XXXIII
Vom Nordwesten aus, wo sie an Land gegangen waren,
ritten Graine und ihre Begleiter weiter in Richtung Süden, wobei
sie sich wohlweislich stets einen Tagesritt hinter den
marschierenden Legionen hielten.
Die Straße führte direkt an der Küste entlang; zu
ihrer Linken lag das Meer, rechterhand von ihnen erhoben sich die
Berge. Zwischen See und Bergen, auf jenem Landstreifen, wo die
Marschtruppen ihr Feldlager aufgeschlagen hatten, war das Gelände
völlig verwüstet, regelrecht platt gewalzt, so als ob ein mächtiger
Gott darüber hinweggetobt wäre. Überall dort, wo Zelte gestanden
und Soldaten geschlafen hatten, waren Heidekraut und Gras
rücksichtslos zertrampelt und dem Erdboden gleichgemacht worden.
Zahllose Kreise aus schwarzer Asche kennzeichneten jene
Feuerstellen, auf denen die gut siebentausend Legionare ihre
Mahlzeiten gekocht hatten. Schwärme von Fliegen ließen deutlich
erkennen, wo in aller Eile Latrinen ausgehoben und später in noch
größerer Hast wieder zugeschüttet worden waren.
Tatsächlich waren die Spuren, welche die Legionen
hinterlassen hatten, so unübersehbar, dass selbst ein Kind sie
hätte verfolgen können. Was seine Eigenschaft als Fährtenleser
betraf, war Hawk während des größten Teils des ersten Tages nach
ihrer Abreise von Mona somit arbeitslos, ein Umstand, der ihn
veranlasste, sich in mürrisches Schweigen zu hüllen. Dann aber
entdeckte er, wie es war, mit einem Blinden zu reiten, der in
andere, jenseitige Welten zu schauen vermochte, Welten, die dem
Sehenden zumeist verborgen blieben. Und da hob Hawks Stimmung sich
wieder, und er ritt mit geschlossenen Augen neben Bellos her,
darauf erpicht, zu erfahren, was ein Mensch ohne Sehvermögen alles
wahrnehmen konnte.
Wie es unter ihnen mittlerweile zur Gewohnheit
geworden war, ritt Dubornos stets eine Speerwurfweite voraus,
während Gunovar in einem ebensolchen Abstand hinterherritt, um als
schützende Nachhut zu fungieren. Somit blieb Graine also nichts
anderes übrig, als mit Efnís zu reiten, einem Träumer von den
nördlichen Eceni, über den sie nur sehr wenig wusste, außer dass
man ihn zum Nachfolger Luain mac Calmas in seiner Eigenschaft als
Vorsitzender des Ältestenrats von Mona ernannt hatte, dass er ein
Freund ihrer Mutter war, seit diese ein Kind gewesen war, und dass
er auch Valerius in sein Herz geschlossen hatte, damals, als dieser
noch Bán hieß. Was er jetzt von Valerius hielt, darüber schwieg
Efnís sich aus, und Graine hatte auch nicht den Mut, ihn danach zu
fragen.
»Was empfindest du für Hawk?«
Es war am zweiten Tag ihrer Reise, dass Efnís ihr
diese Frage stellte. Er sprach ruhig, wie beiläufig, im gleichen
Ton, in dem er Graine gefragt hatte, ob sie den Falken auf die
Taube habe herabstoßen sehen, oder ob sie die drei Reiher am Fluss
bemerkt habe. Die See und das flache, sumpfige Land, das sich
östlich der Berge erstreckte, lagen inzwischen hinter ihnen. Sie
ritten nun durch das breite, fruchtbare Überschwemmungsgebiet
zweier Flüsse und überquerten dabei mehrere Brücken, welche von den
Römern erbaut worden waren. Die Pferde wagten sich stets nur sehr
vorsichtig auf die aus Holz gezimmerten Brücken, wenn sie das hohle
Poltern unter ihren Hufen hörten und das Rauschen der sommerlichen
Fluten, die unter ihnen hindurchströmten.
Prüfend warf Graine einen Blick über ihre Schulter
zurück auf die hinter ihnen verlaufende Straße. Hawk spielte nicht
mehr länger mit Bellos. An diesem letzten Tag war er wieder zum
Spurenleser oder auch Jäger geworden, indem er sein Pferd in
Dubornos’ Obhut zurückgelassen hatte und zu Fuß vorauslief oder in
einigem Abstand neben der kleinen Reisegruppe hereilte. Zuerst
glaubte Graine, Hawk sei verschwunden, doch dann entdeckte sie ihn
ein Stück weiter rechts von sich, auf der anderen Seite des
Flusstals, wo er sich im Laufschritt zwischen Weißdorngestrüpp und
Schlehdornbüschen hindurchbewegte. Er bemerkte, wie Graine in seine
Richtung schaute, und winkte. Sie winkte zurück.
