»Wo zu Land wird unser Grab sein?«

Aristophanes, Die Vögel

Ungefähr 600 Kilometer weiter westlich kaute Inspektor Robert Bender nervös auf seiner Unterlippe herum. »Der Chef wird mich umbringen«, murmelte er. »Was soll ich nur machen?« Er überlegte einige Minuten, nahm das Telefon und wählte eine Nummer.

»Hallo?«, meldete sich die raue Stimme von Erich Altmann, dem Landauer Förster.

»Grüß Gott, hier spricht Inspektor Bender. Ich glaube, ich brauche Ihre Hilfe.«

»Was gibt es denn?«

»Der Chef ist nach Wien gefahren, und ich habe ihm versprochen, auf seinen Kater und die Pflanzen aufzupassen, solange er nicht da ist …«

»Und jetzt verwelken dir die lieben Blümchen, was?«

»Äh, nein, nein, die Pflanzen sind nicht das Problem, denen scheint es aus unerklärlichen Gründen gutzugehen. Aber gestern Abend habe ich die Balkontür offen gelassen, um ein bisschen zu lüften, und da muss Fred nach draußen entwischt sein.«

Der Förster lachte. »Mach dir keine Sorgen, Junge. Der dicke Kater wird schon wieder auftauchen, wenn er Hunger kriegt.«

»Das dachte ich zuerst auch, aber er ist die ganze Nacht weggeblieben und auch heute Morgen nicht zurückgekommen. Ich habe bereits das halbe Dorf abgesucht, ihn aber nicht gefunden.«

»Oh, oh.«

»Sie müssen mir helfen. Sie sind doch viel draußen unterwegs, gerade in den Wäldern – könnten Sie da nach Fred Ausschau halten?«

»Ist gut«, sagte der Förster. »Ich werde meine Augen offen halten. Du kannst ja in der Zwischenzeit die Polizei anrufen und eine Suchmeldung aufgeben.« Er lachte über seinen Witz, den Bender alles andere als amüsant fand.

Der junge Inspektor hatte gerade aufgelegt, als sein Handy klingelte.

»Bender«, meldete er sich.

»Servus, Robert, ich bin’s Morell. Gut, dass ich dich erreiche. Ich wollte nur kurz nachfragen, ob bei dir alles in Ordnung ist.«

»Äh … ja … klar doch«, stotterte Bender. Mist, warum war er bloß rangegangen. »Was … ähm … sollte denn nicht in Ordnung sein?«

Am anderen Ende herrschte kurzes Schweigen, als würde Morell überlegen, ob er da gerade den Hauch eines Zögerns vernommen hatte. »Bist du …«

»Ich habe mich genau an Ihre Anweisungen gehalten und alles so gemacht, wie Sie gesagt haben«, trat Bender die Flucht nach vorn an. »Die Pflanzen blühen und gedeihen prächtig, sogar der Ficus scheint sich zu erholen, Fred frisst und schnurrt wie ein Weltmeister, und in der Inspektion ist alles so wie immer – sprich langweilig.«

»Prima, dann bin ich ja beruhigt. Schönen Abend noch, ich melde mich bei Gelegenheit wieder.«

Bender legte auf und atmete tief durch.

»Verdammt, Fred, ich hoffe sehr, dass dich kein Fuchs gefressen hat. Falls doch, kann ich mir nämlich einen neuen Job suchen.«