KAPITEL DREIUNDVIERZIG

Josh Newman blickte auf die Pfütze zu seinen Füßen. »Da tut sich ni–«, begann er und hielt abrupt inne. Plötzlich war kein Wasser mehr in der Pfütze. Er sah, wie das winzige grüne Wesen auf dem sandigen Strand zappelte und sich wand wie ein Fisch, der ans Ufer gespült wurde. Josh kniff die Augen zusammen. War es nicht schon ein wenig dicker geworden? Ein Schauer überlief den Lotan, während er im schmutzigen Sand herumscharrte. Und dann merkte Josh, dass er wuchs. Mit jedem Zucken seines immer länger werdenden Körpers verdoppelte sich seine Größe.

Innerhalb einer Sekunde war er von fünf Zentimetern auf dreißig Zentimeter gewachsen.

In noch einmal einer Sekunde maß er bereits einen Meter.

Er wies immer noch starke Ähnlichkeit mit einem Skink auf, doch mit jedem ruckhaften Wachstumsschub glich er mehr einem Komodowaran. In jedem seiner sieben Mäuler zuckte eine lange, gelbe, gespaltene Zunge. Und als seine Köpfe sich dem Himmel zuwandten, stank sein Atem nach vergammeltem Fleisch und längst verwesten Geschöpfen auf dem Meeresgrund.

Der Lotan krümmte sich und verdoppelte seine Größe auf zwei Meter …

»Wir müssen hier verschwinden«, drängte Billy. Er und Virginia stützten immer noch Dee. »Schaut euch die Zähne an. Ein Typ wie der braucht Fleisch. Und wir sind praktisch sein Schnellimbiss.«

… ein heftiges Zittern, Knochen knackten und Muskeln wurden in die Länge gezogen, die Haut dehnte sich – und er war vier Meter lang …

Alle sieben Köpfe wandten sich den fünf Menschen zu, vierzehn durch und durch schwarze Augen blickten sie ohne zu blinzeln an. Dann warf der Lotan sich nach vorn. Eine rasche, fast schockierend schnelle Bewegung und er war nur noch halb so weit von ihnen entfernt wie zuvor.

»Lauft!«, brüllte Billy.

»Nein!«, keuchte Dee.

Entsetzt beobachtete Josh, wie die Kreatur heftig krampfte und plötzlich acht Meter lang war, fast so lang wie eine der Kabelstraßenbahnen, die in der Stadt auf der anderen Seite der Bucht fuhren.

»Wie groß wird das Ding denn noch?«, fragte Billy.

»Verlangsamen wir den Prozess ein bisschen.« Virginia zog ihre Flöte heraus und hielt sie an die Lippen, während sie mit der anderen Hand weiter den Magier stützte. Der Ton war so hoch, dass menschliche Ohren lediglich ein leichtes Zittern der Luft wahrnahmen. Drei Möwen stürzten vom Himmel und fielen ins Wasser, doch der Lotan blieb unbeeindruckt. Er kroch näher, riss alle sieben Mäuler auf und ließ jeweils mehrere Reihen scharfer Zähne sehen. Zähe stinkende Speichelfäden tropften auf die Felsen.

Dees Lachen klang wie ein Husten. Als er sprach, kam nicht mehr als ein heiseres Flüstern heraus. »Er ist taub. Deine Zauberflöte nützt dir nichts.«

»Das habe ich bereits gemerkt«, murmelte Virginia.

Die grüne Haut des Lotans veränderte ihre Farbe. Rote und schwarze Wellen überliefen seinen Körper. Dann floss alle Farbe unvermittelt in seine Köpfe und jeder nahm einen anderen Rotton an. Nur der Kopf in der Mitte, der inzwischen fast doppelt so groß war wie die anderen, färbte sich pechschwarz.

Josh machte die Fäuste auf und zu. Die goldenen Aura-Handschuhe überzogen seine Hände, wurden dann länger und bedeckten bald auch seine Arme.

Die sieben Köpfe des Lotans wandten sich ihm augenblicklich zu.

»Josh«, begann Machiavelli leise, ohne den Blick von dem Lotan zu nehmen, »ich schlage vor, du hörst sofort damit auf, egal was du tust. Und ich meine sofort

»Ich habe mich mit meiner Aura geschützt«, verteidigte sich Josh.