An Efnís gewandt sagte sie: »Er kümmert sich um
mich.«
Mac Calma hätte sich nicht mit dieser kurzen
Antwort zufrieden gegeben, sondern sie dazu gedrängt, mehr von
ihren Empfindungen preiszugeben. Efnís aber nickte nur leicht und
blickte in Graine hinein, durch sie hindurch und an ihr vorbei zu
dem Gebirgskamm in der Ferne und dem kleinen Hügel, der unweit
davon aufragte, und erwiderte: »Dort drüben hat dein Vater einst
gekämpft, in dem Frühjahr, bevor du geboren wurdest. Schon jetzt
nennen sie den Ort nur noch Caer Caradoc. Übrigens gibt es noch
drei andere Orte mit genau demselben Namen im Umkreis von zwei
Tagesritten von hier.«
Efnís, so stellte Graine allmählich fest, war ein
ganz anderer Mensch als Luain mac Calma, der Valerius damals in
Hibernia gezeugt hatte und etliche Jahre später im Gefolge eines
gewaltigen Sturms in die Länder der Eceni gekommen war, um seinen
Sohn zu sehen und seit jenem Tag, so schien es zumindest, über
diesen wachte.
Efnís dagegen hatte ihres Wissens nach keine Kinder
in die Welt gesetzt, und er schien auch keine sonderlich große
Neigung zu verspüren, jetzt noch damit anzufangen. Er hatte sein
Bett mit einer der jüngeren Kriegerinnen geteilt, und als diese
dann mit Braint in den Osten gereist war, um auf Eceni-Territorium
gegen die Römer zu kämpfen, hatte Efnís offen und aus tiefstem
Herzen um sie getrauert. Er hatte sich seinem Kummer jedoch nur für
die Dauer jenes einen Tages hingeben, an dem er von ihr hatte
Abschied nehmen müssen. Danach hatte er sich wieder voller Energie
der Evakuierung der Bewohner Monas nach Hibernia gewidmet. Als
Graine ihn das nächste Mal gesehen hatte, war Efnís wieder ganz der
Alte gewesen, offen und unmissverständlich in seinen Äußerungen, wo
mac Calma unverständlich und unzugänglich war.
Allerdings hatte Efnís’ Direktheit und
Durchschaubarkeit auch ihre Nachteile, wie Graine fand; mac Calmas
subtiles Forschen und Sondieren zu ignorieren, war in vieler
Hinsicht leichter gewesen.
Eine Weile lang ritten sie schweigend weiter,
während sie die kleinen Hügel und die Grate hinter sich ließen und
der von den Römern angelegten Straße in weites, bewaldetes Land
folgten, das lediglich sanft gewellt war und daher keine Strapaze
für die Pferde darstellte. Hawk entfernte sich noch ein Stück
weiter von ihnen, bis Graine ihn schließlich nicht mehr sehen
konnte. Seine Bewegungen, die Art, wie der junge Krieger vom Stamme
der Coritani das Gelände auskundschaftete, ließen nun eine
Dringlichkeit und Wachsamkeit erkennen, wie Graine sie noch nie
zuvor bei ihm beobachtet hatte. Da sie aber Efnís’ Frage ganz
eindeutig nicht vollständig beantwortet hatte, fügte Graine nun
hinzu: »Ich fühle mich in seiner Gesellschaft sicher, genauso, wie
ich mich auch in deiner aufgehoben fühle.«
Efnís, der gerade zwei Elstern beobachtet hatte,
die sich laut keckernd um irgendetwas zankten, was die Legionen
weggeworfen hatten, unterbrach seine Beobachtung und wandte sich
wieder Graine zu. »Ich trage aber keinerlei Mitschuld an dem, was
dir zugestoßen ist. Hawk dagegen war ein Späher und Kundschafter,
der im Sold der Römer stand. Er hat ihnen bei dem, was sie dir
angetan haben, geholfen.«
»Meine Mutter hatte seinen Vater getötet.«
Am liebsten hätte sie nichts weiter hinzugefügt,
denn sie fand, dass diese Erklärung voll und ganz ausreichte.
Offenbar reichte sie aber doch nicht. Und so sagte Graine: »Am Ende
hat er trotzdem alles drangesetzt, um Hilfe zu holen. Er brachte
erst Valerius mit und dann noch Corvus, der schließlich in der Lage
war, dem Prokurator Einhalt zu gebieten und die Veteranen
fortzuschicken. Ohne ihn wären wir gestorben.«
Zwar hatte sie dies nicht mit eigenen Augen
gesehen, doch alle außer Hawk und Cunomar hatten ihr davon
berichtet und auch davon, wie Hawk zu der dicken Blutblase auf
seiner Unterlippe gekommen war, die sein Gesicht entstellt hatte
und die auch Wochen später noch immer in Form eines bunt
schillernden Blutergusses zu erkennen gewesen war. »Er hat mich nun
schon so oft dafür um Verzeihung gebeten«, fügte sie hinzu, »dass
seine Kehle regelrecht abgewetzt ist. Ich bringe es einfach nicht
über mich, ihn dafür zu hassen, dass er mich damals dem Prokurator
ausgeliefert hat.«
»Hast du ihn so gern, dass es dir Kummer bereiten
würde, falls er in der Schlacht sterben sollte?«
»Hawk wird nicht sterben.«
Sie sagte dies zu schnell, ohne nachzudenken, und
war überrascht über den Nachdruck und die Überzeugung, mit der sie
die Worte hervorgestoßen hatte. Von ihrer Mutter oder von Cunomar
oder Cygfa oder irgendeinem der anderen, deren Namen ihr durch den
Kopf schossen, hätte sie das niemals mit solch trotziger Gewissheit
behauptet; denn sie wusste nur zu gut, wie leicht man im Kampf ums
Leben kommen konnte. Und auch was sie selbst anging, war sie sich
ihrer Sterblichkeit nur allzu deutlich bewusst.
