51. Kapitel Podgy hebt ab

Podgy», sagte Noah, «wir müssen in diese Höhle hinauf. Megan ist dadrin, ich bin mir ganz sicher.»

Die Fahne wehte hin und her. Noah kniff die Augen zusammen, doch er konnte in der Dunkelheit keine weiteren Einzelheiten entdecken. Podgy sah seinen Freund mit ausdruckslosem Gesicht an. Der Junge beugte sich vor und packte den Pinguin an den Flossen.

«Podgy», sagte er. «Du musst uns da irgendwie raufbringen. Du musst … fliegen!»

Podgy zuckte zusammen, als traue er seinen Ohren nicht.

«Du kannst das, Podgy! Ich habe deinen Freund auf dem Eis gesehen. Er ist geflogen! Und das kannst du auch, ich weiß es. Du musst es nur wollen. Du musst nur daran glauben!»

Podgy wich zurück.

«Es ist doch gar nicht so hoch. Gerade mal fünfzehn Meter.»

Podgy sah zu der Höhle hinauf und dann wieder zu Noah.

«Komm schon, du musst es versuchen! Megan ist da oben, und die Zeit läuft uns davon. Es würde ewig dauern, wenn wir klettern!»

Wieder sah Podgy hinauf zur Höhle.

«Wir haben das doch schon geübt – im Wasser, weißt du noch? Ich habe mich an dir festgehalten, und es war ganz leicht! Wo ist der Unterschied? Du schlägst einfach nur mit deinen Flossen, okay?»

Podgy trat einen Schritt näher heran. Seine schwarzen Augen funkelten.

«Wir machen es am besten so: Du läufst los, und ich folge dir. Wenn du abhebst, springe ich auf deinen Rücken, und dann wuuuuusch!» Noah fuhr mit der Hand durch die Luft.

Podgy dachte nach. Einen Augenblick später fing er mit watscheligem Gang an zu laufen.

Noah rannte hinter ihm her. «Alles klar, Podgy!»

Der große Pinguin lehnte sich vor und nahm Geschwindigkeit auf. Seine flachen Füße platschten durch den Schlamm. Er breitete seine Flossen aus und schlug sie auf und ab.

«Los, Podgy!», schrie Noah.

Kaninchen, Affen und Eichhörnchen liefen immer noch in Richtung Stadt an ihnen vorbei. Über ihnen blitzte und donnerte es. Doch Noah und Podgy konzentrierten sich auf ihr Ziel: einen Pinguin fliegen zu lassen!

Podgys Flügelschläge wurden länger und voller. Dann sprang er ab! In dem Moment, als er vom Boden abhob, schlang Noah die Arme um ihn. Der Pinguin sank … und hob sich wieder in die Luft. Erst einen halben Meter, dann einen Meter und weiter und weiter und weiter hinauf.

Sie schwankten wie ein kleines Flugzeug im Sturm.

«Halt dich gerade!», schrie Noah.

Doch es half nichts. Als Podgy in drei Metern Höhe war, verlor er die Kontrolle, kippte zur Seite und stürzte direkt in eine Gruppe von Yetis, die wie Kegel umfielen! Alle zusammen rollten sie den Hügel hinunter. Als Noah und Podgy endlich zum Stehen kamen, waren sie schlammbedeckt.

Sie richteten sich auf und sprangen auf die Füße. Genau wie ihre Feinde. Einen Moment lang standen die Kreaturen wie Affen auf allen vieren. Dann griffen sie an.

Podgy und Noah flohen in die Bäume. Die Yetis verfolgten sie grunzend und keuchend und ließen den Schlamm nur so aufspritzen. Auch andere Gruppen bekamen mit, was passierte, und stürzten aus allen Richtungen auf Noah und Podgy zu. Diesmal hatte Podgy keine andere Wahl. Er schlug mit den Flossen.

«Wir müssen es schaffen!», schrie Noah.

Jetzt waren die Yetis schon so nah, dass Noah sie riechen konnte. Sie hatten einen durchdringenden Geruch – eine Mischung aus Mist und Abwasser.

«Los!», schrie Noah. Seine Stimme zitterte vor Angst. «Jeeeeetzt!»

Podgy sprang ab und stieg in die Luft. Noah landete auf seinem Rücken und klammerte sich an Podgys Hals. Podgy stieg in die Höhe. Einen Meter, zwei Meter! Noah blickte nach unten. Die langen Arme der Yetis versuchten nach ihnen zu greifen, erreichten sie aber nicht.

«Ja!», rief Noah. «Weiter so!»

Die Yetis krachten aufeinander. Sie stolperten und fielen wie Zeichentrickfiguren übereinander. Noah sah ihre Fußsohlen, als sie in einem Knäuel herumrollten. Er legte eine Hand an den Mund und rief: «Ihr müsst euch schon Flügel wachsen lassen, wenn ihr die Action Scouts fangen wollt!»

Podgy segelte in den stürmischen Himmel. Als er erst einmal über den Baumkronen war, flog er, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan. Noah schätzte, dass sie sich mittlerweile fünf Meter über dem Boden befanden. Aus dieser Höhe hatte er einen guten Blick über das Dunkle Land.

«Die Höhle!», rief er. «Da ist sie! Siehst du sie?»

Podgy flog tiefer und dann auf die Hügel zu. Er sauste so dicht über den Bäumen vorbei, dass die Zweige gegen Noahs Schuhe schlugen. Als Podgy auf die Höhle zuflog, spähte Noah hinein, doch es war zu dunkel, um etwas zu erkennen.

«Vorsichtig, Podgy!», warnte Noah.

Podgy richtete sich aus, flog auf den Eingang zu und bereitete die Landung vor. Und obwohl er ein natürliches Talent zu fliegen zu haben schien, hatte er ganz offensichtlich keine Ahnung vom Landen. Er schlug auf dem Boden auf, und er und Noah schluckten eine Menge Staub, als sie in die Höhle rollten. Endlich kamen sie zum Halten.

Die Höhle war pechschwarz. Noah konnte Podgy nicht sehen. Das einzige Licht kam aus der Höhlenöffnung, hinter der der finstere, stürmische Himmel lag. Er spähte nach draußen und konnte die dunkle Silhouette der Fahne sehen.

«Megan!», rief Noah. Er sprang auf die Füße und lief los. «Megan! Wir sind endlich –»

Neben dem Eingang riss jemand die Flagge vom Stock und trat dann ins Licht. Noah blieb abrupt stehen. Das war nicht seine Schwester. Es war ein Yeti – und er war größer als alle anderen Yetis, die sie bisher gesehen hatten.