Nachspiel Zurück im Baumhaus

Zwei Wochen waren seit Megans Rückkehr vergangen. Noah ging mit einem Teller voller Sandwiches über den Rasen, stieg die Leiter zum Baumhaus hinauf und gesellte sich zu seiner Schwester und seinen Freunden hoch oben im Baum. Er stellte den Teller ab, und alle nahmen sich ein Sandwich. Das Leben verlief wieder in normalen Bahnen.

Sie aßen schweigend. Richie nahm das Fernglas in die Hand, stand auf und spähte aus dem Fenster.

«Siehst du irgendwen, den wir kennen?», fragte Ella.

«Nein, noch nicht», sagte Richie. «Warte mal! Guckt euch mal diesen Typen an.» Und er reichte Noah das Fernglas.

Noah blickte hindurch und lächelte. Blizzard lag auf einem großen Eisblock in der Polarstadt. Er hatte die Beine ausgestreckt, die Pranken übereinandergelegt und sein Kinn daraufgestützt, als wären sie ein Kissen. Er betrachtete eine Gruppe von Kindern, die nicht viel jünger waren als Megan.

Noah reichte das Fernglas herum. Die Scouts lachten gemeinsam und erinnerten sich an ihre eigenen Zoobesuche vor der geheimen Reise. Sie verbrachten den Rest des Nachmittags im Baumhaus, erzählten sich Witze, kicherten und redeten. Sie sprachen über viele Dinge, doch immer wieder kamen sie auf den geheimen Zoo und die Zukunft der Action Scouts zurück.

Der Nachmittag ging in den Abend über, und das Baumhaus bekam einen Besucher. Er kletterte allerdings nicht die Leiter hinauf, sondern rauschte aus den Bäumen herunter und landete auf Noahs Schulter. Er war klein und hatte blaue Federn.

«Marlo!», riefen die Scouts wie aus einem Mund.

Es war das erste Mal seit ihrem Abschied von der Stadt der Artenvielfalt, dass sie ihn wiedersahen. Marlo zuckte mit dem Kopf und blinzelte schnell mit den Augen. In seinem Schnabel steckte ein Zettel.

«Ist der für uns?», fragte Noah.

Der Vogel ließ den Zettel in seinen Schoß fallen. Noah starrte darauf und wusste nicht, was er tun sollte.

«Willst du ihn noch vor Weihnachten öffnen?», fragte Ella. «Falls nicht, gehe ich nach Hause und hole mir eine wärmere Jacke.»

Noah faltete den Zettel auf und blickte auf die Unterschrift.

«Er ist von Mr Darby.»

«Und?»

«Es ist zu dunkel. Ich kann nicht sehen, was –»

Ella zog eine Stablampe aus Richies Tasche – eine neue, da er seine ja im Nashorngehege verloren hatte – und reichte sie Noah.

«Hier! Jetzt kannst du ihn lesen.»

Noah schaltete das Licht an und beleuchtete den Zettel. Marlo stellte sich auf Noahs Nacken und blickte herab, als ob auch er lesen wollte. Noah riss die Augen so weit auf, dass sie ihm beinahe aus den Höhlen fielen.

«Was?», fragte Megan. «Was steht da?»

Noah antwortete nicht.

«Komm schon», sagte Richie. «Was ist?»

Noah räusperte sich und sagte: «Mr Darby will wissen, ob –»

In diesem Moment rief seine Mutter sie ins Haus.

«Wir kommen, Mom!», rief Megan zurück. Sie stellte sich hin und klopfte sich die Jeans ab. «Lasst uns drinnen weiterreden.»

Noah sah zu Marlo. «Kannst du morgen wiederkommen? Sag Mr Darby, ich werde seine Frage dann beantworten.»

Marlo zwitscherte dreimal und schoss wieder hinauf in die Bäume.

«Was für eine Frage?», wollte Ella wissen.

Noah sah seine Freunde und seine Schwester an und sagte: «Leute, wir haben eine Menge zu besprechen.»

Bevor er weiterreden konnte, rief Mrs Nowicki sie zum zweiten Mal.

«Mom wartet», sagte Noah. «Wir reden drinnen weiter.»

Ella und Megan kletterten auf die Rutsche und glitten nach unten. Richie stieg die Leiter hinab, und Noah rutschte das Seil hinunter. Zusammen liefen die vier Kinder über den Rasen zur hinteren Veranda. Das Laufen machte sie albern. Sie lachten und riefen und schwenkten die Arme. Ella schubste Richie aus Spaß in die Hecke, und Megan stellte Noah ein Bein. Dann drängelten sie sich durch die Tür und ließen sie hinter sich zufallen.

Sie wussten nicht, wie gut es war, dass sie die Nacht hinter sich ließen. Denn sie hatten nicht nur die Nacht ausgeschlossen, sondern auch etwas anderes. Jemand stand draußen – er versteckte sich, er beobachtete sie und wartete in den Schatten. Die Bewohner des geheimen Zoos kannten diesen Mann als den Schattigen, doch nur wenige glaubten, dass es ihn immer noch gab. Mr Darby und Tank gehörten jedoch dazu.

Vor hundert Jahren hatte der Schattige einen anderen Namen getragen. Damals hieß er DeGraff. Vor hundert Jahren hatte er auf Mr Jacksons nasser Veranda gestanden. Vor hundert Jahren hatte er eine Geschichte über einen Magier namens Bhanu erzählt. Vor hundert Jahren hatte Mr DeGraff den geheimen Zoo erschaffen.