Dee schüttelte die Hände von Virginia und Billy ab. Ein bisschen Farbe war in sein aschfahles Gesicht zurückgekehrt, doch er hatte immer noch dunkle Ringe um die Augen und hielt sich die geschwollene linke Hand. Er trat auf die Kreatur zu, die sofort die Hälse zurückbog, als wollte sie gleich angreifen. Dann blähte sie mit einem schmatzenden Geräusch sämtliche Nasenflügel auf und sieben Zungen schmeckten die Luft. Dee drehte der Kreatur den Rücken zu. »Der Lotan ernährt sich von mehr als Fleisch. Er ähnelt einem Vampir: Er saugt jedem Lebewesen die Aura weg.« Der Doktor blickte Machiavelli an. »Bist du mutig genug, den Arm auszustrecken?«

»Mutig genug vielleicht schon, aber nicht so dumm«, erwiderte Machiavelli, den Blick weiterhin fest auf die Kreatur gerichtet.

Billy streckte sofort den linken Arm aus und die Luft war erfüllt von seinem erdigen Geruch nach rotem Chili. Ein lilaroter Schleier legte sich um Billys Hand.

Wieder überlief den Lotan ein Schauer. Alle Köpfe wandten sich Billy zu, sieben Zungen zuckten hin und her. Billy stöhnte plötzlich und stolperte vorwärts, als seine Aura sich zu kringeln begann und von seinem Arm weg auf die Kreatur zufloss. Die gelben Zungen leckten die hauchzarten roten Rauchkringel aus der Luft auf.

»Hör auf«, befahl Machiavelli.

Billy versuchte, seinen Arm zu senken. »Ich kann nicht«, keuchte er. Seine Aura war dunkler geworden. Die auf die Echse zutreibenden Fetzen waren deutlich sichtbar. Die Venen an Billys Handrücken traten hervor. Er zog zischend die Luft durch die Zähne ein vor Schmerz, als seine Fingernägel sich zuerst rot, dann lila, dann schwarz färbten. Es knackte kurz, dann fielen sie ab.

Sofort stellte Josh sich vor Billy und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Billy ächzte überrascht. Josh packte ihn an seinem T-Shirt und zwang ihn mit einem Standing-Leg-Sweep, den er im Taekwondo gelernt hatte, auf die Knie. Der Unsterbliche krachte schwer auf die Steine und im selben Augenblick erlosch seine Aura.

»Oh Mann, das hat wehgetan. Ich glaube, meine Kniescheibe ist im Eimer«, ächzte Billy. Er streckte die Hand aus und Josh zog ihn auf die Beine. »Hätte nie gedacht, dass ich mal jemandem dafür danke, dass er mir wehgetan hat, aber: Danke! Ich bin dir was schuldig – und ich vergesse meine Schulden nie.« Er streckte die Finger seiner linken Hand. Die Haut war blass, durchzogen von Venen und geplatzten Äderchen, und aus den ovalen Flächen, die eben noch von seinen Fingernägeln bedeckt gewesen waren, trat eine durchsichtige Flüssigkeit. »Das brennt vielleicht!«

»Das war absolut bescheuert«, schimpfte Virginia.

Billy grinste. »Bescheuert ist mein zweiter Vorname.«

»Ist das die Bestie, die du auf die Stadt loslassen willst?«, fragte Machiavelli leise. »Ein Menschenfleischfresser und Auratrinker?«

»Die erste von vielen weiteren Bestien.« Dee lachte, doch das Lachen endete in einem gurgelnden Husten. Er krümmte sich. »Lass ihn durch die Straßen ziehen und sich eine Weile gütlich tun. Du hast die Zaubersprüche. Weck die Monster in den Zellen und schicke sie ebenfalls in die Stadt.«

»Und was dann?«, fragte Machiavelli.

»Unsere Arbeit hier ist erledigt.« Dee breitete die Arme weit aus. »Wir haben getan, was uns von unseren jeweiligen Meistern aufgetragen wurde. Du kannst mit dem nächsten Flugzeug nach Paris zurückkehren … Na ja, vielleicht nicht mit dem nächsten. Ich fürchte, der Flugbetrieb wird bald eingestellt.« Er wies mit dem Kinn zum Zellenblock. »Ich hab da drin ein paar Wyvern gesehen. Vielleicht solltest du die zum Flughafen schicken.« Wieder lachte er.

»Und was ist mit dir, Doktor?«, fragte Machiavelli. »Was geschieht mit dir, wenn die Älteren zurückkehren?«

»Das lass nur meine Sorge sein.«

»Ich wüsste es aber gerne.« Die Stimme des Italieners war eisig. Sein Lächeln stieg nicht bis hinauf zu den Augen. »Das hier betrifft uns beide.«

Dee verschränkte die Arme vor der Brust und der riesige Lotan kroch näher zu ihm heran. Die langen Zungen zuckten Dees Rücken hinauf und hinunter und verstrubbelten sein Haar. Geistesabwesend schob er sie weg. »Ich überlege noch, welche Möglichkeiten ich habe«, antwortete er schließlich. »Aber lass uns zuerst das kleine Monster hier auf den Weg schicken …«

»Nein«, sagten Billy und Machiavelli wie aus einem Mund.

