Kochplatten werden Äonen in Anspruch nehmen. Hinterlassen diese Leute auch ihre Küche zu Hause in einem solchen Zustand? Wahrscheinlich nicht. Zu Hause haben sie keine zweitausend Pfund plus Trinkgeld bezahlt, damit das alles für sie erledigt wird.

Sie lädt einen Schwung Leintücher aus der Waschmaschine, steckt ihn in den Trockner, schaltet einen neuen Waschgang ein und hastet in die Küche hinüber, um die Kochplatten mit Powerspray einzusprühen. Schaltet am Backofen das Selbstreinigungsprogramm ein. Geht wieder zurück und schaut an der Treppe zur Wohnung hinauf.

»Ist bei dir da oben alles in Ordnung, Yasmin?«

Ihre Tochter scheint sich mit jemandem zu unterhalten. Sie hat inzwischen einen ganzen Stall mit »Kleinen Ponys«, und verbringt viel Zeit damit, ihnen die Mähnen zu bürsten und ihnen zu sagen, dass sie sich in die Ecke zu stellen haben. Es folgt eine Pause, dann ruft sie zurück: »Ja. Wann gibt’s Tee?«

»Bald. Hol dir einen Keks, wenn du Hunger hast.«

»Okay«, ruft Yasmin. »Wir machen eine Teeparty.«

»In Ordnung«, ruft sie. »Nimm die Plastikbecher, nicht die aus Porzellan, ja?«

»Phphph.« Yasmin macht das universelle Zeichen für Dummheit. Heutzutage beginnt die Pubertät immer früher. »Natürlich.«

Der Geschirrspüler gibt eine Explosion fettigen Dampfs von sich, als sie ihn aufklappt. Ich muss mir eine Liste zusammenstellen, denkt sie, von den Sachen, die ich in Wadebridge kaufen muss. Spülmaschinenreiniger. Cillit Bang. Eine Riesenpackung Küchenpapier. Eine dieser Fünf-Kilo-Tonnen Waschpulver. Möbelpolitur. Fensterabzieher. Es ist erstaunlich, wie viel Glas verschmiert wird, wenn das Haus voller Kinder ist. Ach, Mist, ich hab vergessen, frische Rollen Klopapier in die Bäder zu bringen. Das mache ich, sobald ich hier fertig bin. Ich hoffe nur, dass er alles bezahlt, was ich besorge. Um ehrlich zu sein, bei manchen Dingen ist es mir egal. Wenn sie mir nur fünf Minuten sparen, sind sie das eingesetzte Trinkgeld wert.

Sie lässt die Spülmaschine abkühlen, geht hinüber, um die Kochplatten zu schrubben. Da ist geschmolzener Käse drauf und eine Unmenge schwarz gewordener Krümel. Und etwas Zähflüssiges, an dem jemand mit einem Messer herumgekratzt hat. Unter der Spüle findet sie einen Topfkratzer und macht sich ans Werk. Sie hat keine Zeit für die sanfte Methode. Egal, der Herd ist aus Edelstahl. Das muss er aushalten.

Feuer. Ich muss im Wohnzimmer ein Feuer aufschichten und anzünden. Darauf ist er ganz versessen. Behauptet, dass es das Haus freundlich macht. Und da steht eine Blumenvase auf dem Tisch im Speisezimmer, in der das Wasser brackig geworden ist. O mein Gott.

Sie nimmt einen Lappen, feuchtet ihn unter dem Wasserhahn an und wischt über die Kochplatten. Das muss fürs Erste reichen, ich werde mich noch einmal daranmachen, sobald sie da sind. Hoffentlich sind sie zu sehr damit beschäftigt, die Schlafzimmer zu begutachten, um das hier zu bemerken. Gleichzeitig kann ich den Geschirrspüler ausräumen.

Sie stellt die Blumen in der Spülküche auf die Arbeitsfläche. Der Raum füllt sich mit dem warmen Dampf des Wäschetrockners; es riecht angenehm nach Waschpulver und Sauberkeit, und die Fenster sind wegen der abendlichen Kälte draußen beschlagen.

Mülleimer. Ich muss den Mülleimer leeren. Und den Kühlschrank überprüfen. Man weiß ja nie, vielleicht ist etwas drin, was wir zum Tee essen könnten, denn sonst gibt es wieder nur Bohnen auf Toast, und sie wird allmählich anfangen zu murren. Fischstäbchen? Vielleicht Sandwiches mit Fischstäbchen. Und dazu Mais. Ich bin mir sicher, dass ich noch eine Dose habe …

Der Mülleimer ist beinahe voll. Sie muss, den Mülleimer zwischen die Knie geklemmt, ein paar Mal an der Tüte ziehen, bis das Vakuum die Tüte freigibt. Die Tüte leckt. Irgendetwas Braunes ist ausgelaufen. Ich habe keine Zeit. Kurz Küchenreiniger hineingesprüht und mit einem Papiertuch ausgewischt, dann bringe ich ihn in die Spülküche hinaus und kümmere mich später darum.