Efnís schürzte die Lippen, und Graine sah eine
Andeutung von Schmerz in seinen Augen - einen Schmerz, den mac
Calma sich in keinem Fall hätte anmerken lassen, den Efnís jedoch
nicht zu verbergen vermochte. »Es tut mir leid, ich hätte dich
nicht so in die Enge treiben dürfen«, sagte er und verfiel dann in
Schweigen.
Einige Zeit später, als sie eine weitere Brücke
überquert hatten und der Fluss wieder eine Kurve nach Westen
beschrieb, sie einen Grat erklommen und dann auf der anderen Seite
gemächlich wieder hinuntergeritten waren, brach Efnís schließlich
sein Schweigen und sagte: »Wir kommen jetzt in das Territorium der
Cornovii, die den gehörnten Gott anbeten. Ihre Lebensweise
unterscheidet sich deutlich von der unseren, dennoch halten sie
Mona in Ehren, und ich glaube, sie verehren auch die Bodicea ebenso
glühend wie jeder andere. Sie werden also ganz sicherlich wissen,
dass du ihre Tochter bist, und dich deshalb respektieren.
Allerdings sind sie Todfeinde der Coritani, und sie werden Hawk
sofort als einen Angehörigen dieses Stammes erkennen. Wenn du also
möchtest, dass er mit heiler Haut davonkommt, solltest du ihnen
klar machen, dass er dir etwas bedeutet.«
Graine hatte überhaupt nicht daran gedacht zu
fragen, warum Hawk sein Pferd in Dubornos’ Obhut übergeben und sich
wieder aufs Spähen und Erkunden verlegt hatte. Jetzt erschien ihr
das als ein fatales Versehen. Sie zwang sich, die Schultern zu
straffen und aufrecht zu sitzen, nicht zur Seite zu schauen, zu
jener Stelle hinüber, wo sie Hawk in diesem Moment vermutete. In
ihrem Kopf drehte sich plötzlich alles. »Wieso reiten wir dann
ausgerechnet durch diese Gegend hier? Warum können wir nicht einen
anderen Weg nehmen?«
»Luain mac Calma hat sich da klar und
unmissverständlich ausgedrückt. Wenn wir die Schlacht verpassen,
die sich anbahnt, dann sind wir alle so gut wie tot. Unsere einzige
Möglichkeit, um sicherzustellen, dass wir zur rechten Zeit am
rechten Ort sein werden, besteht darin, den Römern immer möglichst
dicht auf den Fersen zu bleiben. Das weiß auch Hawk.«
»Aber hat er auch gewusst, dass die Straße durch
das Gebiet der Cornovii führen würde?«
»Er hat diese Menschen von Kindesbeinen an
bekämpft, genauso, wie er früher auch die Eceni bekämpft hat. Ich
kann mir also nicht vorstellen, dass er das nicht gewusst
hat.«
Breaca erschien allein zu dem Treffen mit Venutios
von den Brigantern. Die Begegnung fand nach Einbruch der
Abenddämmerung statt, an einem wildromantischen Platz nahe der
Kante eines Steilhangs aus braunem, grobkörnigem Felsgestein, der
auf der einen Seite schwindelerregend tief zu dem unten am Fuße
wachsenden Gestrüpp hin abfiel und auf der anderen in Heide
überging, die noch nicht ganz in voller, violetter Blüte stand. Die
Geräuschkulisse bildete eine übermütige Schar Krähen, die sich von
den Aufwinden emportragen ließ und in der Luft ihre Purzelbäume
schlug, während hoch über ihnen zwei Bussarde kreisten, die
einander mit schrillen Schreien umwarben, die an das Wimmern eines
Babys erinnerten.
Breaca war so rasch wie möglich gekommen, indem sie
Airmid mit dem Großteil ihrer Krieger zurückgelassen hatte. Nur
Cygfa hatte sie begleitet; je kleiner die Gruppe, mit der man
reiste, desto schneller kam man voran. Ardacos war bereits vor ihr
eingetroffen, zusammen mit Venutios. Nur Ardacos hätte einen
einzelnen Mann aufspüren können, der Zuflucht vor den Römern suchte
und sich ängstlich davor hütete, gesehen zu werden, und nur Ardacos
war Venutios bekannt, und zwar sowohl persönlich als auch in seiner
Eigenschaft als Beschützer der Bodicea in allen Dingen, sodass
seine Worte ihre Worte waren und ebenso viel Gewicht und Einfluss
hatten. Für jemand Geringeren wäre ein Mann wie Venutios, der von
den Legionen wegen des Verrats an Cartimandua, seiner Königin,
gesucht wurde, auch nicht gekommen.