»Nein?« Dee blickte sie verblüfft an. »Ah, ich verstehe. Ihr wollt zuerst noch ein paar von den anderen Kreaturen wecken und sie dann alle zusammen losschicken?« Er nickte. »Wir könnten sie an unterschiedlichen Stellen an Land bringen, ein Angriff von mehreren Seiten.«

Billy the Kid schüttelte den Kopf. »Wir dachten …«

»Du sollst dich doch nicht anstrengen«, witzelte Dee.

Billys Miene wurde hart. »Mit deiner großen Klappe handelst du dir noch mal gewaltigen Ärger ein.«

»Vielleicht«, sagte Dee. »Aber nicht durch dich.«

»Es reicht!«, brüllte Machiavelli. »Was mein impulsiver junger Freund sagen will, ist Folgendes: Wir haben beschlossen, die Monster nicht auf die Stadt loszulassen.«

Dee blinzelte überrascht.

»Es wäre nicht recht«, sagte Billy.

»Nicht recht?« Der Magier begann zu lachen. »Soll das ein Witz sein?« Er schaute Virginia an. »Es ist ein Witz, nicht wahr?«

Virginia schüttelte leicht den Kopf. »Ich glaube nicht.« Noch während sie es sagte, entfernte sie sich langsam von Billy und dem unsterblichen Italiener.

Billy drehte sich so, dass er sowohl Dee als auch Virginia im Blick hatte.

»Warum tust du das, John?«, fragte Machiavelli. »Es bringt dir nichts ein.«

»Ich gewinne Zeit, Niccolò«, antwortete Dee. »Unsere Meister des Älteren Geschlechts erwarten, dass wir die Monster auf die Stadt loslassen, und wir dürfen sie nicht enttäuschen.«

»Sonst könnten sie kommen und nachschauen, was los ist«, sagte Machiavelli gedehnt. »Und dich hier finden.«

»Du sagst es«, bestätigte Dee. »Deshalb sollen sie die Stadt von ihren Schattenreichen aus beobachten. Sie sollen sich die Hände reiben und an der Zerstörung freuen.«

»Dann ist es also ein Ablenkungsmanöver?«, schnaubte Billy the Kid. »Lediglich ein Ablenkungsmanöver?«

Dee grinste. »Wie der Kartentrick eines Zauberers. Sie werden sich auf die Stadt konzentrieren und mich hier in Ruhe lassen.«

»Warum? Was hast du vor, John?«, fragte Niccolò.

»Das geht dich nichts an.«

Machiavelli klopfte auf die Tasche seines Jacketts. Papier raschelte. »Ich habe die Zaubersprüche, mit denen die Kreaturen aufgeweckt werden können. Ich werde sie nicht wecken. Vielmehr werde ich mit den Flamels Kontakt aufnehmen und sie vor dem, was über die Bucht kommt, warnen. Wir wissen beide, wie gefährlich Perenelle sein kann. Sie wird den Lotan aufhalten.«

»Das glaube ich nicht«, flüsterte Dee. »Vergiss nicht, dieses Geschöpf trinkt Auren. Ich bin mir sicher, die Zauberin schmeckt ausgesprochen süß.« Er blickte von Billy zu Machiavelli und wieder zurück zu Billy. »Und du steckst mit ihm unter einer Decke?«

Billy trat einen Schritt näher an Machiavelli heran. »Selbstverständlich.«

»Das ist deine letzte Chance«, warnte Dee.

»Oh, muss ich mich jetzt fürchten?«

»Dann habt ihr eure Meister also endgültig betrogen.« Dee redete so leise, dass seine Worte über dem Wind kaum zu verstehen waren. »Ihr habt den Eid gebrochen, den ihr ihnen geleistet habt. Ihr seid waerloga, Schwurbrecher.«

»Du hast es gerade nötig«, erwiderte Machiavelli.