Sie kniet nieder und putzt den Rest der braunen Flüssigkeit vom Boden – Gott sei Dank, dass es Küchenpapier gibt –, als das Licht von Autoscheinwerfern über die Decke huscht. Mein Gott, es kann doch nicht schon sechs Uhr sein. Wo ist der Tag nur hin?

Sie springt auf, wäscht sich die Hände, zieht das Gummiband aus den Haaren, mit dem sie sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, und geht zur Haustür.

Er ist groß. Hat sehr ausgeprägte Geheimratsecken, die er dadurch zu kaschieren versucht, dass er seine Haare ganz kurz geschnitten hat. Er trägt einen schwarzen Pullover mit Rollkragen und extrem enge Jeans. Ein Mann mittleren Alters, der sich modisch anzieht, um zu seiner Vorzeigefrau zu passen, die im Pelzmantel hinter ihm den Weg heraufgetrippelt kommt, weil sie mit den Stilettos auf den Steinplatten nicht gut laufen kann.

»Guten Abend«, sagt sie. »Mr Terry?«

»Ja«, antwortet er.

»Bridget Sweeny. Ich bin die Haushälterin.«

»Ach so«, sagt er.

»Haben Sie gut hierher gefunden?«

»Natürlich, mit dem Navigationsgerät«, stellt er fest. Geht an ihr vorbei in die Eingangshalle, ohne sich die Mühe zu machen, ihr wirklich ins Gesicht zu sehen. Steht an der Tür zum Salon und schaut sich um. »Gut, das ist okay«, sagt er.

»Ich bin noch nicht ganz fertig«, erklärt sie. »Es tut mir leid, die vorherigen Gäste sind ein bisschen spät weggekommen.«

Sie sieht, dass sein Kiefer leicht zuckt. »Das ist nicht mein Problem«, antwortet er. »Es hieß, dass alles fertig ist.«

Es steht mir nicht zu, mit ihm herumzustreiten, denkt sie. »Nein, tut mir leid. Ich muss nur noch das Feuer aufschichten und die Handtücher auslegen …«

»Nun, ich möchte sofort ein Bad nehmen«, stellt die Vorzeigefrau fest. Jetzt, da sie im Licht steht, sieht Bridget, dass sie gar nicht so jung ist, wie sie ausgesehen hat, als sie den Weg heraufgestöckelt kam. Sie hat die Gesichtsfalten, die Frauen bekommen, wenn sie ihr ganzes Leben lang darauf achten, unnatürlich dünn zu bleiben.

»Es gibt reichlich heißes Wasser«, sagt Bridget. »Ich gehe nur schnell und …«

»Nein«, unterbricht er sie. Hält ihr von der Seite einen Schlüsselbund hin. »Wir brauchen zuerst unser Gepäck. Es ist eine ganze Menge, fürchte ich. Silvester und so weiter.«

Bridget blickt auf die Schlüssel.

Er möchte, dass ich hingehe und sie ihm abnehme, denkt sie. Spürt, dass ihr Gesicht ein wenig errötet.

»Hm …«

Wie soll ich das jetzt machen? Ich möchte nicht unwillig wirken, aber …

»Vielleicht möchten Sie, dass ich Ihnen zuerst alles zeige?«

»Nein, Sie können zuerst das Gepäck holen, und das danach tun.«

Was sage ich bloß?

»Ja, aber wir haben … wir haben … keinen Portier …«

Mr Terry seufzt und dreht sich schließlich zu ihr um.

»Machen Sie einfach Ihren Job, ja?«

Bridget unterdrückt den Drang, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Unverschämtes Arschloch. Eingebildeter Fatzke. Wer glaubst du denn, wer du bist?

»Ja«, antwortet sie. »Das mache ich.«

Es folgt eine kurze Pause. »Wir waren jetzt sechs Stunden unterwegs«, sagt er.

Und ich rackere mich seit acht Stunden ab.

Sie schaut ihn an. Die Frau trippelt davon, lässt sich auf ein Sofa fallen und zieht die Reißverschlüsse ihrer Stiefeletten auf.

»Es sind nur ein paar Koffer.«

»Tut mir leid, aber ich muss das Haus noch fertig machen. Ich beeile mich, damit ich Ihnen so schnell wie möglich nicht mehr im Weg bin.«

Er wirft die Schlüssel auf den Tisch in der Eingangshalle. Verärgert.

»Großartig«, sagt er. Wendet sich von ihr ab. »Ein großartiger Urlaubsbeginn.«

»Besteht zumindest die Möglichkeit, eine Tasse Tee zu bekommen?«, ruft die Frau. »Oder ist Ihnen das auch zu viel?«

Das Haus der verlorenen Kinder
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