Der Treffpunkt bot rundherum einen ungehinderten
Ausblick auf die umliegende Landschaft, sodass niemand sich
unerwartet an sie anschleichen konnte. Die beiden Heerführer saßen
auf trockenen Felsblöcken neben einem Feuer, das reich an
Heidekrautwurzeln und altem Birkenholz war und umringt von aufrecht
stehenden Findlingen, die zu einer Zeit gemeißelt wurden, als die
Götter noch jung gewesen waren, sodass die in den Stein geritzten
Figuren und Symbole fast vollständig von Flechten überwachsen waren
und selbst die Kerben am Rand, welche die Anzahl der Träumer und
Krieger anzeigten, kaum noch zu erkennen waren.
»Wir brauchen dich«, sagte Breaca zu ihrem
Gesprächspartner. Stone lag dicht hinter ihr und jagte im Schlaf
Hasen, sodass sie das Zucken seiner Pfoten im Rücken spüren
konnte.
Venutios war früher einmal Ranghöchster Krieger von
Mona gewesen, im Anschluss daran jedoch wieder zu seinem Volk auf
dem Festland zurückgekehrt, um das Kräftegleichgewicht gegen seine
Königin aufrechtzuerhalten. Seit seiner letzten Begegnung mit
Breaca war er sichtlich gealtert, mehr, als die dazwischenliegenden
Jahre eigentlich gerechtfertigt hätten, und das kam besonders
deutlich in der Intensität und dem Ausmaß seiner Vorsicht zum
Ausdruck. Zunächst einmal gab er keine Antwort auf Breacas
Äußerung, sondern kaute nur nachdenklich auf einem Streifen
gedörrten Wildbrets, wie um auf diese Weise die entstandene
Gesprächspause auszufüllen.
Schließlich erwiderte er: »Ich bin hierher zu dir
gekommen, weil Ardacos mich an den Bärinnen-Tanz erinnert hat, so
wie er ihn auf Mona zelebrierte, und an all die Dinge, die dieser
Tanz bewirkte. Dafür und für all das, was du gewesen bist, bin ich
dir die Ehre schuldig, dich zumindest einmal anzuhören, selbst wenn
mein Herz nicht danach verlangt hat. Für das, was Cartimandua
damals Caradoc angetan hat und was ich nicht zu verhindern
vermochte, schulde ich dir das Leben selbst. Aber ich kann meine
Schuld jetzt noch nicht einlösen. Die Briganter sind in zwei etwa
gleich große Parteien aufgespalten. Die eine Hälfte folgt mir und
wird gegen Rom kämpfen. Die andere Hälfte folgt Cartimandua und
wird ohne zu zögern über uns herfallen und uns töten, wenn wir auch
nur das geringste Anzeichen dafür erkennen lassen, dass wir uns mit
euch verbünden wollen. Wenn wir kommen, bringen wir euch also im
Grunde mehr Ärger ein, als dass wir euch eine Hilfe wären. Und
deshalb frage ich dich: Willst du das wirklich?«
»Wenn wir die Legionen zurück ins Meer jagen oder
in Grund und Boden stampfen, wenn sie geschlagen sind und niemals
mehr zurückkehren werden, wenn der Kaiser die Provinz Britannien
und alles, was in dieser Provinz ist, endgültig aufgibt - was wird
dann aus Cartimandua?«
Das Grinsen, das um Venutios’ Lippen spielte, hatte
etwas unerwartet Brutales an sich, das für Breaca gänzlich neu war;
sie hatte ihn bisher noch nie als einen harten, grausamen Mann
erlebt. »Dann ist sie erledigt«, erklärte er. »Wir werden sie nach
Art der Römer töten, indem wir sie an ein Holzkreuz nageln und dann
einfach dem Himmel und ihrem Schicksal überlassen. Doch um das zu
erreichen, müssten wir erst noch eine Schlacht gegen ihre Anhänger
schlagen, und die würde so viele Opfer von unserer Seite fordern,
dass das Blut meiner Briganter und deren Fleisch den Krähen noch
etliche Tage danach als Nahrung dienen würde. Doch solange Rom noch
hier ist und die Macht ausübt, ist so etwas völlig undenkbar. Wir
sind zu wenige, und Cartimandua ist zu stark. Wir würden den Kampf
unweigerlich verlieren, und dann hättet ihr achttausend feindliche
Speerkämpfer im Nacken sitzen, während ihr Rom zu bekämpfen
versucht. Wenn ihr gewinnt - wenn ihr gewinnt -, werden sich
genug von denen, die gegenwärtig noch Cartimandua unterstützen, auf
unsere Seite schlagen, und damit wird sie besiegt sein. Bis dahin
müssen wir im Verborgenen arbeiten und jeden Tag im Geheimen einige
Krieger durch die Überzeugungskraft unserer Argumente für uns
gewinnen, und nicht Tausende durch die Kraft unserer Speere.«
Es war Sommer, und die Nacht war warm. Venutios
trug keinen Umhang, sondern nur eine leichte, ärmellose Tunika.