»Du hast recht, aber eure Entscheidung durchkreuzt jetzt meine Pläne.« Der Magier blickte Josh an. »Und auf welcher Seite stehst du?«, fragte er. »Auf meiner oder auf der des Italieners?«

Verständnislos blickte Josh von Dee zu Machiavelli und klappte den Mund auf und zu. Natürlich wollte er nicht, dass die Ungeheuer auf San Francisco losgelassen wurden; das war ganz einfach Unrecht. Plötzlich wurde seine Schulter ganz heiß. Er griff nach hinten und zog Clarent aus der Scheide. Kaum lag das Schwert in seiner Hand, breitete sich eine angenehme Wärme in seinem Arm aus, und in seinem Kopf veränderte sich etwas. Die Zweifel schwanden, wurden verdrängt von der Gewissheit, dass es absolut richtig war, die Kreaturen in die Straßen zu schicken. Es war sogar notwendig. Er erinnerte sich an einen Satz, den sein Vater letztes Jahr im Dezember während einer Vorlesung an der Brown Universität gesagt hatte. Er hatte Charles Darwin zitiert: »Nicht der Stärkste einer Art überlebt, nicht der Intelligenteste, sondern der, der sich am besten auf Veränderung einstellen kann.«

Ein bisschen Tod und Zerstörung, ein bisschen Hysterie und Angst konnten für die Humani nur gut sein. Sich vorzustellen, wie der Lotan die Uferstraße entlangstapfte, war schon irgendwie komisch. Er musste grinsen. Und je mehr er darüber nachdachte, desto überzeugter war er, dass es eine Notwendigkeit war, den Lotan frei zu setzen. Es würde die Wesen des Älteren Geschlechts zurückbringen und darum ging es doch schließlich.

»Denk an die Zerstörung, Josh«, sagte Machiavelli.

Gebäude stürzen ein, Menschen rennen, schreien … Das Schwert pulsiert bei jedem neuen Bild.

»Du hast in San Francisco gewohnt, Josh«, erinnerte Billy ihn. »Du willst nicht, dass so etwas dort passiert, oder?«

Virginia Dare stellte sich neben Josh und legte ihm den Arm um die Schulter. »Josh weiß, wo er steht«, sagte sie und blickte ihm dabei tief in die Augen. »Er steht auf unserer Seite. Nicht wahr?«

Josh wurde knallrot. Er blinzelte, als der herbe Salbeiduft von Virginias Aura in seiner Kehle hängen blieb. Virginia Dare enttäuschen wollte er auf gar keinen Fall. »Hm, ja, ich glaube schon. Ich bin mir nicht sicher …« Der Schwertgriff wurde wärmer und seine Finger schlossen sich wie magisch angezogen fester darum. Josh war es plötzlich so heiß, dass er fürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Am Rand seines Bewusstseins tauchten Bilder von Zerstörung und Chaos auf. Flammen loderten und ihre Schönheit faszinierte ihn. Er hörte Schreie, fand sie jedoch fast melodisch.

»Wo stehst du?«, wiederholte der Magier.

»Überlege dir deine Antwort gut«, sagte Billy.

»Das sagst ausgerechnet du!«, höhnte Dee. »Josh, stehst du auf meiner Seite oder auf der des Italieners? Und falls du auf der Seite Machiavellis stehst«, fügte er verächtlich hinzu, »darf ich dich daran erinnern, dass er gerade eben noch gedroht hat, uns an die Flamels zu verraten. Hier ist noch einer, der alles Erdenkliche tun wird, um an der Macht zu bleiben, und wenn es bedeutet, die Welt zu einem langsamen, schleichenden Tod zu verdammen.«

»In San Francisco leben über achthunderttausend Menschen«, rief Billy wütend. »Viele – vielleicht sogar die meisten – werden sterben. Willst du das, Josh? Willst du das wirklich?«

»Erinnerst du dich noch an unser Gespräch letzte Woche in Ojai?«, fragte Dee, bevor Josh antworten konnte. »Als ich dir gezeigt habe, wie die Welt sein könnte, wie sie sein wird, wenn das Ältere Geschlecht zurückkommt? Mit sauberer Luft und sauberem Wasser, Meere ohne Umweltgifte …« Während der Magier sprach, entstanden neue Bilder vor Joshs geistigem Auge.

… eine Insel unter einem wolkenlos blauen Himmel. Endlose, goldene Weizenfelder, die sich in der Ferne verlieren. Bäume, die sich unter der Last ihrer exotischen Früchte biegen …

… Sanddünen in einer riesigen Wüste, auf denen plötzlich saftig grünes Gras wächst …

… ein Krankenhausflur mit einer langen Reihe leerer Zimmer …

Josh nickte, fasziniert von dem, was er sah. »Ein Paradies.«

»Ein Paradies«, bestätigte Dee. »Aber der Italiener und der Gesetzlose wollen das nicht. Sie wollen, dass die Welt so bleibt, wie sie ist: schmutzig und kaputt, damit sie im Dunkeln weiter schalten und walten können.«

