»Manche Menschen leben bloß für eine gute Grabinschrift …«

Henry de Montherlant

Die Sache mit dem ominösen Thomas Reiter in der Pietät ließ Weber keine Ruhe. In den letzten Tagen hatte sich diese Geschichte immer wieder in sein Hirn gedrängt. Und da er gerade ein bisschen Zeit zur Verfügung hatte, entschloss er sich, jetzt gleich im Bestattungsinstitut anzurufen und zu fragen, ob Herr Reiter anwesend war. Und falls ja, würde er sofort dorthin fahren und dessen wahre Identität herausfinden – jede Wette, dass es sich dabei um den dicken Otto Morell handelte.

»Na warte, Otto«, sagte er laut, griff zum Telefon und wählte die Nummer der Pietät. »In dieser Sache ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen.«

Das Telefon läutete und läutete und läutete, aber keiner hob ab. Nach dem achten Rufton sprang der Anrufbeantworter an. Weber, der keine Lust hatte, eine Nachricht zu hinterlassen, legte wieder auf. Wo waren die bloß? Sollte ein Bestattungsunternehmen denn nicht rund um die Uhr erreichbar sein? Der Tod kannte immerhin keine geregelten Ladenöffnungszeiten.

Er lehnte sich zurück und trank einen Schluck Kaffee. Früher oder später würde sich die Sache wahrscheinlich von alleine regeln. Die Pietät war, wie er recherchiert hatte, nämlich ein äußerst professionelles und seriöses Unternehmen. Die Mitarbeiter würden sicher nicht auf den trotteligen Morell hereinfallen und dessen Undercoveraktion bald auffliegen lassen. »Und dann, mein lieber Otto«, sagte er, »werde ich da sein und dir ordentlich die Leviten lesen.«

Weber steckte sich einen Zahnstocher in den Mund und legte die Füße auf den Tisch. Wer zuletzt lacht, lacht am besten, dachte er und grinste.