Seine Arme waren ohne jeden Schmuck oder irgendwelche
eintätowierten Stammeszeichen, so wie sie es schon von jeher
gewesen waren. Der einstige Ranghöchste Krieger von Mona scheute
den Prunk, den der Rest der Menschen so liebte. Dies verlieh seinem
Äußeren eine asketische Nüchternheit und Strenge, die anderen
fehlte, und unterschied ihn von der größeren Masse seines
Volkes.
Schweigend lehnte er sich auf dem Felsblock zurück.
Unzählige Sterne funkelten am mondlosen Himmel. Der Jäger zielte
mit seinem Speer nach dem Hasen und leuchtete genauso hell, wie er
es früher in den Nächten auf Mona getan hatte, zu jener Zeit, als
Venutios noch Ranghöchster Krieger gewesen war. Er betrachtete
Breaca eine Weile lang wortlos im Schein des Feuers, dann sagte er:
»Es tut mir leid. Ich hätte all das auch ebenso gut Ardacos sagen
und dir damit eine beschwerliche Reise ersparen können.«
»Das hättest du, richtig, aber mir tut es nicht
leid. Warum hast du es denn nicht getan?«
»Ich dachte, du würdest es lieber von mir
persönlich hören. Außerdem wollte ich gerne sehen, was aus dir
geworden ist. Wir erfahren viele Dinge meist nur aus dritter oder
gar aus vierter Hand, und Gerüchte erreichen uns meist immer nur
paarweise, wobei der eine Teil oft das genaue Gegenteil von dem
besagt, was der andere behauptet. Ich musste unbedingt wissen, ob
es wirklich stimmt, was einige behaupteten, nämlich, dass die
Bodicea nach der Vergewaltigung ihrer Töchter all ihren Mut und
ihren Kampfeswillen verloren hätte, oder ob sie - wie wir zu
glauben vorzogen - stattdessen eher noch daran gewachsen ist,
sodass sie nun sogar noch stärker ist, als sie es jemals auf Mona
und in den Kriegen im Westen war.«
Sie waren allein miteinander. Venutios’ Ehrengarde
hatte sich schon sehr bald zurückgezogen, um sich im Windschatten
der Felsen auszustrecken, wo sie nun, eingerollt in ihre Umhänge,
auf einem Bett aus federndem Heidekraut lagen. Cygfa war irgendwo
unterwegs, um zu jagen, ganz für sich allein. Ardacos wiederum war
in unmittelbarer Nähe und noch wach, teilte aber nicht mehr mit
ihnen das Feuer. Er saß ein Stück abseits, gegen einen Felsblock
gelehnt, der rechts und links von Birken gesäumt war, nicht ganz
außer Hörweite von Breaca und Venutios. Sie konnte Ardacos’ Augen
in der Dunkelheit glänzen sehen, und sie konnte auch noch das
Fehlen dieses Glanzes ausmachen, als er schließlich irgendwann die
Augen schloss. Sie glaubte jedoch nicht, dass er eingeschlafen
war.
Venutios saß still da und betrachtete Breaca
eingehend. Zuckend tanzte das Licht des Feuers über sein Gesicht
mit den eingefallenen Wangen und enthüllte die neuen Spuren, die
ein Jahr ständiger Flucht in seinen Zügen hinterlassen hatte. Er
hatte Breaca gelehrt, was es bedeutete, Ranghöchster Krieger von
Mona zu sein, und hatte, als sie seine Nachfolge antrat, das Horn
an sie übergeben, ebenso wie sie es dann schließlich an Gwyddhien
weitergegeben hatte. Kein anderer Lebender konnte auch nur
ansatzweise ermessen, was dazugehörte, um das zu tun. Da Breaca
wusste, dass sie Venutios geradeheraus danach fragen konnte und mit
Sicherheit auch eine klare Antwort bekommen würde, fragte sie: »Und
was stellst du nun fest? Stimmen die Gerüchte, die über mich
kursieren, mit den Tatsachen überein?«
»Ich stelle fest, dass du dich weitaus stärker
verändert hast, als ich erwartet hatte. Dass du an dem, was du
durchgemacht hast, gereift bist, dass Teile von dir zerbrochen sind
und andere Teile deines Wesens dafür noch stärker geworden sind als
früher, erheblich stärker. Ich sehe dich jetzt ganz klar, und du
trägst ein Licht in dir, ein Feuer, das aus deinem Inneren heraus
leuchtet, so als ob mit einem Mal ein Umhang von dir abgeglitten
wäre, der so etwas wie eine notwendige Verhüllung war, um sowohl
dich als auch uns vor der Helligkeit dieses Lichts zu schützen. Ich
denke, dass es nicht leicht sein kann, mit dem zu leben, was du
geworden bist, aber ich denke auch, dass du nun etwas gefunden
hast, wofür es sich zu kämpfen lohnt, etwas, das du vorher noch
nicht kanntest?«
»Das habe ich, ja.«
Es war schon sehr spät; sie hätten längst schlafen
sollen, und doch war keiner von ihnen dazu imstande. Sie legten
noch etwas mehr Heidekraut ins Feuer, rückten noch dichter zusammen
und streckten sich dann schließlich auf dem Boden aus, wo sie Kopf
an Kopf nebeneinander lagen. Und zum ersten Mal, seitdem sie den
Traum gehabt hatte, erzählte Breaca von der Prophezeiung der Ahnin,
von der Frage, die sich ihr dadurch gestellt hatte, und von der
Heilung, die sie schließlich in der Antwort auf diese Frage
gefunden hatte.