»Hör nicht auf ihn, Josh«, sagte Billy mit fester Stimme. »Hier spricht Dee, der König der Lügner. Das weißt du doch.«

»Flamel hat dich auch angelogen«, warf Dee rasch ein. »Und vergiss nicht, was er und seine Frau deiner Schwester angetan haben.«

»Sie haben Sophie dazu gebracht, dass sie sich von dir abgewendet hat«, flüsterte Virginia. Sie legte die Fingerspitzen auf Joshs Handrücken, eine Geste, die Mitgefühl ausdrücken sollte. »Und von mir kannst du etwas lernen, das weder Machiavelli noch Billy dir beibringen können.« Sie senkte die Stimme und beugte sich noch näher zu ihm, sodass nur er sie hören konnte. »Ich werde dich in Luftmagie ausbilden. Der Zweig der Magie mit dem größten Nutzen«, fügte sie hinzu.

Luftmagie. Bei dem Wort war er aufmerksam geworden. »Sophie kennt sich mit Luft-, Feuer- und Wassermagie aus. Ich nur in Wasser und Feuer.« Josh war sich plötzlich bewusst, wie nah Virginia Dare neben ihm stand und mit welcher Kraft Clarents Wärme durch seinen Körper pulsierte. Er schwitzte, doch der Wind, der von der Bucht herüberwehte, kühlte den Schweiß auf seiner Haut rasch ab, sodass er gleichzeitig fröstelte.

»Luftmagie«, wiederholte Virginia. »Damit wärst du deiner Schwester ebenbürtig.« Dann beugte sie sich noch weiter vor. »Und vielleicht wirst du eines Tages sogar mächtiger sein als sie.«

Josh drehte sich zu Dee um. »Ich stehe auf eurer Seite.«

Dee grinste. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen, Josh.«

»Du hast den größten Fehler deines Lebens begangen«, sagte Machiavelli leise.

Josh stellte fest, dass er ihm und auch Billy nicht mehr in die Augen schauen konnte.

Aus heiterem Himmel stürzte Billy sich auf Dee, und Machiavelli ging Virginia an, doch die Unsterbliche hatte bereits ihre Flöte an den Lippen. »Zu langsam«, hauchte sie in das Instrument. Die Worte wurden zu Tönen und Machiavelli und Billy the Kid stürzten bewusstlos zu Boden.

Virginia rollte Machiavelli mit dem Fuß auf den Rücken, bückte sich und zog einen Umschlag aus der Innentasche seines Jacketts. Sie warf ihn Josh zu, der ihn an Dee weiterreichte. »Die Anweisungen zum Wecken der Monster«, erklärte Virginia.

Der Magier klopfte Josh auf die Schulter. »Gut gemacht. Und jetzt wollen wir die zwei hier in Zellen schaffen, bevor sie aufwachen.«

»Vergisst du nicht etwas?«, fragte Virginia, wobei sie mit dem Kinn auf den Lotan wies.

Dee lächelte. Seine Augen zuckten irre. Er schaute die Kreatur an und wedelte dann mit beiden Händen vor ihren Köpfen herum. »Auf geht’s. Husch, husch.« Er zeigte auf die Stadt, die keine Meile entfernt lag. »Geh und hol dir was zu essen.«

Der Lotan drehte sich um, watschelte über die Felsen und platschte ins Wasser. Einen Augenblick schwammen die sieben Köpfe auf dem Wasser, dann tauchten sie ab und eine gekräuselte Bugwelle schob sich auf die Stadt zu.

»Ich wüsste zu gern, was die Touristen auf dem Embarcadero davon halten«, meinte Virginia.

»Oh, ich kann mir vorstellen, dass wir ihre Schreie bis hierher hören.« Der Magier ließ den Umschlag ungeduldig gegen sein Bein klatschen. »Kommt, lasst uns ein paar ausgehungerte Kreaturen wecken.« Er warf einen Blick auf Machiavelli und Billy, die immer noch bewusstlos und mit etlichen Hautabschürfungen auf dem Boden lagen. »Hm, vielleicht hätten sie vorab gerne einen kleinen Appetithappen.« Er wandte sich an Josh, der die Spur des Lotan auf seinem Weg nach San Francisco verfolgte. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen, Josh«, wiederholte er.

Josh nickte. Er hoffte es. Er hoffte es wirklich. Er blickte zu Virginia hinüber und sie lächelte ihn an. Sofort war ihm leichter ums Herz. Auch wenn er Dee nicht vollkommen vertraute, so vertraute er doch Virginia Dare.

Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister
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