Später, als Ardacos sich mittlerweile schon sehr
lange Zeit nicht mehr gerührt oder die Augen geöffnet hatte und
Venutios ohnehin so dicht mit seinem Kopf an dem ihren dalag, dass
die Worte, die er und Breaca wechselten, kaum lauter als ein
Atemhauch waren, zeigte sie ihm den Ring, den Cunobelin ihr einst
geschenkt hatte, und versuchte, in Worte zu fassen, wie es für sie
war, das Andenken des Sonnenhunds zu ehren und das Versprechen, das
damit einherging. Wie er im Geiste bei ihr war und dennoch kein
Teil von ihr, so wie es die Träumerin der Ahnen inzwischen geworden
war. Wie die Nähe zu ihm letztendlich auch ihr Verständnis vom Tode
verändert hatte, obgleich sie schon ihr ganzes Erwachsenenleben
lang auf der Grenze zwischen den Welten gelebt hatte.
Venutios war weise und erfahren; er war einmal
Ranghöchster Krieger von Mona gewesen und wusste, wie es war, für
etwas noch Bedeutenderes zu kämpfen als Leben und Blut. Schweigend
hörte er Breaca zu, bis ihr schließlich irgendwann die Worte
ausgingen, und am Ende stellte er ihr eine einzige Frage, doch er
bedrängte sie nicht, als sie nicht in der Lage war, diese Frage zu
beantworten.
Noch eine Weile später, als Venutios sich zu einem
anderen Feuer begeben hatte, um endlich zu schlafen, machte Breaca
es sich im Windschatten eines großen Felsbrockens bequem, den Kopf
auf ihre Satteldecke gebettet und Stone eng an ihre Seite
geschmiegt, um seine Wärme zu spüren. Und dann lag sie noch eine
Zeitlang so da und starrte zu den Sternen hinauf und stellte sich
genau dieselbe Frage. Irgendwann schlief sie schließlich ein, ohne
eine Antwort gefunden zu haben.
Als sie bei Tagesanbruch aufwachte, war sie noch
immer nicht klüger als zuvor.
Das Feuer war zu einem Häufchen rot glühender Asche
heruntergebrannt und spendete lediglich dann noch einen kleinen
Rest von Wärme, wenn sie die Hände so nahe an die Glut hielt, dass
sie sich fast die Haut verbrannte. Breaca legte trockene,
abgestorbene Blätter nach sowie eine Handvoll der feinsten
Heidekrautwurzeln, die sie finden konnte, und schürte dann behutsam
die Flammen, bis diese emporzüngelten und ihr in die Finger zu
beißen drohten und sie das Feuer getrost sich selbst überlassen
konnte.
Hinter ihr entzündete die Sonne gerade ihr eigenes
Feuer. Das Schauspiel des Sonnenaufgangs war hier noch prächtiger
und beeindruckender als im Süden, weil der rot glühende Sonnenball
direkt unterhalb des Felsmassivs zu schweben schien, sodass es so
aussah, als ob Breaca von der Klippe aus mit nur einem Schritt in
das Herz des Feuers hineintreten könnte. Sie stand auf dem kalten
Stein, beobachtete, wie die Götter ihren himmlischen Ofen
anheizten, und stellte ihnen Venutios’ Frage.
Rotes Feuer verwandelte sich in Gold, dann in
Weißgold, doch die Antwort, auf die Breaca so sehnsüchtig wartete,
blieb aus. Die dünne Schicht Raureif, die das Gestein um sie herum
wie mit hauchfeiner Spitze überzog, schmolz unter den wärmenden
Strahlen der Sonne dahin. Aus einer hochgewachsenen, schlanken
Kiefer stob plötzlich ein Schwarm Krähen auf. Der Himmel
verfinsterte sich jäh, verdunkelt von einer schwarzen, heiser
krächzenden Wolke. Ein Schatten glitt neben Breaca und an ihr
vorbei, und Ardacos sagte sanft: »Wenn du dich also entscheiden
müsstest, wen würdest du dann retten - dein Land oder die Linie
deiner Ahnen?«
»Ich weiß es nicht.«
Es war also doch vergebliche Hoffnung gewesen, dass
er ihr Gespräch mit Venutios vielleicht nicht gehört hatte. Breaca
hockte sich an den Rand der Klippe, zog die Knie bis zur Brust hoch
und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Unten in der
Tiefe bewegten sich kleine, schemenhafte menschliche Gestalten über
das Gelände, als Venutios’ Jäger einer Wildfährte folgten. Ardacaos
setzte sich neben Breaca auf einen Felsblock. Er war nackt und roch
nach Bärenfett, und sein Haar war wirr und zerzaust, so wie stets,
wenn er auf der Jagd gewesen war. »Was hast du erlegt?«, wollte sie
wissen.
»Nichts. Ich war unterwegs, um die Bärin
aufzuspüren, nicht, um zu jagen.«
»Und? Hast du sie gefunden?«
»Nein. Wir sind hier zu weit im Süden, und die
Legionen haben dieses Gebiet zu intensiv bejagt.«
Ardacos drückte die Handballen gegen die Augen. Er
war abgespannt und müde. Ebenso wie Venutios war auch Ardacos seit
dem Winter gealtert, und Breaca hatte sich nicht die Zeit genommen,
dies zu erkennen. Es war eben leichter, noch immer jenen um einiges
jüngeren, um einiges vitaleren Krieger in ihm zu sehen, der damals
auf Mona mit einer Bärin und ihren Jungen getanzt hatte, als ihn
als den Mann zu sehen, der von den Römern ausgepeitscht worden war
und der sich danach, statt sich ein wenig Schonung zu gönnen, dazu
gezwungen hatte, gleich wieder vollen Einsatz zu bringen und
weniger als einen Monat später bereits wieder zu kämpfen.
Da sowohl Ardacos selbst als auch seine Frage einer
ausführlicheren Antwort bedurften, sagte Breaca: »Das ist keine
Entscheidung, die ich jetzt und hier, hoch oben auf einem nackten
Fels, einfach so treffen kann, ohne irgendwelche Anhaltspunkte, um
das eine gegen das andere abzuwägen.«
»Nein. Aber du hoffst, dass du womöglich niemals in
die Lage kommst, sie überhaupt treffen zu müssen.« Ardacos erhob
sich, um zu gehen. »Du bist stark. So stark, dass du dich vor einer
solcher Entscheidung nicht zu fürchten brauchst. Wenn die Zeit
kommt, dann weiche also nicht aus, weil du dir wünschst, die Frage
würde an dir vorübergehen.«
Venutios wartete neben dem Feuer auf sie. Er war an
diesem Morgen förmlicher gekleidet und trug einen guten Wollumhang,
der schwarz gefärbt war zu Ehren Brigas und an der Schulter von
einer Brosche in Form eines brigantischen Pferdes zusammengehalten
wurde. In einigen Schritten Entfernung stand ein Jüngling, der
Venutios’ Pferd am Zügel hielt. Das Tier stammte aus römischer
Zucht und hatte ein Brandzeichen auf der linken Schulter.
»Ich muss jetzt aufbrechen«, sagte er. »Aber ich
habe noch ein Geschenk für dich, das ich dir zum Abschied machen
möchte.«
»Deine Frage war schon ein Geschenk für
sich.«
»Ich weiß. Aber das ist für später. Im Moment gibt
es dringendere Dinge, die keinen Aufschub dulden. Meine
Kundschafter sind nun schon seit einer geraumen Weile damit
beschäftigt, Paulinus und seinen Legionen auf den Fersen zu
bleiben, während diese in südlicher Richtung durch die Länder
marschieren, die an die unseren angrenzen. Heute Nacht haben sie an
der Grenze zu den Gebieten der Cornovii und der Coritani kampiert.
Paulinus und seine Männer werden von einer kleinen Reisegruppe aus
Mona verfolgt, die im zeitlichen Abstand von einem Tagesritt hinter
ihnen herreist und aus insgesamt sechs Personen besteht: einem
rothaarigen kleinen Mädchen und einer Träumerin von den
Durotrigern, sowie vier Männern, von denen einer ein Habicht-Späher
von den Coritani ist.«
»Deine Kundschafter sind wirklich gut.«
»Die besten.« Venutios lächelte bescheiden. »Mit
Ausnahme von Ardacos, der wirklich außergewöhnliche Fähigkeiten
besitzt und es geschafft hat, uns aufzuspüren, bevor wir ihn
aufspüren konnten. Was weißt du über die Stammesältesten von den
Cornovii und ihre Verehrung für den gehörnten Gott?«
»Nur sehr wenig. Die Träumer dieses Stammes, die
nach Mona kamen, sagten, dass sie den Gott nicht mehr auf die alte
Art und Weise verehrten. Es kursierten Gerüchte, dass die Ältesten
noch immer die Riten der Ahnen befolgten, dass sie lebende Menschen
opferten, die den Gehörnten verkörpern und zusammen mit dem Jäger
am Sternenhimmel laufen sollten, damit sie ihnen für das Jahr das
Wohlwollen der Götter sicherten.«
»Genau diese Gerüchte haben wir auch gehört. Und
wir sind davon überzeugt, dass sie wahr sind.« Die Briganter
machten einander Zeichen und gaben wachsende Ungeduld zu erkennen.
Venutios’ Pferd wurde herbeigeführt. Er ließ sich von einem seiner
Krieger in den Sattel helfen und schickte den jungen Burschen, der
das Tier am Zügel gehalten hatte, wieder fort.
Während er sich leicht zu Breaca hinabbeugte,
erklärte er: »Die Römer haben die jüngeren Träumer der Cornovii,
die auf Mona ausgebildet wurden, allesamt getötet. Die Ältesten,
die sich stets an die überlieferten Riten und Traditionen gehalten
haben, gewinnen zunehmend an Einfluss, und sie wollen die Legionen
genauso unbedingt und unter allen Umständen los sein wie jeder
andere. Daher werden sie alles tun, was sie für notwendig halten,
um dieses Ziel zu erreichen. Heute Nacht wird zum ersten Mal seit
der Sommersonnenwende wieder der gehörnte Mond am Himmel zu sehen
sein. Wenn sie die Absicht haben, jemanden zu opfern, wird das
jetzt geschehen, in dieser Nacht.«
Breaca wich unwillkürlich einen Schritt von seinem
Pferd zurück. Auf Venutios’ Gesicht zeichnete sich deutlich Mitleid
ab, eine Gefühlsregung, die er noch niemals hatte erkennen lassen
und die sie auch nicht von ihm erwartet hatte. »Ich hätte nicht
gedacht, dass die Gefahr für deine Familie von den Stämmen ausgehen
würde«, fügte er hinzu. »Es tut mir aufrichtig leid.«
»Danke.« Der Drang, sofort kehrtzumachen und
davonzustürmen, war so stark, dass Breaca starr vor Anspannung war.
Doch sie zwang sich, stehen zu bleiben und nachzudenken und
Venutios die notwendigen Fragen zu stellen. »Aber sie werden nicht
Graine nehmen. Sie ist ein Kind und eine werdende Frau. Sie kann
nicht der Gott sein.«
»Nicht Graine, nein. Und ein paar von Graines
Reisebegleitern werden ebenfalls vor ihnen sicher sein. Sie werden
auf keinen Fall den blinden Träumer anrühren oder die Träumerin von
den Durotrigern, obgleich sie sie vielleicht darum bitten werden,
Briga für sie zu verkörpern, wenigstens für die eine Nacht, denn
sie werden ihre Anwesenheit als Geschenk der Muttergöttin
betrachten. Sie werden es niemals riskieren, den Zorn Monas auf
sich herabzubeschwören, deshalb hat die Träumerin und künftige
Älteste nichts von ihnen zu befürchten. Aber es gibt noch zwei
andere in der Reisegruppe, und jeder der beiden könnte der Richtige
für ihre Zwecke sein. Meine Späher sind allerdings nicht nahe genug
an sie herangekommen, um herauszufinden, wer diese beiden sind oder
wonach die Cornovii möglicherweise gehen werden, wenn sie ihre Wahl
zwischen ihnen treffen.«
»Die beiden sind Dubornos und Hawk.« Breaca blickte
an Venutios vorbei, um seine Krieger anzustarren und sie wortlos zu
beschwören, sich mitsamt ihrer Ungeduld zu verziehen. »Dubornos
kennst du ja. Er kam ein Jahr nach mir nach Mona. Später wurde er
gemeinsam mit Caradoc von den Römern gefangen genommen und kehrte
schließlich mit Cunomar wieder nach Britannien zurück. Der andere
ist ein junger Krieger von den Coritani. Er...« Ein vager Gedanke
schoss ihr durch den Kopf und nahm dann jäh Gestalt an. »Hawk! Sie
werden Hawk nehmen! Die Cornovii führen schon seit ewigen Zeiten
Krieg gegen die Coritani. Sie haben noch immer nicht begriffen,
dass die Stämme sich nicht länger untereinander bekriegen dürfen,
sondern dass sie sich zusammenschließen und gemeinsam kämpfen
müssen, wenn sie Rom besiegen wollen.«
»Die Anhänger des Gehörnten meinen, sie seien in
der einzigartigen Lage, Rom ohne fremde Hilfe zu besiegen.«
Venutios ließ sein Pferd einige Schritte zurückweichen, sodass
Breaca an ihm vorbei den Pfad hinabschauen konnte. Zwei seiner
Kuriere warteten an der Stelle, wo der schmale Pfad von dem
Felsmassiv in die Ebene hinunterführte. »Solange der Mond noch
nicht aufgegangen ist, wird nichts passieren. Wenn du meinen
Wegbereitern folgen willst, kannst du noch rechtzeitig bei ihnen
eintreffen. Es wäre allerdings gut, wenn du Airmid bei dir hättest
- die Cornovii verehren Nemain als die Tochter ihres Gottes und
wären bestimmt dazu bereit, eine Träumerin, die so eng mit der
Göttin verbunden ist, zumindest anzuhören - aber dazu bleibt keine
Zeit mehr. Du bist die Bodicea, die sich Briga verschrieben hat.
Dich werden sie auf jeden Fall anhören. Es ist sogar möglich, dass
sie das, was du sagst, auch noch beherzigen werden.«